Inhalt

LArbG München, Urteil v. 24.05.2023 – 5 Sa 37/23
Titel:

Altersteilzeit - Keine Veränderung arbeitsvertraglicher Festlegungen durch den Bezug von Krankengeld

Normenkette:
Tarifvertrag Altersteilzeitarbeit für das Bodenpersonal zwischen dem Arbeitgeberverband Luftverkehr e.V. (AGVL) und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) vom 16.12.2020
Leitsätze:
1. Sozialversicherungsrechtlich privilegierte Altersteilzeit und arbeitsvertraglich vereinbarte Altersteilzeit sind voneinander zu unterscheiden. Eine Verschiebung der sozialversicherungs-rechtlich privilegierten Altersteilzeitwegen des Bezugs von Krankengeld zu Beginn der Arbeitsphase führt regelmäßig nicht dazu, dass die arbeitsrechtlich vereinbarte Altersteilzeit Unmöglichkeit eintritt oder die Geschäftsgrundlage wegfällt und deshalb die Vereinbarung unwirksam wird. Vielmehr ist es zumutbar, eine aufgetretene Störung durch eine Vertragsanpassung aufzufangen. (Rn. 35 und 40)
2. Der Tarifvertrag Altersteilzeitarbeit für das Bodenpersonal zwischen dem Arbeitgeberverband Luftverkehr e.V. (AGVL) und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) vom 16.12.2020 ist im Hinblick auf den Wortlaut des § 11 Abs. 2 dahingehend zu verstehen, dass es für den Stichtag des Auslaufens der Regelung auf die vertraglich vereinbarte Altersteilzeitarbeit spätestens am 01.01.2022 ankommt und nicht auf den Beginn der sozialversicherungsrechtlich privilegierten Altersteilzeit. Kann – wie im vorliegenden Fall – die sozialversicherungsrechtlich privilegierte Altersteilzeit nicht mit dem arbeitsvertraglich vereinbarten Zeitpunkt begonnen werden, führt dies nicht zur Unmöglichkeit der getroffenen Vereinbarung. Auch sollen von der tarifvertraglich vorgesehenen Stichtagsregelung keine Fallgestaltungen erfaßt werden, in denen die Vertragsparteien sich ursprünglich auf einen Beginn vor dem Ablaufdatum geeinigt haben und sodann auf Grund langanhaltender Krankheit die praktische Durchführung zeitweise nicht möglich war. (Rn. 43)
Nimmt der Altersteilzeitvertrag Bezug auf den TV-Altersteilzeitarbeit für das Bodenpersonal zwischen dem Arbeitgeberverband Luftverkehr e.V. (AGVL) und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) vom 16.12.2020, so ist das Bestehen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses zum geplanten Beginn der Altersteilzeit weder Voraussetzung für einen Altersteilzeitvertrag, noch auflösende Bedingung, wenn dieses nicht mehr vorliegen sollte. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Krankengeldbezug zu Beginn einer geplanten Altersteilzeit, Altersteilzeit, arbeitsvertraglich vereinbarte Altersteilzeit, Sozialversicherungsrechtlich privilegierte Altersteilzeit, Krankengeldbezug, Stichtagsregelung, Vertragsanpassung, Unmöglichkeit
Vorinstanz:
ArbG München, Endurteil vom 15.12.2022 – 6 Ca 1851/22
Fundstelle:
BeckRS 2023, 20689

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 15.12.2022, Az. 6 Ca 185/12 wird auf Kosten der Beklagte zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über einen Anspruch des Klägers auf Beschäftigung entsprechend den Bedingungen des Vertrages über Altersteilzeit vom 26.04.2021.
