Hubertus Giebe, Johannes Heisig. Malerei und Grafik

40 S. Einband leicht berieben. - Giebes thematisch angelegte, vielfigurige Malerie wirkt episch. Doch trägt sie die Gesichte des Ungewöhnlichen. Man glaubt sich vor einem lesbaren Geschehen, aber manche Darstellung gibt ihren Stoff nicht sofort preis. Sicherer wähnt sich, wer auf die literarischen Quellen dieser Bildgefüge zurückgreifen kann. So finden sich in Baudelaires Dichtung "Die Reise" und auch in deren Wieder-klang, der Prosa Gottfried Benns, jene bildkräftigen Metaphern, die für Giebes so benanntes Gemälde den Anlaß gaben und schon die Vision selbst vorzeichneten. Die Gestalt des Oskar Matzerath aus Günter Grass' Roman "Die Blechtrommel" ist im Bild "Der Wächter" vor ein Wesen gesetzt, das an Walter Benjamins Zeilen über den "Engel der Geschichte" erinnnert. Heisigs künstlerischer Ansatz ist denkbar unverfänglich, zielt auf das Sichtbare. Er geht davon aus, daß sich Malerei an unser "optisches Sensorium" wenden und auch von ihm kommen würde. Damit ist aber doch mehr als nur das Auge des Malers ins Spiel gebracht. Was sich in anscheinend genügsamer Bescheidenheit kundtut, ist anspruchsvolles Programm. Es entwickelt eigene Gesetze und Regeln, wächst aus innerer Dynamik zum Kredo. Denn wer "für optische Sensationen und merkwürdige Konstellationen" offen bleiben will, um sich im "Chaos der Natur vom Formbaren überraschen" zu lassen, wird immer schwere Arbeit vor sich sehen. Gerade weil dieses alte Reservoir an Sonderbarem viel hat - und mit keinerlei Rücksichten auf dessen Formbarkeit im Sinne einer bildmächtigen Gestalt ausgestattet ist. So beginnt mit dem ersten Pinselzug ein doppeltes Diktat. Während sich das Sichtbare noch auftut, behaupten sich schon die Gesetze des Malens. Es ist jener Zwiespalt, der so alt ist wie Malerei selbst.

Bildende Kunst, Bildende Kunst, Baukunst