Nach Erdstößen in Hessen: Kann auch bei mir die Erde beben?

BILD erklärt, wo in Deutschland Erdbeben drohen

Nach Erdstößen in Hessen: Kann auch bei mir die Erde beben?

In Nieder-Beerbach waren etwa 100 Einsatzkräfte von Feuerwehr und THW im Einsatz

Foto: dpa

Samstag um 18.46 Uhr bebte die Erde: Schornsteine wackeln, Ziegel krachen von den Dächern, Wände bekommen Risse. Bewohner haben Angst, dass ihr Haus einstürzt. Das Geoforschungszentrum Potsdam registriert eine Stärke von 4,2.

Erdbeben in Hessen! 70 Häuser sind beschädigt – ein Haus so schwer, dass die Bewohner bis jetzt nicht zurückkehren konnten. Besonders in Nieder-Beerbach (Landkreis Darmstadt-Dieburg) ist die Stimmung gedrückt. Es ist das zweite Erdbeben innerhalb weniger Monate, das den Ort erschüttert.

Landrat Klaus Peter Schellhaas sprach laut „Hessischem Rundfunk“ von vielen Bewohnern, die ein mulmiges Gefühl haben. Den Menschen steckt der Schreck in den Gliedern. Ortsvorsteher Willi Georg Muth: „Es hat schon unheimlich gescheppert! Wer rechnet mit so was?“

Von wirklich schlimmen Beben mit vielen Toten, Verletzten und Verschütteten ist Deutschland lange verschont geblieben. Trotzdem bebt auch bei uns fast jeden Tag irgendwo die Erde – und es kann jederzeit zur Katastrophe kommen.

BILD erklärt, wo in Deutschland Erdbeben drohen!

Zwar liegt Deutschland auf einer festen tektonischen Platte. Aber: „Von Norden drückt der nordatlantische Rücken, von Süden die Alpen“, sagt Rainer Kind vom Geoforschungszentrum Potsdam. Wird die Spannung zu groß, kann es auch innerhalb einer festen Platte Beben geben.

Besonders gefährdet sind die Kölner Bucht, die Schwäbische Alb, der Rheingraben und die Gegend um Gera (Thüringen).

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Rheingraben und Schwäbische Alb

Erdbeben-Schwerpunkte in Baden-Württemberg sind der Rheingraben von Mainz bis Basel sowie der Zollernalbkreis auf der Schwäbischen Alb. Letzter Erdstoß dort: Sonntagmorgen um 8.41 Uhr! Die Stärke betrug 2,9, Schäden wurden keine gemeldet.

Grund sind fast immer ruckartige Verschiebungen von Gesteinsschollen im tieferen Bereich der Erdkruste entlang von geologischen Verwerfungszonen.

Vor rund 50 Millionen Jahren brachen Schwarzwald und Vogesen auseinander. Dadurch entstand der 40 Kilometer breite Oberrheingraben, der von tektonischen Störungen zerschnitten ist. Alle 100 bis 200 Jahre kommt es hier zu einem Beben der Stärke 6.

► Auch das Beben von Nieder-Beerbach hängt mit den Störungen in dieser Zone zusammen. Matthias Kracht vom Hessischen Erdbebendienst erklärt: „Das ist der Spannungsabbau im Oberrheingraben, auch an dessen Rändern.”

► Im schweizerischen Basel führte ein besonders heftiges Beben am 18. Oktober 1356 zur Katastrophe. Das Münster und viele Häuser stürzten ein, ein Brand wütete noch acht Tage nach dem Beben. Bis zu 1000 Menschen kamen ums Leben. Nach heutigen Schätzungen hatte das Beben eine Stärke von 7,4. Es war wahrscheinlich das schlimmste Erdbeben nördlich der Alpen in der Menschheits-Geschichte.

Die Kölner Bucht

Die Kölner Bucht ist tektonisch besonders aktiv. Gigantische Schollen reiben sich seit zwei Millionen Jahren unter der Erdkruste. Diese sogenannte Schwächezone ist besonders anfällig für Druck, der von der afrikanischen auf die eurasische Platte weitergeleitet wird.

► Am 13. April 1992 bebte die Erde hier mit einer Stärke von 5,9. Bäume stürzten um, Spalten und Erdrutsche bildeten sich. Etliche Häuser wurden beschädigt. Mehr als 30 Verletzte, meist durch herunterstürzende Dachziegel. Sachschaden: 150 Millionen D-Mark. Noch in Berlin, Mailand und London waren die Erschütterungen zu spüren.

► Am 23. Juni 2001 traf es Kerkrade bei Aachen. Schornsteine stürzten ein, sechs Menschen wurden verletzt. Stärke: 4,0.

► 2011 gab es sogar zwei Beben mit einer Stärke von über 4. Im Februar lag das Epizentrum 15 Kilometer östlich von Koblenz (Rheinland-Pfalz), im September in Goch (NRW).

Möglich sind im Rheinland sogar Erdstöße der Stärke 7! „Ein solches Beben wäre dramatisch“, warnt Professor Klaus Hinzen, Leiter der Erdbebenstation der Uni Köln.

So ein Beben kommt, statistisch gesehen, alle 10 000 Jahre vor. Wann genau, lässt sich allerdings nicht vorhersehen. Hinzen: „Es kann sein, dass wir 9500 Jahre Ruhe haben. Es ist aber auch möglich, dass die 10 000 Jahre morgen um sind.“

Thüringen

Das wohl stärkste Beben im Osten Deutschlands ereignete sich 1872 in der Nähe von Gera. Die geschätzte Stärke liegt zwischen 5,3 und 5,7. Es wird von mehreren Toten berichtet. Häuser stürzten ein, selbst in Burgmauern bildeten sich meterlange Risse.

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