Kinding
Gewandnadel und Spinnwirtel ausgegraben

Archäologische Funde im Baugebiet Mühläcker II verweisen auf Leben in der Bronzezeit

08.10.2020 | Stand 23.09.2023, 14:38 Uhr
Ein Siedlungsgebiet aus der Bronzezeit wurde bei den Erschließungsarbeiten für ein neues Wohngebiet in Badanhausen entdeckt. Kindings Bürgermeisterin Rita Böhm und Hubert Fehr vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege begutachten die wertvolle Gewandnadel aus der Bronzezeit, die bei den archäologischen Grabungen hier gefunden wurde. −Foto: Lund

Kinding - Bei den Erschließungsarbeiten für das Neubaugebiet Mühläcker II im Kindinger Ortsteil Badanhausen sind jetzt eine Gewandnadel aus Bronze und eine Spinnwirtel gefunden worden.

Im Baugebiet wurde der erste Humusabtrag hinsichtlich vermuteter Bodendenkmäler von Archäologen begleitet, berichtete Bürgermeisterin Rita Böhm bei einem Ortstermin mit Hubert Fehr, dem stellvertretenden Referatsleiter für die Praktische Denkmalpflege am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege in Thierhaupten. Unter den vorsichtig freigelegten Schichten traten nach und nach verschiedene Siedlungsspuren aus der Bronzezeit, also etwa aus der Zeit um 2300 bis 800 vor Christus, zutage. Insgesamt wurden mehr als 200 Funde auf der Fläche von rund 2000 Quadratmetern sichergestellt, informierte Prähistoriker Fehr.

Stolz präsentierte Grabungsleiter Martin Klar von der Firma Adilo aus Parsberg eine Gewandnadel aus Bronze. "Dies ist sicherlich der schönste und wertvollste Fund, den die Archäologen hier freigelegt haben", berichtete Fehr erfreut: Er sei ein wichtiger Beleg dafür, dass Menschen hier bereits vor gut 3000 Jahren lebten. Ein weiterer bedeutender Fund seien sogenannte Spinnwirtel. "Das sind kleine runde Gewichte, die man für das Spinnen von Wolle verwendete", so der Archäologe weiter. Hier handle es sich also um einen eindeutigen Hinweis, dass hier einmal Textilherstellung betrieben wurde - eines der verschiedenen Gewerbe, denen die Siedler hier nachgegangen seien.

Auch Brandspuren und Rückstände von zehn Öfen weisen demnach auf die Ausübung handwerklicher Tätigkeiten hin. Erstarrte Reste geschmolzener Bronze lassen auf eine gewerbliche Metallverarbeitung schließen. Auch die Plätze, an denen die Holzhäuser der Siedler standen, konnten verortet werden. "Im Boden haben wir Vertiefungen aufgefunden, in denen einst die tragenden Pfosten der Gebäude eingelassen worden waren", erklärt Fehr. Passend dazu wurden Gruben mit Abfall entdeckt.

"Das Altmühltal gehörte bereits in der Vergangenheit zur klassischen und beliebten Siedlungslandschaft in Mitteleuropa. Seit der Altsteinzeit leben hier Menschen", schilderte Fehr die Hintergründe der archäologischen Funde. Er sei auch nicht überrascht gewesen, dass Hinweise auf eine Siedlung aus der Bronzezeit zutage traten. Die Menschen siedelten damals an den sich flach neigenden Hängen des Jura entlang der Altmühl, wo sie Zugang zu frischem Wasser und eine Grundlage für die Landwirtschaft hatten.

Die Lage sei damals schon so begehrt gewesen wie heute. So sei hier zur Eisen- und Bronzezeit wohl eine Menge los gewesen. Die trockenen Jurahöhen dagegen boten keine gute Siedlungsgrundlage. Daher finden sich in den Hanglagen - wie hier in Badanhausen - häufiger Grabungsfunde als auf den Jurahöhen.

Die Untersuchungen und Funde werden nun gesichert und dokumentiert. Auf der Baustelle können die Erschließungsarbeiten fortgesetzt werden. "Diese umfangreichen Grabungen haben natürlich zu Verzögerungen bei den Bauarbeiten geführt und Kosten verursacht, mit denen wir so nicht gerechnet hatten", stellte die Bürgermeisterin fest. Sie kritisiert, dass der kontrollierte Humusabtrag über die als Bodendenkmal markierten Flächen hinaus auf sogenannte Verdachtsflächen ausgeweitet wurde. Sie unterstütze zwar durchaus die Sicherung und Dokumentation von Bodendenkmälern. Allerdings fehle hier eine Grenze, die der Gemeinde Planungssicherheit gebe.

Der Grund für die Ausweitung der Untersuchungen liege bereits in der Anlage des Baugebietes Mühläcker I im Jahr 1995, betonte Fehr. Damals habe man im Abraum mehrere kleine Funde gesichtet. Diese seien ein wichtiger Hinwies gewesen, dass sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Funde darüber hinaus erstrecken könnten. Tatsächlich seien die meisten Funde dann nicht im ausgewiesenen Denkmalbereich, sondern auf den Verdachtsflächen entdeckt worden.

Die Siedlungsgeschichte von Kinding wurde mit diesen Ausgrabungen um wertvolle Erkenntnisse bereichert und ergänzt. Die Kosten müsse "wohl oder übel" die Gemeinde tragen, stellte die Bürgermeisterin fest. Mit all diesen Funden erschließt sich allerdings bereits heute ein facettenreiches Bild vom Leben unserer Vorfahren in diesem Abschnitt des Altmühltals.

DK

Sabine Lund