Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

zerstreuen

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GrammatikVerb · zerstreut, zerstreute, hat zerstreut
Aussprache 
Worttrennung zer-streu-en
Wortzerlegung zer- streuen
Wortbildung  mit ›zerstreuen‹ als Erstglied: Zerstreuung  ·  mit ›zerstreuen‹ als Grundform: zerstreut
eWDG

Bedeutungen

1.
etw. streuend verteilen
Beispiele:
Heu zum Trocknen zerstreuen
Asche in alle Winde zerstreuen
der Herbstwind hat die Blätter zerstreut
bildlich
Beispiele:
seine ehemaligen Mitschüler waren nun in alle Welt zerstreut
Insekten dieser Art sind über die ganze Welt zerstreut (= verbreitet)
die Bauernhäuser lagen zerstreut (= vereinzelt, hier und da anzutreffen) in der Hochebene
die Polizei zerstreute die neugierige Menge (= die Polizei sorgte dafür, dass die Menschen auseinandergingen)
Optikdas Licht wird durch die Staubteilchen in der Luft zerstreut (= in verschiedene Richtungen gelenkt)
Optik zerstreutes (= diffuses) Licht
Optikeine sammelnde und eine zerstreuende Linse
Menschen zerstreuen sichMenschen gehen auseinander, verlaufen sich
Beispiel:
nach dem Fußballspiel zerstreuten sich die Zuschauer
übertragen
Beispiele:
jmds. Argwohn, Misstrauen, Verdacht, Zweifel, Besorgnisse, Befürchtungen zerstreuen (= beseitigen)
alle Bedenken hatten sich zerstreut (= hatten sich als unbegründet erwiesen)
2.
jmdn. unterhalten, um ihm die Zeit zu vertreiben, ihn abzulenken, zu entspannen
Beispiel:
sie wollte ihn durch ihr Klavierspiel zerstreuen
sich zerstreuen
Beispiel:
sich beim Fernsehen, im Kino, Theater, mit Schachspielen zerstreuen
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
streuen · Streu · Streusel · zerstreuen · zerstreut · Zerstreuung · Zerstreutheit
streuen Vb. ‘werfend gleichmäßig ausbreiten’, ahd. strewen, strouwen (8. Jh.), mhd. strewen, ströuwen, ströun, strouwen, streun ‘niederstrecken, zu Boden werfen, (aus)streuen, -schütten, vergießen, ausbreiten, zerstreuen, verbreiten, bedecken’, asächs. strōian, streuwian, mnd. ströu(w)en, mnl. strōien, strouwen, nl. strooien, afries. strēwa, aengl. strewian, streowian, engl. to strew, anord. strā (statt *streyja, Neubildung zum schwach gebildeten Prät. strāða), schwed. strö, got. straujan (germ. *straujan) führt mit lat. struere (strūctum) ‘schichten, über-, aneinanderlegen, aufbauen’, struēs ‘Haufen, Menge’ auf ie. *streu-, Erweiterung der Wurzel ie. *ster(ə)-, *strē-, *stru- ‘ausbreiten, (aus)streuen’, wozu (mit Nasalpräsens) aind. stṛṇā́ti ‘streut (hin), bestreut, wirft hin’, stṛṇṓti ‘streckt nieder, unterwirft, besiegt’, griech. stornýnai (στορνύναι) ‘hinbreiten, ausbreiten, ein Bett machen, ebnen, bahnen, ausstreuen, bestreuen’, lat. sternere ‘hinbreiten, streuen, ebnen, bedecken’, air. sernim ‘breite aus’ sowie (ohne Nasal) aslaw. prostrěti, russ. prosterét’ (простереть) ‘ausbreiten, ausdehnen’. Verwandt sind u. a. die unter Strahl, Stirn, streichen, Streifen, Stroh behandelten Wortgruppen. Im Nhd. hat sich aus einer Vielzahl mundartlicher Formen streuen durchgesetzt. Zur Bedeutungsentwicklung von ‘ausbreiten’ zu ‘verteilend auswerfen’ vgl. Pfeifer in: PBB 82 (1960) 132 ff. Streu f. ‘das Hingestreute, Material zum Unterstreuen, Stallstroh’, Bildung auf ī zum Verb, mhd. ströuwe, strewe, ströu; vgl. ahd. gistrewi, gistrouwi (8. Jh.). Streusel m. n. ‘Klümpchen aus Mehl, Butter und Zucker, auf Kuchen gestreut’ (19. Jh.; dazu Streuselkuchen, ebenfalls 19. Jh.), mundartlich und in der bäuerlichen Umgangssprache gleichbed. mit Streu, Deverbativum mit dem Suffix -sal, -sel (s. d.); vgl. mnd. strouwelse. zerstreuen Vb. ‘auseinanderstreuen, -jagen’, mhd. zerströuwen, -ströun. Übertragener Gebrauch der Mystik daʒ gemüet, herze zerströuwen ‘die Seele von der Gemeinschaft mit Gott ablenken’ geht im 15. Jh. auf Störungen des seelischen Gleichgewichts über, wird jedoch in mystisch-religiösem Sinne vom Pietismus übernommen. Zu Anfang des 18. Jhs. entwickelt sich daraus jmdn., sich zerstreuen ‘ablenken, vergnügen’, beeinflußt von zerstreut Part.adj. (15. Jh.), das Anfang des 18. Jhs., wohl in Anlehnung an frz. distrait, die Bedeutung ‘unaufmerksam, durch fremde Eindrücke abgelenkt, unkonzentriert’ annimmt. Zerstreuung f. ‘Ablenkung, Vergnügen, Zeitvertreib’ (18. Jh.), zuvor ‘das Auseinanderwerfen, -treiben, Auflösen’, spätmhd. zerströuwunge ‘Uneinigkeit’. Zerstreutheit f. ‘Unaufmerksamkeit, Unkonzentriertheit’ (18. Jh.), vereinzelt ‘Abgesondertheit, Isoliertheit’ (19. Jh.).

