Abgewiesener Asylbewerber will 61'000 Franken Schadenersatz

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Appenzell AusserrhodenKanton soll abgewiesenem Asylbewerber 61'000 Franken zahlen

Das Bundesgericht entschied zugunsten eines Asylbewerbers und gegen den Kanton Appenzell Ausserrhoden. Er habe ihn zu lange in Haft gehalten, bevor er ausgeschafft wurde. Der Kanton muss ihn nun entschädigen.

Darum gehts

  • Die Staatshaftungsklage eines Asylsuchenden im Kanton Ausserrhoden hatte Erfolg.

  • Das Bundesgericht entschied, dass zu wenig getan wurde, um die Ausschaffung voranzutreiben.

  • Die Höhe der Entschädigung muss noch festgelegt werden, der Asylsuchende verlangt 61'000 Franken.

Ein abgewiesener Asylsuchender hat mit einer Klage gegen den Kanton Appenzell Ausserrhoden Recht bekommen. Das Bundesgericht entschied, dass die Behörden das Beschleunigungsgebot nicht eingehalten hatten, das verlangt, dass das Ausschaffungsverfahren prompt und ohne Zeitverlust durchgeführt wird, wie die Zeitungen von CH Media am Montag enthüllten. Der Kanton muss ihn demnach nun entschädigen, wobei das Obergericht des Kantons den zu zahlenden Betrag festlegen muss.

Der Asylbewerber fordert 61'000 Franken. Er ist der Ansicht, dass er zu Unrecht 305 Tage lang im Gefängnis Gmünden in Niederteufen AR festgehalten wurde. Die geforderte Summe entspricht einer Entschädigung von 200 Franken pro Hafttag, die an Personen gezahlt wird, die zu lange inhaftiert waren.

Erst Guineer, dann Ivorer

Der Beschwerdeführer, der zunächst angegeben hatte, guineischer Staatsangehöriger zu sein, war im September 2018 im Alter von 18 Jahren von Spanien aus erstmals in die Schweiz eingereist. Anfang 2019 wurde er im Rahmen eines Dublin-Verfahrens nach Spanien zurückgeschickt.

Obwohl ihm die Einreise verboten wurde und sein Asylgesuch abgelehnt war, versuchte der Mann am 20. Oktober 2019 erneut, in die Schweiz zu gelangen. Die Polizei nahm ihn fest, und die für die Abschiebung verantwortliche Abteilung Migration des Amts des Innern beantragte sofort eine Dublin-Ausschaffungshaft. Spanien lehnte es jedoch ab, den Mann wieder aufzunehmen. Infolgedessen verlängerte das Amt die Ausschaffungshaft zunächst bis Ende April 2020 und anschliessend bis Ende Oktober 2020.

Gebot der Verfahrensbeschleunigung missachtet

Der Mann wurde am 24. August 2020 auf Anordnung des Haftrichters freigelassen. Der Richter stellte fest, dass das Gebot der Verfahrensbeschleunigung missachtet wurde, da seit Anfang März keine behördlichen Massnahmen zur Umsetzung der Haft dokumentiert waren. Aufgrund dessen entschied das Bundesgericht, dass die Fortführung der Haft gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (insbesondere das Recht auf Freiheit) verstosse und dem Mann ein Anspruch auf Schadensersatz zustehe.

Das Obergericht des Kantons Appenzell Ausserrhoden hatte die Sache anders gesehen. Es stellte fest, dass der Mann, der die Behörden hinsichtlich seiner wahren Identität getäuscht hatte, selbst einen wesentlichen Anteil an der Verzögerung seiner Ausschaffung trug. Er weigerte sich beispielsweise, mit den Behörden der Elfenbeinküste in Kontakt zu treten, um die notwendigen Reisepapiere zu erhalten. Zudem entzog er sich zeitweise den Behörden und kam seiner Mitwirkungspflicht nicht nach.

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Das Obergericht betonte zudem, dass das Nichtkooperieren des Mannes nicht dem Amt des Innern zur Last gelegt werden könne. Die Verantwortung für die Beschaffung der Reisepapiere, eine Voraussetzung für die Durchführung der Ausschaffung, liege beim Staatssekretariat für Migration (SEM). Dem Amt blieb nichts anderes übrig, als geduldig zu bleiben und gelegentlich beim SEM nachzufragen, wann die Befragung stattfinden würde. Kritisiert werden könne lediglich, dass die kantonale Migrationsbehörde nicht öfter beim SEM nachgehakt habe.

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