Typus Terrassenhaus

 
5400 Baden,
Schweiz

Veröffentlicht am 23. Januar 2023
 
Teilnahme am Swiss Arc Award 2023

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Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
5400 Baden, Schweiz

Beschreibung

Untersuchung einer in Verruf geratenen Haustypologie
Exemplarischer Entwurf für eine Wohnsiedlung in Ennetbaden

Themenwahl/Motivation
Terrassenhäuser sind aus Schweizer Landschaften nicht mehr wegzudenken und verbreiten sich stark an den Hängen des Mittellandes. Fast kein anderer Bautyp prägt das Landschaftsbild so sehr wie dieser, da er durch die exponierte Lage massiv in Erscheinung tritt. Leider zeigt die Realität, dass die Mehrheit solcher Bauten ohne Rücksicht auf das Landschaftsbild gebaut wurden und werden. Die Haustypologie kam durch schematische Investorbauten in Verruf und ist daher heute auch kaum mehr Thema des Architekturdiskurses. Die vorliegende Thesisarbeit untersucht, ob auch Bauten realisierbar sind, die sich bei gleichbleibender Ausnützung wie konventionelle Terrassenhäuser besser ins Landschaftsbild integrieren.

Fokus Einbettung
Der Fokus der entwerferischen Studie lag auf der Begrünung und Einbettung im Hang mit Mitteln der Landschaftsgestaltung. Terrassenhäuser werden oft von innen nach aussen gedacht. Bei dieser entwerferischen Untersuchung lag der Fokus auf dem Blick von Aussen, dem Gesicht zur Landschaft.
Ein weiterer Fokus lag auf der Konstruktion, Materialisierung und dem Umgang mit der Topografie. Viele Beispielbauten weisen einen skulpturalen Charakter aus Beton auf. Die Frage war, ob auch mit nachhaltigeren Konstruktionen ein passender Ausdruck gefunden werden kann.

Analyse
Anhand von Analysen ausgewählter Schweizer Pioniersiedlungen und jüngeren Bauten wurde der Typus mit dem Fokus auf dem Gesicht zur Landschaft, der Erschliessung und der Begrünung untersucht, um daraus Erkenntnisse für die entwerferische Studie zu sammeln. Ausgewählt wurden Bauten mit hohen Qualitäten oder welche, die eine neue Sichtweise auf die Terrassenhaustypologie warfen.
Auffällig ist, dass besonders die Pionierbauten aus den 1960er-Jahren heutzutage noch hohe Qualitäten aufweisen. Neuere Beispiele gliedern sich meist nur schlecht in die Landschaft ein.
Zusammenfassend sind aus den Analyseerkenntnissen vier Punkte entstanden, welche für die entwerferische Studie richtungsweisend waren:
1. Eine gute Durchgrünung der Siedlung ist essenziell für die Einbettung im Landschaftsbild.
2. Die Erschliessung soll ein Ort der Begegnung sein. So kann der Zusammenhalt einer Siedlung gestärkt werden. Querverbindungen zwischen einzelnen Terrassenhäusern fördern Beziehungen untereinander und verbindet das Ensemble.
3. Terrassenhäuser weisen oft grosse Wohnungen auf. Dies erhöht zusätzlich zu den erhöhten Baukosten durch das Bauen am Hang den Miet- oder Kaufpreis. Kleinere und günstigere Wohnungen könnten zu einer grösseren sozialen Durchmischung der Bewohnerschaft führen.
4. Schon erste Terrassenhausbauten haben aus Kostengründen den Baugrund möglichst wenig berührt. Heutige Bauten graben sich meist tiefer in den Hang, da die Kosten durch die erhöhte Ausnützung kompensiert werden. Tiefe Einschnitte im Terrain sollten jedoch reduziert werden, da diese zu teuren und aufwändigen Baugrubensicherungen führen.

Grundlagen Entwurf
Der entwerferischen Studie ging anfangs Semester eine Vorbereitungsphase voraus, in welcher die Grundlagen zum Bauplatz aufbereitet wurden. Zudem fanden Gespräche mit selbst gewählten Fachexperten statt. Mit einem Landschaftsarchitekten wurde über Möglichkeiten zur Einbettung und Begrünung gesprochen und mit einem Bauingenieur konnten die geologischen Gegebenheiten und statischen Möglichkeiten besprochen werden. Weiter wurde zum Verständnis der Typologie die Dissertation von Lorenzo Stieger über die Entwicklung des Schweizer Terrassenhauses studiert. Die Analyse der ausgewählten Bauten und die daraus abgeleiteten Thesen bildeten einen weiteren Grundstein des Entwurfs.

