Pfaffenhofen
Einsame Zwergohreule doch nicht ganz allein

Seit 1977 gab es immerhin insgesamt 41 Nachweise auf den seltenen Vogel in Deutschland

22.06.2015 | Stand 02.12.2020, 21:09 Uhr


Pfaffenhofen (PK) Zumindest nicht vollkommen aussichtslos ist die Suche nach einer Partnerin für die kleine Zwergohreule am Pfaffenhofener Finanzamt. Seit Wochen ruft sie allnächtlich von 22 Uhr bis vier Uhr morgens gegen die Einsamkeit an, auf der Suche nach einer Partnerin. Allerdings bisher ohne Erfolg – noch ist die kleine Eule ein Single. Doch womöglich gibt es Hoffnung: Sie ist immerhin nicht – wie zuvor angenommen – die erste Zwergohreule, die in Bayern oder sogar in ganz Deutschland gesichtet wurde. Viele waren es allerdings trotzdem nicht.

„Sie pfeift und pfeift und pfeift“, erzählt Franz Schwarzer. Der Technische Leiter an der Ilmtalklinik war dem monotonen Geräusch, das er allnächtlich in seiner Nachbarschaft hört, nachgegangen. Erst tippte er ja auf etwas Mechanisches – eine Alarmanlage vielleicht – doch die Diagnose der Bayerischen Vogelschutzwarte in Garmisch-Partenkirchen lautete eindeutig: Zwergohreule. „In der Nachbarschaft werde ich oft darauf angeredet, es hören viele das Pfeifen, manche glauben aber immer noch: Das ist kein Vogel“, erzählt Schwarzer. So rhythmisch erklinge das Geräusch im Sekundentakt.

„Es gibt eine Möglichkeit zur Verwechslung. Junge Waldohreulen, bei uns sehr häufig und gar nicht im Wald zu Hause, rufen sehr ähnlich. Der Ruf ist aber etwas länger“, bestätigt Hans-Joachim Leppelsack, Vorsitzender der Kreisgruppe des Landesbund für Vogelschutz. Allerdings würde es sich in dem Fall trotzdem um eine Eule und nicht um etwas Mechanisches handeln. In den vergangenen Tagen hätten sich immer wieder Pfaffenhofener gemeldet, die auch eine Zwergohreule gehört hätten – doch, so Leppelsack, waren das wohl immer Waldohreulen, von denen es in der Gegend recht viele gibt.

Insgesamt gab es seit 1977 41 von der Deutschen Seltenheitenkommission anerkannte Nachweise auf Zwergohreulen in Deutschland. Der Erstnachweis eines rufenden Zwergohreulen-Männchens in Bayern war 1996 am Chiemsee. Später fanden sich Tiere auch im Ammergebirge im Landkreis Tölz und auch im Landkreis Garmisch-Partenkirchen. Im Ammergebirge gab es 2007 und 2008 sogar jeweils eine erfolgreiche Brut. Im Jahr 2009 gab es nur eine Meldung aus dem Landkreis Kitzingen – eine Zwergohreule als Straßenverkehrsopfer. Meistens wurden aber einzelne rufende Männchen angetroffen, wie in Pfaffenhofen. Die letzte Beobachtung stammt aus dem Jahr 2013 aus Garmisch-Partenkirchen. „Wir haben es hier also mit einer sehr seltenen Art zu tun, die nicht in jedem Jahr in Bayern beobachtet wird“, erklärt Leppelsack. Erst in neuerer Zeit sei sie überhaupt aufgetaucht. „Das schreiben wir der Klimaerwärmung zu“, sagt der Vogelkundler. Entsprechend würden sie weitere Zuwanderer erwarten.

Wenn Zwergohreulen in Deutschland auftauchen, werden sie jeweils bei der Deutschen Seltenheits-Kommission (DSK) sowie bei der Bayerischen Avifaunistischen Kommission (BAK) gemeldet. Dazu werden Schallaufnahmen eingesendet. Die Kommissionen entscheiden dann, ob die Beobachtung des seltenen Vogels offiziell anerkannt wird. Die Pfaffenhofener Zwergohreule wurde von Christian Huber von der LBV-Kreisgruppe Pfaffenhofen gemeldet. Unterstützt wird sie durch die Bayerische Vogelschutzwarte und ist unterwegs an die Kommissionen.

Das heißt: Die Zwergohreule in Pfaffenhofen ist also nicht die erste, die ihren Weg aus Südeuropa oder gar Afrika über die Alpen nach Bayern gefunden hat. Leppelsack betont trotzdem: „Man kann aber sagen, dass nicht in jedem Jahr ein solcher Vogel bei uns in Bayern angetroffen wird.“ Da haben Franz Schwarzer und seine Nachbarn ja Glück gehabt. Und das mit dem Schlafen ist zur Zeit auch kein Problem, denn: „Jetzt wo es kälter ist, kann man nachts das Fenster einfach zumachen und dann hört man sie nicht mehr.“