Zusammenfassung
Eine Vielzahl von bakteriellen, viralen oder parasitären Infektionserkrankungen kann mit hämorrhagischen Effloreszenzen einhergehen. Die Symptomkonstellation Fieber und Petechien kann Vorbote einer fulminanten bakteriellen Sepsis sein, die einer sofortigen intensiven Therapie zugeführt werden muss. Viel häufiger liegt der Symptomatik aber ein harmloser selbstlimitierender Virusinfekt zugrund, sodass man in Bezug auf das Ausmaß der notwendigen Diagnostik vor einem Dilemma steht. Der vorliegende Beitrag gibt eine Übersicht über die Differenzialdiagnosen und Pathophysiologie infektionsassoziierter Hautblutungen, und es wird ein differenzialdiagnostischer Algorithmus für die Diagnosefindung bei der Konstellation Fieber plus Petechien vorgeschlagen.
Abstract
A broad spectrum of bacterial, viral, and parasitic infections is associated with hemorrhagic skin lesions, typically petechiae. The most prominent underlying entity is fulminant bacterial sepsis, which requires urgent and intensive treatment. In most cases, however, a self-limiting viral disease is the underlying cause. Thus, the pediatrician frequently encounters a diagnostic dilemma between timely diagnosis of sepsis and unnecessary invasive diagnostics. This article reviews the broad differential diagnosis and pathophysiology of infection-associated hemorrhagic skin lesions and proposes a diagnostic algorithm for the combination of fever and petechiae.
Die Kombination von Fieber und hämorrhagischen Effloreszenzen, in der Regel Petechien, ist für jeden Kinderarzt alarmierend, da sie hinweisend auf eine fulminante bakterielle Sepsis sein kann. Meist liegt dieser Symptomkombination jedoch eine selbstlimitierende virale Infektion zugrunde. Entsprechend groß ist das Dilemma zwischen den möglicherweise fatalen Konsequenzen einer verzögerten Diagnosestellung auf der einen und unnötiger invasiver Diagnostik auf der anderen Seite. Im vorliegenden Beitrag werden ein Überblick über die Pathogenese und die Ursachen verschiedener infektionsassoziierter Hautblutungen im Kindesalter gegeben und ein differenzialdiagnostischer Algorithmus zur Diagnosefindung vorgeschlagen.
Einführung – Terminologie
Hämorrhagische Effloreszenzen werden in
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Petechien,
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Purpura,
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Ekchymosen,
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Sugillationen und
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Hämatome
unterteilt. Verbindendes Merkmal dieser Effloreszenzen ist die Extravasation von Erythrozyten, die klinisch durch das fehlende Abblassen auf Druck mit einem Glasspatel überprüft werden kann.
Petechien und Purpura
Petechien sind kleine flohstichartige Hautblutungen. Der Begriff Purpura wird im deutschen Sprachgebrauch für das generalisierte, exanthemartige Auftreten von Haut- und Schleimhautblutungen verwendet. Im Unterschied dazu werden in der englischen Literatur mit „petechiae“ in der Regel kleine (1 mm), mit „purpura“ dagegen größere Hautblutungen (ab 2 oder 3 mm Durchmesser) bezeichnet.
Ekchymosen
Mit diesem Begriff werden größere, fleckförmige Blutungen bezeichnet.
Sugillationen
Von ihnen spricht man bei flächenhaften, konfluierenden Haut- oder Schleimhautblutungen.
Hämorrhagische Effloreszenzen vaskulitischer Genese können ein buntes klinisches Bild bieten. Sie präsentieren sich meist in Form einer palpablen Purpura, können aber auch als hämorrhagische Vesikel oder Urtikaria auftreten.
Pathophysiologie und Differenzialdiagnostik infektionsassoziierter Hautblutungen
Unabhängig von ihrer Genese sind für die Entstehung von Haut- und Schleimhautblutungen 3 wesentliche Pathomechanismen verantwortlich:
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Störungen der plasmatischen Gerinnung (Koagulopathien),
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numerische oder funktionelle Veränderungen der Thrombozyten (Thrombozytopenien und -pathien) oder
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Erkrankungen der Gefäße (Vasopathien).
