Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Gemeinplatz, der

Lesezeichen zitieren/teilen ausklappen
GrammatikSubstantiv (Maskulinum) · Genitiv Singular: Gemeinplatzes · Nominativ Plural: Gemeinplätze
Aussprache  [gəˈmaɪ̯nplaʦ]
Worttrennung Ge-mein-platz
Wortzerlegung gemein Platz
Wortbildung  mit ›Gemeinplatz‹ als Erstglied: Gemeinplätzigkeit
eWDG

Bedeutung

allbekannte, selbstverständliche Weisheit
Beispiele:
das Werk legte neue Thesen grundlegender Art vor, die seither Gemeinplätze des medizinischen Wissens geworden sind
er antwortete ausschließlich in Gemeinplätzen
Hauptmann als Dichter des sozialen Mitleids – das ist ein Gemeinplatz [ Th. Mann11,550]
abwertend abgegriffene Redensart
Beispiel:
»Jede Zeit«, lautet der flachste aller Gemeinplätze, »ist eine Übergangszeit.« [ TucholskyGanz anders51]
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
gemein · Gemeine · Gemeinde · Gemeinheit · gemeinsam · Gemeinsamkeit · Gemeinschaft · gemeinschaftlich · gemeinnützig · Gemeinplatz · Gemeinsprache · Gemeinwohl
gemein Adj. ‘gemeinsam, gemeinschaftlich, allgemein, gewöhnlich, niedrig gesinnt, niederträchtig, unfein, unanständig’. Das germ. Adjektiv ahd. gimeini ‘zuteil geworden, bestimmt, gemeinsam, gemeinschaftlich, allgemein, übereinstimmend, zugleich’ (8. Jh.), mhd. gemein(e) ‘zusammengehörig, gemeinschaftlich, allgemein, vertraut, bekannt, für alle eingerichtet, gewöhnlich, zur Masse gehörig, niedrig’, asächs. gimēni, mnd. gemēne, mnl. ghemēne, ghemeen, ghemein(e), nl. gemeen, auch ‘niedrig, niederträchtig’, afries. (ge)mēne ‘gemeinschaftlich’, aengl. gemǣne ‘allgemein, gemeinsam, gewöhnlich, niedrig’, engl. mean ‘gemein, gering, niedrig, schlecht’, got. gamains ‘gemeinsam, unheilig’ (germ. *ga-maini-) gehört wie lat. commūnis ‘gemeinsam, gemeinschaftlich, allgemein, gewöhnlich’ (s. Kommune, Kommunismus) als Präfixbildung zu den unter Meineid (s. d.) aufgeführten Substantiven mit n-Suffix und einer Grundbedeutung ‘Wechsel, Tausch’. gemein bedeutet danach ursprünglich ‘mehreren abwechselnd zukommend’, dann ‘mehreren in gleicher Art gehörig’, woraus sich ‘gemeinsam, gemeinschaftlich, allgemein’ entwickelt. Was mehreren oder vielen ‘gemeinsam’ ist, kann nicht ‘wertvoll’ oder ‘edel’ sein; gemein wird daher vom 15. Jh. an ‘einfach, gewöhnlich’ (der gemeine Mann, das gemeine Volk, der gemeine Soldat), im 19. Jh. auch verächtlich ‘niederträchtig, unanständig’ (gemeiner Schuft, Kerl). – Gemeine f. ‘Gemeinschaft, Gemeinde’, ahd. gimeinī (9. Jh.), mhd. gemeine, mnd. gemeine, gemēne, got. gamainei ‘Gemeinschaft’, abgeleitet von dem oben dargestellten Adjektiv. Im 19. Jh. weitgehend von Gemeinde abgelöst. Gemeinde f. ‘untere staatliche oder kirchliche Verwaltungseinheit und deren Bewohner bzw. Mitglieder, durch gleiche geistige oder religiöse Interessen verbundene Gemeinschaft, Gruppe von Menschen’, ahd. gimeinida ‘Gemeinde, Gemeinschaft’ (8. Jh.), mhd. gemeinde ‘Anteil, Gemeinschaft, gemeinschaftlicher Besitz, Menschen, mit denen man gemeinsam lebt, versammelte Menge’, asächs. gimēniða, mnd. gemēnde, mnl. ghemeente, ghemeinte, nl. gemeente, Ableitung mit dem Abstraktsuffix germ. -iþō, -iðō vom oben genannten Adjektiv. Gemeinheit f. ‘Niedertracht, Schlechtigkeit’ (Anfang 19. Jh.), mhd. gemeinheit ‘Gemeinschaft, der Gemeinde gehörender Grund und Boden’ (14. Jh.), im Sinne von ‘Gemeindegrund’ noch im 19. Jh., von ‘Gemeinschaft’ noch Anfang 20. Jh. Zum Ableitungssuffix s. -heit. gemeinsam Adj. ‘mehreren zugleich gehörend, für mehrere in gleicher Weise geltend, gemeinschaftlich, zusammen, miteinander’, ahd. gimeinsam (9. Jh.), mhd. gemeinsam; zum Ableitungssuffix s. -sam. Gemeinsamkeit f. ‘zusammengehörende Gruppe, Gemeinschaft, Zusammengehörigkeit’ (15. Jh.). Voraus gehen ahd. gimeinsamī ‘Gemeinschaft’ (um 800), mhd. gemeinsame, gemeinsamede. Gemeinschaft f. ‘sich durch etw. Gemeinsames verbunden fühlende Gruppe von Menschen, Zusammensein, Verbindung’, ahd. gimeinscaf (8. Jh.), mhd. gemeinschaft. gemeinschaftlich Adj. ‘eine Gemeinschaft betreffend, zu einer Gemeinschaft gehörig, gemeinsam, zusammen, miteinander’ (17. Jh.). gemeinnützig Adj. ‘dem Nutzen aller, der Allgemeinheit dienend’ (16. Jh.), ausgehend von mhd. der gemein nutz (14. Jh.). Gemeinplatz m. ‘allgemein bekannte, nichtssagende Redensart, Binsenweisheit’, von Wieland (1770) offensichtlich unter Einfluß von engl. commonplace gebildet und sich gegenüber Gemeinort, Gemeinsatz, Gemeinspruch durchsetzend als Übersetzung von lat. locus commūnis. Gemeinsprache f. ‘von einem Volk gemeinsam gesprochene, ihm gemeinsam zukommende Sprache’ (Campe 1807); vgl. gemeine teutsche Sprache (Luther). Gemeinwohl n. ‘Wohl aller, Nutzen für die Allgemeinheit’ (Ende 18. Jh.), wohl nach engl. commonweal für den älteren im Dt. üblichen Ausdruck das gemeine Gut; vgl. Gemeinwert (Herder 1780) für engl. commonwealth (ursprünglich gleichbed. mit commonweal).

