Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

erheben

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GrammatikVerb · erhebt, erhob, hat erhoben
Aussprache 
Worttrennung er-he-ben
Wortzerlegung er- heben
Wortbildung  mit ›erheben‹ als Erstglied: erhebend · Erhebung
eWDG

Bedeutungen

1.
etw., jmdn. hochheben
a)
Beispiele:
das Glas, den Pokal (auf jmds. Wohl) erheben
der Dirigent erhebt den Stab
die Fahne erheben
bildlich
Beispiel:
gehobeneine Waffe gegen jmdn. erheben (= jmdn. bedrohen)
b)
etw. emporstrecken
Beispiele:
die Hand, den Arm (zum Gruß) erheben
die Schwurfinger erheben
häufig abwertendsie mahnte mit erhobenem Zeigefinger
ein Eichhörnchen mit erhobenem Schweif
gehoben erhobenen Hauptes (= stolz) schritt er vorüber
bildlich
Beispiele:
die Augen, den Blick (zu jmdm.) erheben
Und als die Jungfrau nun ihr Antlitz gegen ihn erhob [ Storm3,32]
übertragen
Beispiel:
die Reaktion erhebt (schon wieder) frech ihr Haupt
2.
sich erheben
a)
von seinem Sitzplatz, Lager aufstehen
Beispiele:
sich vorsichtig, schwerfällig, langsam, hastig, eilig, spontan erheben
sich vom Boden, Stuhl, Bett, von den Sitzen erheben
sich unter Protest, als Erster erheben
Als er sich aus der Verneigung erhob (= aufrichtete), sah er in zwei schöne blaue Augen [ TralowKepler144]
b)
aufsteigen
Beispiele:
das Flugzeug, der Ballon erhebt sich vom Erdboden
der Adler, die Lerche erhebt sich in die Lüfte
sich mit einem Flugzeug über die Erde erheben
gehobendie Sonne, der Mond erhebt sich (= geht auf)
die Bahnstation / Ist erfüllt von dem Summen der Stechmücken, dicker Wolke / Die sich erhebt aus dem Sumpf [ BrechtGedichte152]
c)
aufragen
Beispiele:
an den Ufern des Sees erheben sich hohe Berge, Hügel
vor uns erhob sich ein schwarzer Wald
aus, in der Ebene erhebt sich ein einsamer Baum, Fels
der Dom erhebt sich über das Häusermeer
3.
etw., jmdn., sich auf eine höhere Stufe heben
a)
Beispiele:
die Gemeinde hat mehrere Straßenzüge zu Schnellstraßen erhoben
eine Ortschaft zur Stadt erheben
einen Antrag zum Beschluss erheben
Mathematikeine Zahl zur Potenz, ins Quadrat erheben
man sollte zur Maxime erheben, daß jeder wissenschaftlich qualifizierte Jünger die Möglichkeit zur Habilitation bekommt [ Butenandt50 Jahre16]
übertragen
Beispiel:
Das junge Mädchen hatte die Gewohnheit, bei einer Frage niemals die Stimme zu erheben (= zu heben) [ Th. MannBuddenbrooks1,249]
b)
gehoben jmdn. in seinem Rang heben, erhöhen
Beispiel:
[dann] werden sie Euch vom Thron stoßen und einen Papst erheben, der … [ le FortPapst13]
mit Präposition
Grammatik: in Verbindung mit »an«
Beispiel:
jmdn. an die Macht, Regierung erheben
Grammatik: in Verbindung mit »auf«
Beispiel:
jmdn. auf den Thron erheben
Grammatik: in Verbindung mit »in«
Beispiel:
historischjmdn. in den (erblichen) Adelsstand erheben
Grammatik: in Verbindung mit »zu«, »zum«
Beispiele:
ein Mädchen zu seiner Gattin, Frau erheben
der König erhob den Prinzen zu seinem Thronfolger
wodurch der Bäckerssohn zum Range der Erzherzöge erhoben wurde [ Ric. HuchDreißigjähr. Krieg1,134]
c)
gehoben sich über etw. erhebenüber etw. hinauswachsen, etw. überwinden
Beispiele:
sich über die kleinen Sorgen des Alltags, sein Leid, seinen Schmerz erheben
er [Platon] sucht, sich über das Gezänk erhebend, das Erkennen der Dinge im Auffinden ihrer Gattung [ KronasserSemasiologie25]
der Witz seiner Toaste erhob sich über das Durchschnittsniveau [ Th. MannBuddenbrooks1,372]
sich zu etw. erhebenzu etw. aufsteigen
Beispiele:
sich zu menschlicher Größe, hohem Rang erheben
Wir erheben uns von der Ansicht der Natur zu der Betrachtung des Menschen [ Chamisso3,345]
gehoben, abwertend sich über jmdn. erhebensich besser dünken als jmd., sich überheben
Beispiele:
wieder andere erhoben sich über ihn, als wäre er ein Hund [ ZahnIndergand110]
