Ein zweijähriger Junge wurde mit einem Flush der rechten Wange in einer HNO-Klinik vorgestellt. Die Anamnese war durch eine Ekchymose der rechten Gesichtshälfte bemerkenswert, die erstmals kurz nach der Geburt aufgetreten war (Abb. 1a). Die Gesichtsröte (Abb. 1b) war nicht mit Schmerzen, Juckreiz, Schwitzen oder Atemwegssymptomen verbunden. Sie zeigte sich allerdings seitdem regelmäßig beim Essen. Die Ergebnisse der Hauttests auf Nahrungsmittelallergene waren negativ. Der Patient war zwar bislang nicht operiert, jedoch per Forceps entbunden worden.

Abb. 1:
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Ekchymose der rechten Gesichtshälfte kurz nach der Geburt (a) und Gesichtsröte im Alter von 18 Monaten (b)

Daraufhin wurde die Diagnose eines Aurikulotemporalen Syndroms - oder auch Frey-Syndrom - gestellt. Das Frey-Syndrom ist durch gustatorisches Schwitzen und/oder Rötungen gekennzeichnet und resultiert aus einer Schädigung der parasympathischen Nervenfasern in der Ohrspeicheldrüse mit anschließender Re-Innervation der Schweißdrüsen in der Haut. Da die fehlgeleiteten parasympathischen Nervenfasern die Schweiß- und nicht mehr die Speicheldrüse innervieren ("misdirected regeneration"), führen Reize, die den Speichelfluss anregen, zu Wärmegefühl und gustatorischem Schwitzen. Durch eine Vasodilatation ist die Haut gerötet. Die Schädigung der parasympathischen Nervenfasern tritt typischerweise während einer Operation auf (z. B. an der Ohrspeicheldrüse), aber auch ein Gesichtstrauma wie eine Zangengeburt kann ursächlich sein. Eine spezifische Behandlung erfolgte in diesem Fall nicht. Lokal können Aluminumchloridlösung und Scopolaminsalbe appliziert werden. Eine Entfernung des Nervus tympanicus in der Paukenhöhle ist ebenfalls möglich. Die Therapie der Wahl stellt die intrakutane Injektion von Botulinumtoxin A dar.

Smith A et al. Frey's syndrome. N Eng J Med 2020;382:1456