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Feuersbrünste auf dem Vormarsch

Umwelt. - Noch in frischer Erinnerung sind die verheerenden Waldbrände im Südosten Australiens, bei denen viele Menschen starben, in Kombination mit einer extremen Dürre. Möglicherweise, befürchten Fachleute, erhöhten sich Frequenz und Ausmaß von Feuern bei steigenden Temperaturen und verhindere die Klimaerwärmung, dass sich Wälder danach wieder vollständig erholten.

Von Volker Mrasek | 27.04.2009
    Wir leben auf einem Feuer-Planeten! Die US-Ökologin Jennifer Balch von der Universität Kalifornien in Santa Barbara hat daran keinen Zweifel, seit Satelliten Wärmebilder von der Erdoberfläche liefern ...

    "Auf rund 30 Prozent der gesamten Landoberfläche gab es in den zurückliegenden zehn Jahren ausgeprägte Feuer."

    Es sind vorwiegend Wälder und Savannen, also tropische Graslandschaften, die immer wieder in Flammen aufgehen. Und nicht erst, seit der Mensch die Natur stark beeinflusst. David Bowman, Professor für Botanik an der Universität von Tasmanien in Australien:

    "Wir wissen, dass die Erde brannte, bevor sich die Menschheit entwickelte. Feuer gibt es, seit sich Pflanzen an Land etablierten, vor rund 400 Millionen Jahren. Das ist auch plausibel. Denn Pflanzen enthalten brennbaren Kohlenstoff, in der Atmosphäre ist Sauerstoff vorhanden, und für die Zündung sorgen Blitzeinschläge und Vulkanausbrüche."

    Dennoch werde die Rolle, die Feuer im Klima- und Erdsystem spiele, noch immer unterschätzt. Das beklagen Balch, Bowman und 20 weitere Forscher jetzt in der Fachzeitschrift "Science":

    "Dies ist ein gemeinsamer Appell von führenden Feuer-Experten aus verschiedenen Wissenschaftszweigen. Uns geht es darum, darauf aufmerksam zu machen, dass Feuer trotz ihrer großen Bedeutung in Klimamodellen und -projektionen für die Zukunft bisher fehlen. Wir wollen dazu anregen, dass sich die Forschung stärker mit den Wechselwirkungen zwischen Feuer und Klima befasst."

    Wenn Wald oder Grasland abbrennt, entsteht jede Menge Kohlendioxid und verstärkt den atmosphärischen Treibhauseffekt. Doch auf längere Sicht ist das nicht weiter schlimm. Denn wenn sich Wald und Savanne später regenerieren, nehmen die neu wachsenden Bäume und Gräser wieder reichlich Kohlendioxid auf, das sie für die Fotosynthese benötigen. Das Ganze ist dann ein Nullsummen-Spiel und die Klimabelastung nur vorübergehend. Doch mit steigenden Durchschnittstemperaturen auf der Erde könnte diese Balance im Fall der Wälder gestört werden, wie David Bowman und seine Kollegen befürchten:

    "Die Frage ist: Werden sich Wälder, die in Flammen aufgehen, auch in Zukunft, bei einem viel wärmeren Klima, wieder erholen können? Genau das muss bezweifelt werden. Der Klimawandel begünstigt ja nicht nur starke Waldbrände, sondern auch Hitzewellen und Dürren. Unter solchen Bedingungen wird es Wäldern schwerfallen, sich nach Feuern und anderen Störungen wieder zu erholen."

    Stimmt diese Vermutung, dann käme es zu dem, was Klimaforscher einen Rückkopplungseffekt nennen. Die Kohlendioxid-Bilanz wäre nicht mehr ausgeglichen, Waldbrände würden zusätzliche Treibhausgas-Emissionen verursachen, das Klima noch stärker erwärmen – und dadurch erhöhte sich wiederum das Feuer-Risiko. Schon heute gibt es Hinweise darauf, dass Wälder unter zunehmendem Klimastress leiden und nicht mehr so vital sind. Jennifer Balch:

    "In verschiedenen Regionen der Erde beobachten wir heute, dass Feuer in ihrer Ausdehnung zunehmen und auch häufiger auftreten. Eines der besten Beispiele dafür ist der Westen der USA. Maßgeblich dafür ist, dass die Frühlings- und Sommertemperaturen dort zunehmen und die Schneeschmelze immer früher einsetzt. Es könnte sein, dass es sich hier sogar um ein weltweites Syndrom handelt."

    In drei Jahren will der Klimarat der Vereinten Nationen seinen nächsten umfassenden Bericht zur Lage vorlegen. An ihn wenden sich die "Science"-Autoren in ihrem druckfrischen Artikel. Ihr Appell: Der Klimarat müsse unbedingt Wald- und Savannenbrände in seine Abschätzungen miteinbeziehen.