2
Der am …1963 geborene Kläger ist bei der Beklagten – einem weltweit tätigen Luftfahrtunternehmen – seit dem 01.02.1986, zuletzt als Production Support am Standort B-Stadt mit 30 Stunden in der Woche und einer Bruttomonatsvergütung von € 4.739.55 beschäftigt. Die Beklagte schloss mit dem Kläger am 26.04.2021 einen Altersteilzeit-Arbeitsvertrag (Bl. 15 ff. d. A.), der u.a. folgenden Reglungen enthält:
„1. Beginn und Dauer der Altersteilzeitarbeit
Der zwischen … und Herrn A. bestehende Arbeitsvertrag wird unter Abänderung und Ergänzung ab dem 01. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2026 auf der Grundlage von Altersteilzeitarbeit fortgeführt.
Im Übrigen gelten die Bestimmungen des bisherigen Arbeitsvertrages unverändert fort.
(…)
3. Arbeitszeit
Die Arbeitszeit beträgt ab dem Beginn der Altersteilzeitarbeit im Jahresdurchschnitt die Hälfte der bisherigen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit. Danach beträgt die rechnerische wöchentliche Grundarbeitszeit während der Altersteilzeit 15 Stunden.
Hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit für den gesamten dem Altersteilzeitvertrag zugrunde liegenden Zeitraum wird mit Herrn A. folgende Vereinbarung getroffen:
Arbeitsblock vom 01. Januar 2022 bis zum 30. Juni 2Freizeitblock vom 01. Juli 2024 bis zum 31. Dezember Die Arbeitszeit verteilt sich während des Arbeitsblocks gemäß des für Herrn A. geltenden Dienst-/Schichtplan.
4. Vergütung
Herr A. erhält für die Dauer der Altersteilzeitarbeit die Vergütung nach Maßgabe der gemäß Ziffer 3 reduzierten Arbeitszeit. Die Vergütung ist unabhängig von der Verteilung der Arbeitszeit fortlaufend für die gesamte Dauer dieses Vertrages zu zahlen.
Berechnungsgrundlage für die monatliche Grundvergütung ist das Verhältnis der vereinbarten wöchentlichen Grundarbeitszeit während der Altersteilzeit zur tariflichen Vollarbeitszeit. Die tarifliche monatliche Vollzeitvergütung beträgt derzeit 4.739,55 EUR.
Ihre monatliche Vergütung ändert sich danach wie folgt:
„Grundvergütung 1.895,82 EUR brutto
FunkZul. Technik § 5,4 …24,00 EUR brutto Gesamtvergütung 1.919,82 EUR brutto Sonstige Vergütungsbestandteile werden zeitanteilig gekürzt, sofern nicht etwas anderes bestimmt ist.“
Das Urlaubsgeld, der Zuschlag zum Urlaubsgeld einschließlich des gegebenenfalls zu zahlenden Erhöhungsbetrages und das Weihnachtsgeld werden während der Dauer der Altersteilzeit in jedem Kalendermonat zu einem Zwölftel ausgezahlt.
5. Aufstockungsleistungen
Zusätzlich zur Vergütung nach Ziffer 4 erhält Herr A. während der Altersteilzeitarbeit – ebenfalls unabhängig von der Verteilung der Arbeitszeit – von … fortlaufende monatliche Aufstockungsleistungen nach Maßgabe des § 6 des Tarifvertrages Altersteilzeitarbeit.
6. Abfindung
Als Entschädigung für die sich aus der Altersteilzeit ergebenden materiellen Folgen, insbesondere für den Verlust des Arbeitsplatzes, erhält Herr A. eine pauschale Abfindung in Höhe von 50.000,00 EUR brutto. Diese wird Herrn A. zusammen mit der laufenden Vergütung im Monat nach Ablauf der Hälfte der vereinbarten Altersteilzeit ausgezahlt.
7. Arbeitsunfähigkeit
Im Falle krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit während des Arbeitsblocks leistet … Vergütungsfortzahlung nach den für das Arbeitsverhältnis jeweils geltenden Bestimmungen. Diese Fortzahlung erstreckt sich auch auf die Aufstockungsleistungen gemäß Ziffer 5.
Während des Freizeitblocks erhält Herr A. Entgelt auf Grund seiner Vorleistung während des Arbeitsblocks, unabhängig davon, ob er arbeitsfähig ist oder nicht. Er hat keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung oder Entgelt ersetzende Leistungen.