der Erzbischof Guido von Vienne, welcher sich einst über ihn erhoben hat [ le FortPapst206]
4.
gehoben jmdn., etw., sich in gehobene Stimmung versetzen, erbauen
Beispiele:
ihre Liebe, Zuneigung erhebt ihn
der Dichter hat seine Leser erhoben
nur die Musik kann mich noch erheben
sie gingen erhoben aus der Feier
um … Tausende dadurch [durch die Predigten] zu rühren und zu erheben [ RaabeHungerpastorI 1,645]
die Leute wollen doch schließlich Kunst genießen, sich erheben, erbauen [ Borchert167]
5.
veraltend, gehoben jmdn., etw. preisen, loben
Beispiele:
einen Künstler erheben
Religionden Herrn erheben
in den wunderbarsten kunstvollsten Gleichnissen und Wendungen die Dame Mathilde zu erheben [ E. T. A. Hoffm.Serapionsbrüder3,364]
nicht dankbar genug [vermag ich] zu erheben, wie dieser außerordentliche Geist für einen jeden von uns Pläne und Fingerzeige in Bereitschaft hatte [ Th. MannKrull8,334]
6.
sich erhebenaufstehen, sich empören
Beispiele:
das Volk erhebt sich gegen seine Unterdrücker, Ausbeuter
die Massen, Unterdrückten erheben sich
sich zum Kampf, wie ein Mann erheben
Gegen den einen Mann … hatte sich nun fast ganz Europa erhoben [ Stifter1,465]
7.
etw. fordern, verlangen, einziehen
Beispiele:
Abgaben, neue Steuern, Gelder, Zölle erheben
wir erheben einen Mitgliedsbeitrag, ein Eintrittsgeld von 5 Euro
8.
süddeutsch, österreichisch, papierdeutsch etw. (amtlich) feststellen
Beispiele:
den vom Hochwasser verursachten Schaden genau erheben (lassen)
die bisher erhobenen Details, Beweise, Tatsachen reichen noch nicht aus
Ich hab dann daran gedacht, erheben zu lassen, welche Bücher am meisten gelesen werden [ MusilMann381]
9.
gehoben etw. erhebt sichetw. beginnt, fängt an
Beispiele:
ein Sturm, Donner, Jubel, Lärm, ein Geschrei erhebt sich
unter ihnen hatte sich (ein) Streit erhoben
hier erhebt sich (= entsteht) eine Frage, ein Widerspruch
ein schreckliches Wimmern und Stöhnen erhob sich [ Kisch1,203]
Bei mancherlei, was W. vorbringt, erhebt sich unwillkürlich das Gefühl, daß … [ KronasserSemasiologie60]
etw. erhebenetw. beginnen, anfangen
Beispiele:
einen Lärm erheben
Frau Lieser wird ein schönes Geschrei erheben [ RemarqueZeit zu leben230]
10.
etw. geltend machen, vorbringen
Beispiele:
Vorwürfe, diplomatische Vorstellungen, Protest, Einwände, Beanstandungen erheben
eine Beschwerde, Anklage, Beschuldigung (gegen jmdn.) erheben
gegen etw. Einspruch erheben
einen Anspruch (auf etw.) erheben
eine Forderung erheben
gehoben einen Ruf, seine Stimme erheben
Beispiel:
Es werde wahrscheinlich noch einige Zeit dauern, bis Deutschland seine Stimme wieder erheben könne [ L. Frank2,264]
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
heben · erheben · erheblich
heben Vb. ‘etw. in die Höhe bewegen’. Das stark flektierende, zu den j-Präsentien gehörende Verb ahd. heffen ‘(er)heben, nehmen, setzen, höherstellen, (be)treiben, sich erheben, sich aufmachen’ (8. Jh.), mhd. heben, heven, nhd. heben (mit Angleichung an die durch grammatischen Wechsel b aufweisenden Präteritalformen, vgl. ahd. huob, gihaban), asächs. hebbian, heffian, mnd. hēven, heffen, mnl. nl. heffen, aengl. hebban, engl. to heave, anord. hefja, schwed. häva, got. hafjan gehört mit haben, -haft, 1Haft, 1Heft und griech. káptein (κάπτειν) ‘schnappen, schlucken’, lat. capere ‘nehmen, fassen, ergreifen’, lett. (nasaliert) kàmpt ‘fassen, greifen’ zur Wurzel ie. *kap- ‘fassen’. Die alte Bedeutung ‘fassen, packen’ ist erhalten in Habicht (s. d.). – erheben Vb. ‘in die Höhe heben, emporstrecken’, reflexiv ‘aufstehen, sich empören’, ahd. irheffen ‘emporheben, gären machen’ (8. Jh.), mhd. erheben, auch ‘zuoberst stellen, mit getriebener Arbeit (Ziselierung) verzieren’ (s. erhaben). erheblich Adj. ‘beträchtlich, schwerwiegend, groß’ (16. Jh.).