Bedeutungsverwandte Ausdrücke

Allgemeinplatz · Banalität · Binsenwahrheit · Binsenweisheit · Floskel · Gemeinplatz · Gerede ohne tiefere Bedeutung · Klischee · Phrase · Plattitüde · Schlagwort · Sprachhülse · Stammtischweisheit · Trivialität · einfache Formel · leeres Gerede · nichts sagende Redensart · nichtssagende Redensart  ●  Platitude franz. · Sprechblase (journal.) fig. · (nur so ein) Spruch ugs. · Binse ugs. · flotter Sager ugs., österr. · flotter Spruch ugs. · leeres Stroh (dreschen) ugs. · sinnentleerte Chiffre geh.
Assoziationen

Typische Verbindungen zu ›Gemeinplatz‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Gemeinplatz‹.

Verwendungsbeispiele für ›Gemeinplatz‹

maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora

Wir alle nennen einen abgedroschenen Satz, der die Aufmerksamkeit gar nicht mehr zu erregen vermag, einen Gemeinplatz. [Mauthner, Fritz: Wörterbuch der Philosophie. In: Bertram, Mathias (Hg.) Geschichte der Philosophie, Berlin: Directmedia Publ. 2000 [1910], S. 26845]
Und du gewinnst nicht mit Ideen, du gewinnst mit Gemeinplätzen. [Die Zeit, 19.03.1998, Nr. 13]
Mit diesem Gemeinplatz scheine ich mich an dem Problem vorbeizumogeln. [Die Zeit, 02.08.1996, Nr. 32]
Es gehört zu den Gemeinplätzen einer nicht‑konservativen Interpretation der deutschen Geschichte seit 1789, daß es ihr an einer wirklichen Revolution gefehlt habe. [Der Spiegel, 17.07.1989]
Es ist kein Gemeinplatz, wenn man sagt, daß ohne die religiöse Aura die Preise ungleich geringer ausfallen würden. [Die Zeit, 11.03.1988, Nr. 11]
Zitationshilfe
„Gemeinplatz“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Gemeinplatz>.

Weitere Informationen …

Diesen Artikel teilen:

Worthäufigkeit

selten häufig

Wortverlaufskurve

Wortverlaufskurve 1600−1999
Wortverlaufskurve ab 1946

Geografische Verteilung

Bitte beachten Sie, dass diese Karten nicht redaktionell, sondern automatisch erstellt sind. Klicken Sie auf die Karte, um in der vergrößerten Ansicht mehr Details zu sehen.

Verteilung über Areale

Bitte beachten Sie, dass diese Karten nicht redaktionell, sondern automatisch erstellt sind. Klicken Sie auf die Karte, um in der vergrößerten Ansicht mehr Details zu sehen.

Weitere Wörterbücher

Belege in Korpora

Metakorpora

Referenzkorpora

Zeitungskorpora

Webkorpora

Spezialkorpora