(…)
10. Ende der Altersteilzeitarbeit
Die Altersteilzeitarbeit von Herrn A. endet am 31. Dezember 2026, spätestens jedoch, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund arbeitsvertraglicher, tariflicher oder gesetzlicher Vorschriften endet.
Mit Ende der Altersteilzeitarbeit endet auch das gesamte Arbeitsverhältnis von Herrn A. mit …, ohne dass es einer Kündigung oder eines sonstigen Beendigungsgrundes bedarf.
Im Übrigen bleibt das Recht zur Kündigung nach den gesetzlichen, tariflichen oder einzelvertraglichen Bestimmungen unberührt.
Im Falle der vorzeitigen Beendigung der Altersteilzeitarbeit erstattet … die etwaige Differenz zwischen dem Entgelt, das Herr A. ohne Eintritt in die Altersteilzeit für die tatsächliche Beschäftigung erzielt hätte und den ausgezahlten Leistungen (ATZ-Entgelt und Aufstockungsbetrag).
(…)“
3
Auf das Arbeitsverhältnis findet zudem der Tarifvertrag Altersteilzeitarbeit für das Bodenpersonal zwischen dem Arbeitgeberverband Luftverkehr e.V. (AGVL) und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) vom 16.12.2020 (Bl. 17 ff. d.A.) Anwendung. Hierin heißt es auszugsweise:
„§ 2 Begriff der Altersteilzeitarbeit Altersteilzeitarbeit im Sinne dieses Tarifvertrages ist die auf einer Änderung des Arbeitsvertrages beruhende bis zu 6 Jahren vereinbarte Reduzierung der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit, die sich zumindest auf den Zeitpunkt erstrecken muss, bis eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann. Wird ein Altersteilzeitarbeitsvertrag vereinbart, nach dem das Arbeitsverhältnis zum frühestmöglichen Zeitpunkt für einen gesetzlichen Renteneintritt endet, kann dies mit Rentenabschlägen für den Mitarbeiter einhergehen. Für Mitarbeiter mit Schwerbehinderung gelten hierbei besondere gesetzliche Regelungen.
§ 3 Voraussetzungen zur Inanspruchnahme von Altersteilzeitarbeit Mit allen Mitarbeitern, die das 55. Lebensjahr vollendet und innerhalb der letzten fünf Jahre mindestens 1080 Kalendertage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch gestanden haben, kann Altersteilzeitarbeit vereinbart werden, sofern sie ihre Arbeitszeit auf die Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit im Sinne des Altersteilzeitgesetzes reduzieren. Ein allgemeiner Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages besteht nicht.
§ 4 Verteilung der Arbeitszeit
Der Altersteilzeitvertrag kann unterschiedliche wöchentliche Arbeitszeiten oder eine unterschiedliche Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit vorsehen, wenn die wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt eines Zeitraums von bis zu 6 Jahren die Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit im Sinne des Altersteilzeitgesetzes nicht überschreitet und der Mitarbeiter versicherungspflichtig beschäftigt im Sinne des Dritten Buches Sozialgesetzbuch ist.
(…)
§ 6 Aufstockungsleistungen
(1) Zusätzlich zur Vergütung nach § 5 werden von der Gesellschaft Aufstockungsleistungen in Form eines Aufstockungsbetrages (Abs. 2) und Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung (Abs. 3) gezahlt.
(2) Das Regelarbeitsentgelt im Sinne des § 6 Abs. 1 Altersteilzeitgesetz für die Altersteilzeitarbeit wird um 25 vom Hundert aufgestockt. Entgeltbestandteile, die nicht laufend gezahlt werden, sind nicht berücksichtigungsfähig. Bestandteile des Arbeitsentgelts, die für den Zeitraum der vereinbarten Altersteilzeitarbeit nicht vermindert werden, bleiben bei der Aufstockung außer Betracht.