Klinisch manifestieren sich Störungen im plasmatischen Gerinnungssystem meist als Ekchymosen oder Sugillationen. Erkrankungen des thrombozytären Systems werden hingegen als Petechien, Schleimhautblutungen (englisch: „wet purpura“) oder seltener als ZNS-Blutungen (ZNS: Zentralnervensystem) manifest. Für Vasopathien ist die palpable Purpura ein typisches Symptom [13].
Pathologische Veränderungen von Gerinnungsfaktoren, Thrombozyten und Gefäßen können im Rahmen von Infektionen isoliert und in Kombination auftreten. Ein Beispiel für eine isolierte Störung der Thrombozytenbildung ist die konnatale CMV-Infektion (CMV: Zytomegalievirus; [1]). Ein typisches Beispiel für eine Beteiligung aller 3 Systeme (plasmatische Gerinnung, Thrombozyten, Gefäßsystem) ist die disseminierte intravasale Gerinnung [Verbrauchskoagulopathie, DIC („disseminated intravascular coagulation“)].
Disseminierte intravasale Gerinnung
Die DIC ist keineswegs pathognomonisch für Infektionen, sondern kann auch durch onkologische Erkrankungen, Traumen, Verbrennungen, Fehltransfusionen oder schwere Organdysfunktionen, z. B. Leberversagen und Pankreatitis, ausgelöst werden. Sie stellt die schwerste Ausprägung einer infektionsbedingten Gerinnungsstörung dar. Die zugrunde liegende Pathophysiologie ist komplex und nur unvollständig verstanden. Ihr übergeordneter Mechanismus ist die Störung des Gleichgewichts aus pro- und antikoagulatorischen Faktoren. Dabei können gleichzeitig eine überschießende Gerinnungsaktivität mit ausgedehnten intravaskulären Fibrinablagerungen und disseminierten (Mikro-)Thrombosen in verschiedenen Organen und eine Blutungsneigung vorliegen.
Die DIC ist die schwerste Form einer infektionsbedingten Gerinnungsstörung
Die überschießende Gerinnung wird durch 3 wesentliche Entzündungsmechanismen vermittelt [23]:
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Wichtigster Faktor ist das Hochregulieren prokoagulatorischer Signalwege v. a. durch die zytokinvermittelte Induktion des TF-Signalwegs (TF: „tissue factor“). TF wird auf der Oberfläche von Endothelzellen, Monozyten, dendritischen Zellen und Thrombozyten exprimiert. Er aktiviert den Gerinnungsfaktor VII und löst so über die extrinsische Gerinnungskaskade die Thrombinbildung aus. Das Monozyten-Makrophagen-System scheint dabei eine zentrale Rolle zu spielen.
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Antikoagulatorische Faktoren, wie Protein C, werden gehemmt und verbraucht.
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Die Fibrinolyse, und somit der Abbau von Mikrothromben, wird gehemmt.
Durch thrombotische Gefäßverschlüsse kommt es zu Hautnekrosen und Organdysfunktionen unterschiedlicher Ausprägung bis zum therapierefraktären Multiorganversagen [MODS („multiple organ dysfunction syndrome“), [30]]. Neben thrombotischen Komplikationen entwickeln sich auch diffuse Blutungen in Haut, Schleimhäuten und einer Vielzahl anderer Organe [14]. Auslöser hierfür sind die verminderte Synthese und der vermehrte Verbrauch von Gerinnungsfaktoren und Thrombozyten. Durch dieses parallele Auftreten von thrombembolischen und hämorrhagischen Komplikationen ist das klinische Bild der DIC hochvariabel.
Mit der Erkrankung werden häufig v. a. gramnegative Erreger in Verbindung gebracht [15]. Allerdings ist ihre Inzidenz bei Infektionen mit grampositiven Erregern vergleichbar hoch [14]. Die DIC tritt bei 25–50% der Erwachsenen mit Sepsis auf [30]. Neben bakteriellen Pathogenen kann sie auch durch Infektionen durch Parasiten [18] oder Viren [25] verursacht werden (Tab. 1, Tab. 2, Tab. 3).
