Forschung
In den Comics, Sandalenfilmen und Romanen von heute sorgen Sklaven für antikes Kolorit: Szene aus «Asterix und Kleopatra».
Das antike Rom war reich, aber mit krassen sozialen Unterschieden: Eine kleine Gruppe der 50 bis 80 Millionen Menschen, die um Christi Geburt im Römischen Reich lebten, teilten den Wohlstand unter sich auf. Die Elite der Grund besitzer, Staatsbeamten und Militärs lebte dank der hohen Steuereinnahmen aus den Provinzen im Überfluss. Sie konnten sich Sklaven leisten, die meist aus den eroberten Gebieten kamen. Etwa 4000 Sesterzen kostete ein Pfund Purpur, 100 000 ein guter Lustsklave. Ein freier Bürger der Unterschicht erwirtschaftete als Tagelöhner 4 Sesterzen am Tag. Sklaven verdienten eigentlich nichts, konnten sich aber gelegentlich etwas Geld auf die Seite legen. Sehr gut betuchte Römer leis teten sich über 400 Haussklaven, ein reicher
Römer etwa 50. Die Dienste dieser Unfreien wur den unterschiedlich bewertet und geschätzt: Der griechische Chirurg stand ganz oben auf der Rangliste, es folgten Schreiber, Botinnen, Liebes sklavinnen und Lustsklaven, Türsteher, Lieferan ten, Vorkoster, Serviererinnen, Sänften- und Bah renträger. Das Schlusslicht der Hierarchie im Haus bildeten die Spinnerinnen.
In den antiken Schriften werden Sklaven erwähnt – manchmal nur in Nebensätzen –, und doch sind sie omnipräsent. Der römische Philosoph, Redner und Politiker Cicero spricht in seinen Briefen häufig von Dienstboten. Einmal macht er sich Sorgen um seinen Sklaven Tiro, der krank in Pa
tras lag. Zu ihm hatte er eine ganz besondere Beziehung. Die beiden wuchsen gemeinsam auf, und später wurde Tiro Ciceros Schreiber und bester Vertrauter, blieb aber auch nach der Frei lassung 53 v. Chr. in Ciceros Haushalt. Bekannt wurde Tiro wegen der Erfindung der lateinischen Kurzschrift, mit der er Ciceros Gedanken und Reden in bis dahin nicht bekannter Schnelligkeit aufschrieb. Cicero, der lange dafür kämpfte, Kon sul zu werden, wäre ohne Tiro wahrscheinlich weniger erfolgreich gewesen. Wie Cicero standen viele Herrinnen und Her ren in einem Abhängigkeitsverhältnis zu ihren allzeit verfügbaren guten Geistern. Gleichzeitig schwang immer auch ein gewisses Misstrauen und Unbehagen gegenüber den Bediensteten mit. Führten sie vielleicht etwas gegen Herr und Herrin im Schilde? Tacitus überliefert in den «Annales» die Geschichte eines sehr reichen Rö mers, Lucius Pedanius Secundus, der von einem seiner Sklaven ermordet wurde. Der Senat ver langte daraufhin nach römischem Recht die Hin richtung aller 400 Sklaven des Hauses. Ein hartes Urteil und Exempel, für alle, die ihrem Herrn
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Website: www.klphs.uzh.ch
Bilder: Les Éditions Albert René
Lustsklave, Vorkoster und Esel In antiken Schriften werden Sklaven nur am Rande erwähnt – trotzdem sind sie omnipräsent, wie das «Handwörterbuch der antiken Sklaverei» dokumentiert. Das umfassende Lexikon erscheint 2014. Von Marita Fuchs
magazin 3/13
Zwischen Abhängigkeit und Misstrauen