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20.000 Elefanten Botswanas "Angebot" macht unser gespaltenes Verhältnis zu Wildtieren sichtbar

Elefanten an an einem kleinen See
Nett, solange sie nicht im Vorgarten rumstehen: Afrikanische Elefanten, hier in Botswana
© Suzi Eszterhas / nature picture library / mauritius images
Für Heiterkeit und Verärgerung sorgte jüngst die Ankündigung des Präsidenten von Botswana, der deutschen Regierung 20.000 Elefanten zu schenken. Das klingt zwar absurd, wirft aber ein Schlaglicht auf unsere schwierige Einstellung zu großen Wildtieren

Eines muss man dem botswanischen Präsidenten Mokgweetsi Masisi lassen: Mit seinem "Angebot", der deutschen Regierung 20.000 afrikanische Elefanten zu schenken – eine Reaktion auf die Haltung des Bundesumweltministeriums zur Trophäenjagd –, hat er einen wunden Punkt getroffen. Allerdings ganz anders, als viele glauben, die jetzt auch in der deutschsprachigen Presse in das Geheul von "grüner Ideologie" und "Neokolonialismus" einstimmen.

Offensichtlich ist, dass Deutschland für 20.000 Elefanten weder über geeignete Lebensräume noch über ein artgerechtes Klima verfügt. Doch die "Idee" des Präsidenten wirft – ohne es auszusprechen – ein Schlaglicht auf die zumindest ambivalente Haltung der Deutschen zu großen Wildtieren.

Während wir es hierzulande als irgendwie selbstverständlich ansehen, dass die Menschen in afrikanischen Ländern mit riesigen, freilaufenden und potenziell aggressiven Tieren einvernehmlichen Umgang pflegen (Tipps für die friedliche Koexistenz von Mensch und Tier inklusive), werden große Wildtiere in Deutschland, die einst das ganze heutige Staatsgebiet durchstreiften und irgendwann ausgerottet wurden, entweder argwöhnisch beäugt, sobald sie die Grenze überqueren. Oder gleich erschossen, siehe den "Problembären" Bruno.

Weder gibt es eine allgemeine Bereitschaft, Wildtiere als "normale" Mitbewohner in unserer Umgebung zu akzeptieren, noch erscheint die inzwischen komplett nach menschlichen Bedürfnissen gerasterte und gestaltete, von Autobahnen zerschnittene Agrowüste dazu geeignet.

Wildtiere in Deutschland? Nur, wenn sie sich unauffällig verhalten

Im Rothaargebirge scheiterte gerade der Versuch, Wisente als freie Mitgeschöpfe zu etablieren. Forderungen werden lauter, streng geschützte Wölfe, die seit der Jahrtausendwende nach Deutschland zurückkehren, zum Abschuss freizugeben. Der Elch reißt zwar keine Schafe, könnte aber, falls er in Deutschland ansässig werden wollte, schon bald als Forst- und Klimaschädling diffamiert werden – weil er sich mit Vorliebe vom zarten Grün der Laubbäume ernährt.

Wildtiere, so könnte man meinen, haben in Deutschland nur dann eine Chance, wenn sie sich unauffällig verhalten, nichts kaputtmachen und keine potenzielle Bedrohung für Menschen darstellen. Also zum Beispiel auf der Straße herumstehen.

Der botswanische Präsident irrt zwar, wenn er glaubt, Deutschland wolle seinem Land irgendetwas vorschreiben. Deutschland kann Botswana die Trophäenjagd gar nicht verbieten. Richtig ist lediglich, dass die Bundesregierung auf EU-Ebene Gespräche führt, um sicherzustellen, dass Einfuhrgenehmigungen für Jagdtrophäen nur nach vorheriger Prüfung auf nachhaltige oder möglicherweise illegale Jagd erteilt werden. Das kann man kaum übergriffig nennen.

Nebenbei bemerkt, ist das Argument, die koloniale Praxis der Trophäenjagd diene nicht nur dem Artenschutz, sondern auch der lokalen Bevölkerung, zumindest umstritten – selbst innerhalb der wichtigsten Naturschutzorganisation, der IUCN. Man darf getrost unterstellen, dass es in der Debatte nicht nur um Fakten geht, sondern immer auch darum, die eigene, persönliche Haltung (für oder gegen das Töten und das Geschäft mit dem Töten) mit einem wissenschaftlichen Anstrich zu versehen.

Nein, die Primatenforscherin und UN-Botschafterin Jane Goodall sagt zu Recht: "Die Tage des großen weißen Jägers sind vorbei." Wo Masisi allerdings recht hat, ohne es erwähnt zu haben: Wir haben gut reden. Da muss man gar nicht bis nach Afrika schauen. Während im EU-Land Rumänien 8000 nach EU-Recht geschützte Braunbären frei herumlaufen (und auch Menschen töten), dulden die Deutschen nicht einmal einen einzigen. Der Aprilscherz aus Afrika könnte ein Anlass sein, über dieses Missverhältnis nachzudenken.

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