Neugeborene und Säuglinge mit DIC zeigen im Vergleich zu älteren Kindern ein besonders hohes Blutungsrisiko [29]. Dafür werden niedrigere Serumkonzentrationen von Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren (X, IX, VII, II) und gerinnungshemmenden Substanzen, eine reduzierte Thrombinsynthese und geringere Aktivierbarkeit von Thrombozyten bei Neugeborenen und Säuglingen verantwortlich gemacht (Abb. 1 a).
Fieber plus Petechien als Warnzeichen der Meningokokkensepsis
Patienten mit Fieber und Petechien stellen eine diagnostische und therapeutische Herausforderung dar. Während beim Vollbild der Meningokokkensepsis (Waterhouse-Friderichsen-Syndrom, s. unten) die intensivmedizinischen Aspekte im Vordergrund der Therapie stehen, bereiten die weitaus häufigeren Patienten mit Petechien, Fieber und gutem Allgemeinzustand in der Differenzialdiagnose die größeren Schwierigkeiten. Zum Prozedere bei Letzteren gibt es keinen generell akzeptierten Konsens. Eine Befragung von über 800 Pädiatern ergab beachtliche Unterschiede im diagnostischen und therapeutischen Vorgehen [19].
Die Prävalenz einer Meningokokkenerkrankung bei der Konstellation Fieber plus Petechien betrug in pro- und retrospektiven Untersuchungen zwischen 5 und 15%. Insgesamt wurden invasive bakterielle Erkrankungen bei diesen klinischen Symptomen bei 8–20% der Patienten nachgewiesen [2, 6, 20, 27]. Eine prospektive Studie zum Risiko einer invasiven Meningokokkeninfektion bei Kindern unter 16 Jahren mit Petechien ergab eine gesicherte oder wahrscheinliche Meningokokkenerkrankung in 13% der Fälle [28]. Interessanterweise waren in dieser Studie bei der Diagnosestellung 5 von 24 Kindern (20%) afebril, und weitere 20% hatten eine Körpertemperatur < 38,6°C.
Fieber und Petechien bei Kindern liegen am häufigsten Virusinfektionen zugrunde
Die häufigste zugrunde liegende Ursache bei Kindern mit Fieber und Petechien sind selbstlimitierende virale Infektionen durch beispielsweise Echo-, Coxsackie- oder Adenoviren (Tab. 1). Insbesondere zu Beginn der Erkrankung gibt es keine sicheren klinischen Zeichen oder Laborparameter, die zuverlässig die Unterscheidung zwischen einer invasiven bakteriellen und einer viralen Infektion ermöglichen. Eine aktuelle retrospektive Analyse an über 400 Kindern mit Meningokokkeninfektionen ergab, dass 49% der Patienten nach dem ersten Arztkontakt wieder nach Hause entlassen wurden [26]. In Tab. 4 sind häufige Probleme zusammengefasst, die bei Meningokokkenerkrankungen zu einer falschen oder verspäteten Diagnose führen.
Die invasive Meningokokkeninfektion verläuft typischerweise als Sepsis mit oder ohne Beteiligung der Meningen [21]. Selten sind rein meningitische Verläufe, die nicht die Kriterien für eine systemische Inflammation (SIRS: „systemic inflammatory response syndrome“) und damit auch nicht die Diagnosekriterien einer Sepsis erfüllen; die Diagnosekriterien sind in Tab. 5 dargestellt.
Das Auftreten einer Meningitis ist von prognostischer Bedeutung: So gehen die häufigeren Sepsisverläufe ohne Meningitis im Vergleich zu meningitischen Verläufen mit einer bis zu 4-fach erhöhten Letalität (bis 40%) einher. Die dramatischste Form der Meningokokkensepsis mit fulminantem Kreislaufversagen und unkontrolliert fortschreitender disseminierter intravasaler Gerinnung wird als Purpura fulminans oder Waterhouse-Friderichsen-Syndrom bezeichnet (Abb. 1 b). Bei ihr beträgt die Zeitspanne zwischen Symptombeginn und letalem Ausgang z. T. nur wenige Stunden.
