Zu Besuch bei Imi Knoebel: BILD bei Deutschlands scheuestem Künstler

Imi Knoebels Ausstellung in Wolfsburg ist eine Verneigung vor seinem verstorbenen Freund

Wie zufällig abgestellt, stapeln sich Zylinder, Würfel und Kästen. 836 Teile aus Hartfaserplatte – millimeter­genau platziert von Imi Knoebel (73).

BILD traf den scheuen Kunst-Superstar, der sonst fast nie Interviews gibt, beim Aufbau seiner Schau im Kunstmuseum Wolfsburg. Hier präsentiert der Düsseldorfer Maler und Bildhauer ab 25. Oktober über 100 Arbeiten.

Das Baukasten-Werk „Raum 19“ hat Knoebel 1966 zum ersten Mal geschaffen. Vorher lag er mit seinem Akademie-Lehrer Joseph Beuys (1921–1986) im Streit über seine minimalistischen Linienbilder. Knoebel bemale Hunderttausende Papiere nur mit Linien – dünne, dicke, gerade, schräge. Von Beuys erntete er dafür nur Kopfschütteln.

„Wir haben einige harte Kämpfe ausgefochten. Irgendwann überließ er mir den ‚Raum 19‘ und sagte, mach, was du willst“, erinnert sich Knoebel.

Also ging er in den Baustoffhandel und kaufte Hartfaserplatten. „Die waren billig und passten zum Transport in die Straßenbahn.“

Gemeinsam mit seinen Künstler-Kumpels Blinky Palermo († 33), Jörg Immendorff († 61) und Rainer Giese bespielte Knoebel nun den „Raum 19“.

Mit Giese verband ihn eine so tiefe Freundschaft, dass sich beide den Spitznamen „Imi“ (Ich mit ihm) gaben. Giese nahm sich mit nur 32 Jahren das Leben. Ihm hat Knoebel drei Räume seiner Ausstellung gewidmet.

„Es ist eine Verneigung vor meinem Freund.“ Unter dem Titel „Eigentum Himmelreich“ hat Knoebel scheinbar Sinnloses zusammengetragen. Ein altes Geländer, das ins Nirgendwo führt, Fenster ohne Aussicht – so sinnlos wie der Tod des Freundes.

Die 16 Meter hohe Halle des Wolfsburger Museums hat er mit vier Riesen-Wänden unterteilt. Daran prangen seine knallbunten Raumbilder aus Aluleisten im Mondrian-Stil, fliehende Rechtecke oder „Kartoffelbilder“.

Solche Titel fallen dem Künstler spontan ein. „Da hat ein Arbeiter gesagt, reich mal die Kartoffel rüber und schon war’s passiert“, schmunzelt Knoebel.

Immer an seiner Seite: Ehefrau Carmen (40 Jahre verheiratet, 2 Töchter). Die Kunstmanagerin war ab 1974 Besitzerin der berühmten Düsseldorfer Künstlerkneipe „Ratinger Hof". Der Minimalist Imi gestaltete das einstige Hippie-Lokal mit weißes Farbe und Neonröhren zur ersten Punk-Hochburg der Republik. Hier feierten Kunstchaoten wie Beuys und die Toten Hosen übten im Keller ihre ersten Songs. Die Kneipe ist längst verkauft und Imi Knoebel schafft Werke mit Titeln wie „Sara spricht seltsame Worte" oder „Asteroiden mit gespaltener Persönlichkeit"...

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