Entwurfsort
Der gewählte Bauplatz liegt in Ennetbaden an einem Südhang zwischen dem Geissberg und der Lägern mit Blick nach Baden. Die Parzelle war eine der letzten bebaubaren Rebbergparzellen in der Gemeinde. Da sie eingezont ist, war klar, dass sie früher oder später bebaut worden wäre. Um die architektonische Qualität einer in die Landschaft eingepasster Überbauung zu erreichen, führte der private Bauherr einen Architekturwettbewerb durch. Das Siegerprojekt, welches 2014 vom Gemeinderat bewilligt wurde, wurde jedoch nicht realisiert. Der Bauherr verkaufte die Parzelle, da das Projekt zu wenig rentierte. Der Käufer, ein lokales Architekturbüro aus Wettingen, realisierte daraufhin ein Projekt mit 14 Terrassenwohnungen, welches 2021 fertiggestellt wurde.
Die Parzelle bietet sich aufgrund der Grösse und Form als spannender Bauplatz für die entwerferische Untersuchung an. Die exponierte Lage des Bauplatzes fordert einen sorgfältigen Umgang mit der Topografie. Das realisierte Projekt leistet diesen Beitrag leider nur bedingt, daher möchte diese Thesisarbeit einen Alternativvorschlag zum gebauten Projekt aufzeigen.

Entwurfsansätze
Für den Einstieg in die entwerferische Studie wurden drei Entwurfsansätze angedacht und in einfachen Modellen und Skizzen geprüft. Die Entwurfsspur der Terrassierung erwies sich dabei aufgrund des ruhigen Bildes und dem Bezug zum Hang als interessanter Ansatz und wurde daraufhin weiterverfolgt.

Referenzen
Neben bekannten Referenzen wie den Hängenden Gärten der Semiramis, dem Terrassenhaus von Alvar Aalto in Kauttua oder dem Lotissement Durand von Le Corbusier in Algier waren besonders auch Referenzen aus der Landwirtschaft entwurfstreibend, dazu gehörten Strukturen von Rebhängen, Weinbergen oder die Zitronengärten am Gardasee. Die Letzteren erwiesen sich durch ihre Form und Rhythmisierung als äusserst inspirierend und wurden zur treibenden Kraft in der Entwurfsstudie.
Weiter inspirierte auch die temporäre Arbeitersiedlung für den Staudamm von La Grande Dixence, welche mit ihrer Einfachheit und Leichtigkeit eine Alternative zu den sonst massiv gebauten Terrassenhäusern aus Beton darstellt. Ergänzend dazu steht das Case Study House N°26,
welches ein möglichst leichtes Berühren des Bodens zum Ziel hatte.

Entwurf
Eine zentrale Absicht des Entwurfes stellt die Terrassierung des Hanges dar, die auf natürliche Weise die Grundebene der Häuser bildet, ohne dabei tief in den Hang eingreifen zu müssen. Die Themen Terrassierung und Strukturierung des Hanges greifen auf die ursprüngliche Nutzung der Parzelle als Rebbau zurück. Auf der Terrassierung kommen Häuser zu liegen, welchen Gärten vorgelagert sind, die im Zusammenspiel mit säulenartigen Betonstützen das Gesicht der Siedlung bilden. Zwischen der Struktur aus drei Teilen, welche sich dem Hang entlang abdreht und in der Höhe staffeln, entstehen zwei konisch zulaufende Räume, die der vertikalen Erschliessung dienen. Der auf den Hang ausgerichtete Baukörper und eine effiziente hindernisfreie Erschliessung durch nur einen Vertikalaufzug, kombiniert mit einem automatischen Parkiersystem halten den Eingriff in die Topografie minimal.
Das Bauwerk ist als Systembau entwickelt. Die vertikalen Lasten werden durch vorgefertigte Betonstützen abgeleitet, welche mit Stahlunterzügen und vorgefertigten Holzbauelementen ergänzt werden. Sämtliche Komponenten werden mechanisch miteinander verbunden und können somit
im Falle eines Rückbaus ohne Probleme ausgebaut und allenfalls wiederverwendet werden.
Weiterführende Informationen über den Entwurf können der Thesisbroschüre entnommen werden.

Next Generation Projekt eingereicht für den Arc Award 2023 von Stefan Hausherr, ZHAW Winterthur

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