Die unspezifischen Prodromi der invasiven Meningokokkeninfektion sind Fieber, Übelkeit, Erbrechen und Lethargie. Bei der Meningokokkenmeningitis kommt es darüber hinaus typischerweise zu Kopfschmerzen, Photophobie, Vigilanzminderung und meningealen Reizzeichen. Frühsymptome der septischen Verlaufsform sind Gliederschmerzen, zunehmende Apathie und eine beginnende Kreislaufzentralisation, die sich in einem auffällig blassen oder gräulichen Hautkolorit, kalten Extremitäten und einer verzögerten Rekapillarisierung äußert.
Das hämorrhagische Exanthem tritt relativ früh im Krankheitsverlauf auf. In einer prospektiven epidemiologischen Studie wurden alle Meningokokkenerkrankungen der Niederlande von 2002–2005 untersucht, wobei sich ein medianes Auftreten der Effloreszenzen 11 h nach Einsetzen erster Symptome ergab [9]. Es handelt sich dabei somit oft um das erste spezifische Krankheitssymptom und den Grund der ärztlichen Vorstellung des Kindes durch die Eltern.
Bei hämorrhagischen Effloreszenzen wird histologisch in der Regel eine leukozytoklastische Vaskulitis mit Mikrothrombosen nachgewiesen [10]. Da Meningokokken auch in Endothelzellen und lokalen Leukozyten gefunden werden, kann die Biopsie frischer Hautläsionen zum Nachweis der Bakterien dienen.
Retrospektive Analysen ergaben, dass 60–90% aller Kinder mit Meningokokkenmeningitis im Verlauf ein Exanthem entwickeln [16, 26].
Allerdings können die zu Beginn einer Meningokokkensepsis makulopapulös imponierenden Effloreszenzen die Abgrenzung zu einem viralen Exanthem mitunter unmöglich machen [11]. Im Rahmen der Gerinnungsstörung als Folge der systemischen Inflammation schreitet das Exanthem jedoch rasch über die Sequenz Petechien, größere Purpura mit schließlich dunkel-livider Verfärbung und letztlich hämorrhagische Nekrosen fort [7]. Es ist indes von praktischer Bedeutung, dass neben Meningokokken auch andere bakterielle, virale oder parasitäre Erreger ein hämorrhagisches Exanthem bis hin zur Purpura fulminans verursachen können (Tab. 1, Tab. 2, Tab. 3, Tab. 6). Aus diesem Grund muss die initiale Antibiotikatherapie breit gewählt werden, wenn die Mikroskopie des Liquors keinen eindeutigen Befund für Meningokokken ergibt.
Differenzialdiagnostische Abgrenzung bei hämorrhagischen Effloreszenzen
In Abgrenzung zu Infektionen mit kutaner Manifestation gibt es viele nichtinfektiöse Ursachen von Hautblutungen, die sich wie oben angeführt in Koagulopathien, Thrombozytopathien und -penien sowie Vasopathien einteilen lassen. Exemplarisch seien die immunthrombozytopenische Purpura (ITP) als häufigste Ursache der kindlichen Thrombozytopenie und die Purpura Schönlein-Henoch (Abb. 1 c) als häufigste Vaskulitis im Kindesalter erwähnt.
Anamnestisch und durch eine eingehende klinische Untersuchung lässt sich die breite Differenzialdiagnose von Hautblutungen stark eingrenzen. Zentrale Elemente der Anamnese sind hierbei neben allgemeinen Aspekten (Alter, Geschlecht, Vorerkrankungen und Medikation) die Erfassung der zeitlichen Dynamik und Lokalisation der Effloreszenzen, das Auftreten von Begleitsymptomen, insbesondere Fieber oder B-Symptomatik, und Hinweise für eine Blutungsneigung. Auch die Ernährung kann von Bedeutung sein, da schwere Malnutrition sowohl zu einer Koagulopathie (Mangel Vitamin-K-abhängiger Gerinnungsfaktoren) als auch zu einer Vasopathie (Skorbut) führen kann.