Bedeutungsverwandte Ausdrücke


Assoziationen

(Daten) erfassen · (Daten) erheben · anhäufen · sammeln · stapeln · zusammenstellen · zusammentragen  ●  kompilieren fachspr.
Unterbegriffe

(sich) erheben · aufschwingen · aufsteigen · fliegen · gleiten · schweben · segeln
Unterbegriffe
Assoziationen

(den) Platz freimachen · (sich) von den Plätzen erheben · (sich) von seinem Platz erheben · (vom Stuhl) aufstehen · vom Platz aufstehen  ●  (den) Hintern anlüften ugs., ironisch · (sich) erheben geh. · (sich) hinstellen ugs. · (sich) stellen ugs.
Assoziationen
  • (das) Feld räumen · (den) Platz freigeben · (den) Platz freimachen · (den) Platz räumen · (den) Platz verlassen  ●  (einen oder mehrere Plätze) weiterrücken ugs.
  • (sich) auf die Füße stellen · (sich) hinstellen · (sich) hochkämpfen · (sich) hochrappeln · auf die Beine kommen · auf die Füße kommen · aufstehen · hochkommen  ●  in die Senkrechte kommen ugs., scherzhaft
  • (das) Bett verlassen · aufstehen · aus dem Bett aufstehen · aus dem Bett springen · aus den Federn kriechen · aus den Federn müssen · herausmüssen  ●  rausmüssen ugs.
Antonyme

adeln · aufwerten · auszeichnen · erheben · heben · höhere Weihen erteilen · verbessern · veredeln · verfeinern  ●  upgraden engl. · nobilitieren geh.
Oberbegriffe
Assoziationen

(Daten) erheben · (per Fragebogen) ermitteln · abfragen
Assoziationen

Typische Verbindungen zu ›erheben‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›erheben‹.

Verwendungsbeispiele für ›erheben‹

maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora

Jeder sah beim Heben des Arms die erhobenen Arme der anderen an. [Müller, Herta: Herztier, Reinbek: Rowohlt 1994, S. 29]
Mit erhobenen Händen näherten sie sich dem nächsten russischen Posten. [Plievier, Theodor: Stalingrad, München u. a.: Desch 1973 [1946], S. 318]
Auf diesen Schlitten erscheinen Personen, zuweilen mit erhobenen Armen, manchmal mit Beilen in den Händen, manchmal Hörner blasend. [Pittioni, Richard: Der urgeschichtliche Horizont der historischen Zeit. In: Mann, Golo u. a. (Hgg.) Propyläen Weltgeschichte, Berlin: Directmedia Publ. 2000 [1961], S. 877]
Dieses Argument stellt eine grundsätzliche Kritik an der Auslegung semiprospektiv erhobener Daten dar. [Ringel, Erwin u. Frischenschlager, Oskar: Psychoonkologie. In: Asanger, Roland u. Wenninger, Gerd (Hgg.) Handwörterbuch Psychologie, Berlin: Directmedia Publ. 2000 [1980], S. 28856]
Diese kommen dann zu den bisher schon erhobenen Abgaben hinzu. [C’t, 2001, Nr. 18]
Zitationshilfe
„erheben“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/erheben>.

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