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Hanna Johansens neue KinderlyrikOhne Reim fällt die Welt auseinander



Portrait der Schweizer Schriftstellerin Hanna Johansen, aufgenommen 2008 in ihrem Haus in Kilchberg.

Albträume kann man überall haben. Doch in diesem Buch sind sie fast immer verschoben. Hier wird die Sprecherin plötzlich selbst zum Monster. Darf sich von Faultieren auslachen lassen. Oder trifft eine sprechende Stubenfliege, die furchtbar nervt. Aber aufgepasst, die kleine Brummerin dreht die Situation blitzschnell: «‹Mich kriegen?›, grinst sie. ‹Nie und nimmer.› / Sie wächst und ist bald wie mein Zimmer / so riesengross, die Stubenfliege. / Sie grinst: ‹Wer sitzt hier in der Patsche? / Du, warte nur, bis ich dich kriege.›»

Die selbstbewusste Fliege ist eines der vielen wandlungsaffinen Tiere in Hanna Johansens Versen. Seeungeheuer flüstern bei ihr aus dem Duschkopf. Frösche wehren sich dagegen, geküsst zu werden. Und das Krokodil, das nachts durch das Haus kriecht, hat ganz andere Absichten, als es der grosse Rachen mit seinen spitzen Zähnen vermuten lässt: «‹Was willst du hier›, schrei ich ganz laut, / ‹ich glaub, du willst mich fressen.› / ‹Nein›, sagt das Krokodil und schaut, / ‹ich hab nur was vergessen.›»

Hanna Johansen, die auch als Übersetzerin tätig war, hat schon zahlreiche Kinderbücher geschrieben, Romane und Erzählungen vor allem, die so schöne Titel tragen wie «Die Ente und die Eule» oder «Dinosaurier gibt es nicht». Und, siehe da, Dinosaurier gibt es hier sehr wohl: Zum Beispiel den Xenotarsosaurus, auch weil er eines der wenigen Tiere ist, die mit einem «X» beginnen. Ihre Gedichte kannte man bisher nur aus verstreuten Veröffentlichungen. Jetzt liegen sie erstmals gesammelt vor, akkurat geordnet nach dem Alphabet.

Hanna Johansen / Rotraud Susanne Berner (Illustrationen): Alphabet der Träume: Gedichte für Kinder. Dtv, 80 S., ca. 25.- Fr.

Bilder, die wuchern

Das ABC ist nicht das einzige Formprinzip, auf das Hanna Johansen setzt. Speziell Reime und feste Metren haben es ihr angetan. Ja, wenn man der Unke folgt, scheint es ohne Reime überhaupt nicht zu gehen: «Die Unke unkt: ‹Ich reim mich nicht. / Und das ist schlimm für ein Gedicht. / Und schlimmer für die ganze Welt, / die reimlos auseinanderfällt.›» Darüber liesse sich trefflich streiten. Ganz grundsätzlich, aber auch mit Blick auf diese Gedichte. Denn Hanna Johansen zeigt in ihnen immer wieder, dass die Welt durchaus auseinanderfällt. Nicht von ungefähr ist der Schlaf der Kinder von Albträumen durchzogen. Und nicht von ungefähr machen die Raubtiere deutlich, dass sie keineswegs nur Spielfiguren für menschliche Projektionen sind, sondern dass sie «schleichen, klettern, lauern». Wie der Jaguar sagen sie den Menschen: «Ihr kennt mich nicht».

Diese sehr gegenwartsnahe Unruhe und Brüchigkeit hätte man gerne mehr in der Form der Gedichte gespürt, sei es in freien Rhythmen oder auch nur in unglatten Reimen. «Zähne» reimt sich hier sauber auf «Mähne» und «bösen» auf «erlösen».

Da ist Rotraut Susanne Berner in ihren Bildern schon konsequenter. Bei ihr rollen nicht nur Köpfe, sondern die Elemente der Zeichnungen können sich aufsplittern und zwischen die Gedichte fahren, mal die Strophenform auflockern, mal ein kürzeres Gedicht fast überwuchern. So hält man sich an Stücke wie jenes von den Hasen, hinter dessen harmloser Form sich Abgründe auftun: «Es waren einmal zwei Hasen, / die hatten einander so lieb. / Sie knabberten sich an den Nasen, / bis keiner mehr übrig blieb.»

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