Bedeutungsverwandte Ausdrücke

isolieren · separieren · trennen · vereinzeln · zerstreuen · zerteilen
Assoziationen

auseinander jagen · auseinander treiben · zerstreuen
Assoziationen

(jemanden/sich) ablenken · (sich) zerstreuen · auf andere Gedanken bringen
Assoziationen

(sich) auflösen (Menschenmenge) · (sich) zerstreuen

auseinander treiben · zerstreuen

(sich) zerstreuen · auseinandergehen  ●  (sich) verlaufen ugs.
Assoziationen

Typische Verbindungen zu ›zerstreuen‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›zerstreuen‹.

Verwendungsbeispiele für ›zerstreuen‹

maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora

Nachträglich erkannte er, daß die Mutter gestern alles darangesetzt hatte, ihn zu zerstreuen. [Seidel, Ina: Das Wunschkind, Frankfurt a. M. u. a.: Ullstein 1987 [1930], S. 1044]
Darauf zerstreuten sich alle nach allen Richtungen ins tiefe Dunkel. [Stehr, Hermann: Der Heiligenhof, München: List 1952 [1918], S. 344]
Sie hätten nicht ausgereicht, die israelischen Bedenken gegen das Papier zu zerstreuen. [Archiv der Gegenwart, 2001 [1971]]
In hektischer Arbeit versucht das Unternehmen derzeit, die zahllosen Bedenken zu zerstreuen. [Die Zeit, 16.04.2008, Nr. 17]
Um nicht ins Grübeln zu verfallen, suchte ich mich zu zerstreuen. [Blos, Wilhelm: Denkwürdigkeiten eines Sozialdemokraten, Bd. 1. In: Simons, Oliver (Hg.) Deutsche Autobiographien 1690-1930, Berlin: Directmedia Publ. 2004 [1914], S. 1118]
Zitationshilfe
„zerstreuen“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/zerstreuen>.

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