Ergeben sich bei einem Patienten mit hämorrhagischen Effloreszenzen Hinweise auf eine zugrunde liegende Infektion, muss zügig eine Abwägung getroffen werden, ob es sich um eine selbstlimitierende, in der Regel virale, oder eine invasive bakterielle Infektion handelt. Dabei ist der klinische Gesamteindruck der erfahrenen Kinderärztin, des erfahrenen Kinderarztes unabdingbare Säule eines jeden diagnostischen und therapeutischen Algorithmus, denn kein Laborparameter besitzt einen ausreichenden negativ prädiktiven Wert – dies gilt auch für die Liquordiagnostik.
Differenzialdiagnostischer Algorithmus
Abb. 2 fasst den differenzialdiagnostischen Algorithmus beim Vorliegen hämorrhagischer Effloreszenzen zusammen. Bei hämorrhagischem Exanthem, Fieber und klinischen Zeichen einer Sepsis müssen umgehend eine Supportivtherapie im Sinne einer erweiterten „early goal-directed therapy“ (hämodynamische Stabilisierung, Sicherstellung von adäquater Sauerstoffversorgung und metabolischem Gleichgewicht) und eine antibiotische Behandlung eingeleitet werden. Für eine ausführliche Übersicht der Sepsistherapie sei auf aktuelle Literatur verwiesen [5]. Vor der ersten Gabe von Antibiotika muss neben der Abnahme von Blutkulturen eine Liquordiagnostik erfolgen, sofern keine Kontraindikationen (Thrombozytopenie < 30.000 G/l, fortgeschrittene DIC, ausgeprägte Kreislaufinstabilität, fokal-neurologische Zeichen, beginnende Einklemmungssymptomatik) gegen eine Lumbalpunktion vorliegen.
Grundsätzlich gilt, dass die Diagnostik, auch die Lumbalpunktion, die notwendige Therapie nicht nennenswert verzögern darf.
Die erste Gabe des Antibiotikums soll innerhalb von 30–60 min nach Stellung der Verdachtsdiagnose erfolgen.
Im häufigeren Fall eines Kindes mit Fieber und hämorrhagischen Effloreszenzen, aber gering oder nicht beeinträchtigtem Allgemeinzustand fällt die differenzialdiagnostische Abgrenzung viel schwerer. Verschiedene Studien befassten sich mit der Frage, welche Parameter in diesen Fällen gegen das Vorliegen einer Meningokokkenerkrankung sprechen [9, 20, 21, 26, 28]. Petechien von maximal 1 mm Durchmesser sowie die Begrenzung der Effloreszenzen auf das Einzugsgebiet der oberen Hohlvene sind klinische Zeichen, die für eine bakterielle Sepsis untypisch sind. Gibt es keine eindeutige mechanische Erklärung für die Effloreszenzen – wie beispielsweise das Auftreten von Stauungspetechien nach rezidivierendem Erbrechen (Abb. 1 d) – muss, mit dem Ziel den Schwergrad eines infektiösen Geschehens besser beurteilen zu können, immer eine Blutentnahme erfolgen. Hilfreiche Laborparameter, die eher für ein selbstlimitierendes virales Geschehen sprechen, sind normale Werte für CRP (C-reaktives Protein), Leukozyten- und Thrombozytenzahl sowie Gerinnungsparameter. Bei unbeeinträchtigtem Allgemeinzustand und nicht oder nur wenig pathologisch veränderten Laborparametern kann demnach zunächst auf eine Lumbalpunktion verzichtet werden. Allerdings muss bei diesen Patienten die Reevaluation des klinischen Verlaufs sichergestellt werden. Als einfache Schwellenwerte jenseits des 3. Lebensmonats können in diesen Fällen CRP-Werte von 20 mg/l oder 40 mg/l dienen, die einen negativ prädiktiven Wert von 99 und 95% haben [24]. Ein CRP > 100 mg/l ist, wenn keine eindeutige anderer Ursache identifiziert werden kann, bis zum Beweis des Gegenteils auf eine Meningitis verdächtig. Wegen der Dynamik systemischer bakterieller Infektionen können sämtliche Laborparameter im Frühstadium noch unverdächtig sein und müssen im Zweifel wiederholt erhoben werden (einschließlich der Liquorzellzahl und -mikrobiologie). Wenn in ambivalenten Fällen initial auf eine Lumbalpunktion verzichtet wird, ist eine stationäre Beobachtung mit wiederholter Reevaluation (Klinik und Labor) eine wichtige Maßnahme.
