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Natur verstehen Warum die Nachtigall nachts singt

Natur verstehen: Warum die Nachtigall nachts singt
© Luscinia megarhynchos / mauritius images
Optisch mag der beliebte Vogel eher schlicht daherkommen, doch umso betörender ist sein Gesang. Der steigert sich vor allem in der Dunkelheit zu virtuoser Kunst

So bezaubernd klingt der Gesang der Nachtigallen in den Ohren der Menschen, dass unsere Vorfahren an seine heilenden Kräfte glaubten: Angeblich konnte er Schmerzen lindern, Fieber senken und einen sanften Tod bescheren. Auch die Assoziation mit der Liebessehnsucht ist uralt. Und zutreffend! Ornithologen haben herausgefunden: Tagsüber singen vor allem Nachtigallenpaare sowie Männchen, die lautstark ihr Revier verteidigen.

Doch der berühmte Nachtgesang der Nachtigall wird nur von einem Junggesellen intoniert, der ein paarungswilliges Weibchen für sich gewinnen will — und das ist meist zwischen Mitternacht und vier Uhr aktiv. In der Zeit besucht es mehrere Reviere, lauscht dem Repertoire der Sänger und lässt sich nur vom talentiertesten Darsteller überzeugen, sich mit ihm zu paaren. 

Dem Männchen dürfte die nächtliche Bühne mehr als gelegen kommen. Schließlich kann es in der Dunkelheit ungestört von anderen Vögeln trällern (die sich im Frühling erst in den frühen Morgenstunden bemerkbar machen) und so die gesamte Aufmerksamkeit auf sich und seinen Gesang lenken. Und der hat es in sich: Bis zu 260 unterschiedliche Strophen beherrscht ein geübter Sänger — Rekord im Vogelreich. 

Der weiche, wehmütige Klang mag auch so manchen menschlichen Nachtschwärmer betören

Zu diesen meist zwei bis vier Sekunden dauernden Variationen, unterbrochen von künstlerischen Pausen, gehören hartes Schmettern, viele kurze und lange Pfeif- und Trillerstrophen sowie leise beginnende und dann lauter werdende Reihen gezogener Flötentöne. Vor allem der weiche, wehmütige Klang und das meisterhafte Crescendo bei diesem Schluchzen betören auch manchen menschlichen Nachtschwärmer.

Zu hören ist die virtuose Kunst bis in den Juni. Wenn die Brutsaison beendet ist, stellen die Nachti­gallen das Singen ein — und ihr nächtliches Schluchzen verstummt. 

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