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17. Juni 1953: Volksaufstand in der DDR
Die deutsche Wiedervereinigung gehört zum Vermächtnis Helmut Kohls. Zuvor wurde in der Bundesrepublik nicht der 3. Oktober, sondern der 17. Juni als Tag der Deutschen Einheit gefeiert. Heute gedenken wir der mutigen Männer und Frauen, die am 17. Juni 1953 in der DDR auf die Straßen gegangen sind, um unter Einsatz ihres Lebens und ihrer Freiheit für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Einheit unseres Landes einzutreten.
Am 17. Juni 1953 ist Alfred Diener 26 Jahre alt. Für sein Alter hat er bereits ein bewegtes Lebens hinter sich: 1927 in Jena geboren, lernt er nach der Volksschule Schlosser. Mit 18 Jahren kämpft er an der Ostfront. Nach dem Krieg geht er zunächst zur Volkspolizei. 1949 unternimmt er einen glücklosen Versuch, in Westdeutschland Fuß zu fassen. Er kehrt nach Jena zurück und arbeitet in seinem alten Beruf in einer Autowerkstatt. Privat scheint alles gut zu laufen: Er ist mit Margot Strauß liiert, ihr kleiner Sohn ist ein halbes Jahr alt. Am 19. Juni 1953 soll die Hochzeit sein, die Gäste sind bereits eingeladen.
Dann kommt der 17. Juni: Morgens um 7.30 Uhr beginnt in einer Gießerei des Südwerks des VEB Carl Zeiss Jena der Streik. Auf dem Werkshof versammeln sich 3.000 Mitarbeiter und starten ihren Protestzug. Abordnungen werden zu den weiteren Großbetrieben Jenaer Glaswerk Schott und Jenapharm geschickt, um die Kollegen zur Arbeitsniederlegung aufzurufen. Aus allen Richtungen und Betrieben kommen am Vormittag 20.000 Menschen auf dem zentral gelegenen Holzmarkt zusammen. „Freie Wahlen“, „Presse- und Versammlungsfreiheit“, „Wiedervereinigung Deutschlands“, „Weg mit der Volkspolizei“ und „Sturz der Regierung“ sind die Losungen, die den Holzmarkt beherrschen. Unter ihnen ist Alfred Diener. Gemeinsam mit zwei anderen Männern dringt er gegen 10 Uhr in die SED-Kreisleitung ein und trägt dem Ersten Sekretär die Forderungen der Demonstranten vor.
Inzwischen sind draußen sowjetische Panzer angerückt. Die Ereignisse beginnen sich zu wenden. Die Bürger Jenas wehren sich. Sie bilden Sitzblockaden. Vor allem Frauen versuchen, den Panzern den Weg zu versperren. Straßenbahnwagen werden aus dem Gleisbett gehoben und als Barrikaden in Stellung gebracht. Die Lage eskaliert. Mit Warnschüssen treiben die Rotarmisten die Menschenmenge auseinander. Um 17 Uhr erklärt der sowjetische Militärkommandant in Jena den Ausnahmezustand, wie in 167 von 217 Stadt- und Landkreisen der DDR. Kurz darauf wird in Jena und im ganzen Land eine Verhaftungswelle eingeleitet.,
Auch Alfred Diener und seine zwei Mitstreiter werden von den Besatzungstruppen verhaftet. In einem Jeep werden sie in die Kaserne Löbstedt gefahren und unter Misshandlungen verhört. Am nächsten Morgen werden sie ins Gerichtsgefängnis von Weimar transportiert, wo seit Juli 1945 der sowjetische Geheimdienst NKWD residiert. Alfred Diener wird am Morgen des 18. Juni durch ein sowjetisches Militärtribunal zum Tode verurteilt und im Gebäude der Sowjetischen Kommandantur hingerichtet.
Seine Frau und seine Angehörigen erfahren noch am 18. Juni von der Hinrichtung: Überall in der Stadt hängen entsprechende Plakate, Lautsprecherwagen verkünden in allen Stadtteilen das Urteil. Was mit seinem Leichnam passierte, ist unklar. Es gibt auch kein Grab. Aus Angst vor Repressalien wagt zu DDR-Zeiten niemand, Nachforschungen anzustellen.
Seit 1993 gibt es in Jena eine Alfred-Diener-Straße. 1995 erklärt der Generalstaatsanwalt der Russischen Föderation das Urteil in allen Teilen für null und nichtig, Alfred Diener wird rehabilitiert. Am 18. Juni 1996 wird in Weimar an der Fassade des Hinrichtungsortes, der heutigen Polizeiinspektion, eine Gedenktafel angebracht, die an den Erschossenen erinnert.
Alfred Diener war einer von 55 Toten, die im Zusammenhang mit dem Volksaufstand am 17. Juni 1953 ums Leben kamen. Darunter sind 34 Demonstranten, Passanten und Zuschauer, die von Volkspolizisten und sowjetischen Soldaten erschossen wurden.
Unter dem Motto „Reiht euch alle ein, wir wollen freie Menschen sein!“ erhoben sich an diesem Tag in über 700 Städten und Gemeinden der DDR rund 1,2 Millionen Menschen gegen das SED-Regime.
Die CDU Deutschlands gedenkt den mutigen Frauen und Männern, die am 17. Juni 1953 auf die Straßen gegangen sind, um unter Einsatz ihres Lebens und ihrer Freiheit für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einzutreten. Ihr Opfer muss uns allen, die wir heute in Deutschland in Frieden und Freiheit leben können, Mahnung sein, diese hohen Güter gegen alle Anfeindungen von rechts und links zu verteidigen.