Dringend abgeraten werden muss von einer empirischen Antibiotikatherapie ohne eindeutigen Fokus. Dieses Vorgehen birgt das Risiko inadäquat behandelter Meningitiden mit erheblicher Morbidität.
Besonderheiten bei Neugeborenen und Säuglingen
Der aufgeführte differenzialdiagnostische Algorithmus (Abb. 2) ist für Säuglinge nur mit Einschränkungen anwendbar, in der Neonatalperiode ist er nicht gültig. Wegen der unspezifischen klinischen Zeichen von Sepsis und Meningitis in den ersten 12, insbesondere aber in den ersten 3 Lebensmonaten sollte die Indikation für eine Lumbalpunktion großzügig gestellt werden.
Bei Neugeborenen mit hämorrhagischen Effloreszenzen ist eine umfassende Diagnostik obligat
Bei Neugeborenen mit hämorrhagischen Effloreszenzen unterscheidet sich die Differenzialdiagnose von der in anderen Altersgruppen. Da eine ernsthafte zugrunde liegende Erkrankung wahrscheinlich ist, muss eine umfassende Diagnostik erfolgen. Zunächst sollten, wie angeführt, Sepsis und Meningitis ausgeschlossen bzw. ggf. empirisch behandelt werden. Bei einer konnatal auftretenden Purpura muss differenzialdiagnostisch auch an eine extramedulläre Hämatopoese gedacht werden. Die Effloreszenzen imponieren in diesem Fall als dunkelblau-livide nicht wegdrückbare indurierte Papeln und treten disseminiert am gesamten Körper auf (sog. „blueberry muffin baby“, Abb. 1 e). Bis zur Einführung einer flächendeckenden Impfung war das Krankheitsbild meist Ausdruck von konnatalen Röteln. Heute stellt die intrauterine CMV-Infektion die häufigste infektiöse Ursache dar. Daneben können auch intrauterine Infektionen mit Parvovirus B19 oder Coxsackieviren ein ähnliches klinisches Bild bei Neugeborenen auslösen [3]. Darüber hinaus können nichtinfektiöse Ursachen wie Rhesusinkompatibilität oder Anämie infolge eines fetofetalen Transfusionssyndroms zu einer extramedullären Erythropoese mit dem klinischen Aspekt eines „blueberry muffin baby“ führen.
Fazit für die Praxis
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Eine Vielzahl von bakteriellen, viralen oder parasitären Infektionserkrankungen kann mit hämorrhagischen Effloreszenzen einhergehen.
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Die wichtigste Differenzialdiagnose beim Vorliegen von Fieber und Petechien ist die fulminante bakterielle Sepsis. Die häufigste zugrunde liegende Ursache bei dieser Symptomkonstellation sind aber selbstlimitierende virale Infektionen.
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Klinische Parameter, die gegen das Vorliegen einer bakteriellen Sepsis sprechen, sind rein petechiale Effloreszenzen von maximal 1 mm Durchmesser sowie die Begrenzung der Petechien auf das Einzugsgebiet der oberen Hohlvene. Die Suche nach Petechien muss deshalb immer die unteren Extremitäten mit einschließen.
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Letztlich gibt es keine klinischen Zeichen oder Laborparameter, die beim Vorliegen von Petechien eine invasive bakterielle Infektion mit Sicherheit ausschließen können. Daher muss in Zweifelsfällen immer eine umfassende Diagnostik inklusive Lumbalpunktion erfolgen.
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Elling, R., Hufnagel, M. & Henneke, P. Infektionsassoziierte Hautblutungen. Monatsschr Kinderheilkd 160, 545–555 (2012). https://doi.org/10.1007/s00112-012-2633-5
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