Grundriss zur Geschichte der deutschen Dichtung aus den quellen, Band 2

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L. Ehlermann, 1862
 

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Häufige Begriffe und Wortgruppen

Beliebte Passagen

Seite 820 - Eindruck geschwind zu balancieren, er wird nach Belieben rückwärts und vorwärts greifen und wandeln, man wird ihm überall folgen, denn er hat es nur mit der Einbildungskraft zu tun, die sich ihre Bilder selbst hervorbringt, und der es auf einen gewissen Grad gleichgültig ist, was für welche sie aufruft.
Seite 815 - Die Idylle hat mich beim zweiten Lesen so innig, ja noch inniger als beim ersten bewegt. Gewiß gehört sie unter das Schönste, was Sie gemacht haben, so voll Einfalt ist sie, bei einer unergründlichen Tiefe der Empfindung. Durch die Eilfertigkeit, welche das wartende Schiffsvolk in die Handlung bringt, wird der Schauplatz für die zwei Liebenden so enge, so drangvoll und so bedeutend der Zustand, daß dieser Moment wirklich den Gehalt eines ganzen Lebens bekommt. Es würde schwer sein, einen zweiten...
Seite 944 - Vergangenseins, welches als stille stehend gedacht werden kann, und mit dem Begriff des Erzählens, denn der Erzähler weiß schon am Anfang und in der Mitte das Ende, und ihm ist folglich jeder Moment der Handlung gleichgeltend, und so behält er durchaus eine ruhige Freiheit.
Seite 722 - Bruder, was soll ich Dir sagen? Wie ganz der Mensch beim ersten Anblick nach meinem Herzen war! Wie verliebt ich in ihn wurde, da ich am nämlichen Tage an der Seite des herrlichen Jünglings zu Tische saß!
Seite 944 - Der Neuere schlägt sich mühselig und ängstlich mit Zufälligkeiten und Nebendingen herum, und über dem Bestreben, der Wirklichkeit recht nahe zu kommen, beladet er sich mit dem Leeren und Unbedeutenden, und darüber läuft er Gefahr, die tiefliegende Wahrheit zu verlieren, worin eigentlich alles Poetische liegt. Er möchte gern einen wirklichen Fall vollkommen nachahmen und bedenkt nicht, daß eine poetische Darstellung mit der Wirklichkeit eben darum, weil sie absolut wahr ist, niemals koinzidieren...
Seite 948 - Das Musikalische eines Gedichtes schwebt mir weit öfter vor der Seele, wenn ich mich hinsetze, es zu machen, als der klare Begriff vom Inhalt, über den ich oft kaum mit mir einig bin.
Seite 929 - Das Publikum ist mir jetzt alles, mein Studium, mein Souverain, mein Vertrauter. Ihm allein gehöre ich jetzt an. Vor diesem und keinem andern Tribunal werde ich mich stellen. Dieses nur fürchte ich und verehr' ich. Etwas Großes wandelt mich an bei der Vorstellung, keine andere Fessel zu tragen als den Ausspruch der Welt — an keinen andern Thron mehr zu appellieren als an die menschliche Seele.
Seite 943 - Jeden, der im Stande ist, seinen Empfindungszustand in ein Objekt zu legen, so, daß dieses Objekt mich nötigt, in jenen Empfindungszustand überzugehen, folglich lebendig auf mich wirkt, heiße ich einen Poeten, einen Macher.
Seite 771 - Ruhe sind Hauptzüge meines Charakters, - daher thu' ich Alles gleich frisch von der Hand weg, - das Unangenehmste immer zuerst, - und verschlucke den Teufel /: nach dem weisen...
Seite 939 - Ist an einer Zeichnung ein einziger Zug, der die Feder oder den Griffel, das Papier oder die Kupferplatte, den Pinsel oder die Hand, die ihn führte, kenntlich macht, so ist sie hart oder schwer; ist an ihr der eigentümliche Geschmack des Künstlers, die Künstlernatur sichtbar, so ist sie manieriert.

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