(3) Die Gesellschaft entrichtet für den Mitarbeiter in Altersteilzeitarbeit zusätzlich Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, mindestens in Höhe des Betrages, der auf 80% des Regelarbeitsentgelts für die Altersteilzeitarbeit nach § 6 Abs. 1 des Altersteilzeitgesetzes für die Altersteilzeitarbeit gemäß § 5 dieses Tarifvertrages, begrenzt auf den Unterschiedsbetrag zwischen 90% der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze und dem Regelarbeitsentgelt, entfällt, höchstens bis zur Beitragsbemessungsgrenze.
(4) Bezieht der Mitarbeiter Krankengeld und liegt der Bemessung dieser Leistung ausschließlich die Altersteilzeitarbeit zugrunde oder bezieht der Mitarbeiter Krankentagegeld von einem privaten Krankenversicherungsunternehmen, so wird ihm auch der Aufstockungsbetrag gem. § 6 Abs. 2 gezahlt.
(5) Während der Dauer einer Altersteilzeitbeschäftigung wird das – ohne Berücksichtigung des Aufstockungsbetrages – reduzierte, nach dem Tarifvertrag „… Rente Boden“ in seiner jeweils geltenden Fassung anrechenbare beitragsfähige Einkommen für die Berechnung der Arbeitgeberbeiträge aus dem Tarifvertrag „… Rente Boden“ mit dem Faktor 1,8 erhöht.
(…)
§ 11 In-Kraft-Treten und Vertragsdauer
(1) Dieser Tarifvertrag tritt zum 01.12.2020 in Kraft.
(2) Der Tarifvertrag tritt mit Ablauf des 01.01.2022 außer Kraft. Für Mitarbeiter, deren vertraglich vereinbarte Altersteilzeitarbeit spätestens an diesem Tag beginnt, gelten seine Regelungen bis zur Beendigung der Altersteilzeitarbeit fort. Im Übrigen entfaltet dieser Tarifvertrag keine Nachwirkung.“
4
Der Kläger war sodann ab dem 04.10.2021 bis einschließlich 03.04.2022 arbeitsunfähig erkrankt und bezog ab dem 15.12.2021 Krankengeld, das durchgehend nach seiner früheren Vergütung berechnet war. Ab dem 21.02.2022 befand er sich in Wiedereingliederung. Ab dem 04.04.2022 war der Kläger wieder in vollem Umfang arbeitsfähig und im Umfang von 30 Stunden pro Woche tätig. Im Zeitraum vom 04.04.2022 bis zur letzten mündlichen Verhandlung am 08.12.2022 hatte der Kläger bereits ein Zeitguthaben von 196 Stunden aufgebaut, das er in der Zwischenzeit mehr als verdoppelt hat.
5
Mit Schreiben vom 20.01.2022 (Bl 30 d.A.) teilte die Beklagte dem Kläger folgendes mit:
„Information über Nichtzustandekommen des Altersteilzeitvertrages Sehr geehrter Herr A., leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass die zwischen Ihnen und der D L AG mit Altersteilzeitvertrag vom 26.04.2021vereinbarte Altersteilzeit – beginnend ab dem 01.01.2022 – nicht durchgeführt werden kann, da insoweit die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen.
Dies hat folgenden Hintergrund:
Aufgrund Ihrer andauenden Arbeitsunfähigkeit erhielten Sie zum Zeitpunkt des Beginns Ihrer Altersteilzeit (ATZ) keine Lohnfortzahlung mehr, so dass Sie nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis mit einem Entgeltanspruch stehen und somit nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis im sozialrechtlichen Sinne. Voraussetzung der Altersteilzeit ist gemäß § 2 Abs. I Nr. 2 ATG, § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III und § 7 Abs. 3 Satz 3 SGB IV ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis, welches grundsätzlich nur während der Zeit der Entgeltfortzahlung vorliegt. Ist der Entgeltfortzahlungszeitraum bei Beginn der vereinbarten Altersteilzeitarbeit bereits abgelaufen liegen deshalb die gesetzlichen Voraussetzungen für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses über eine Altersteilzeit nicht mehr vor.
Eine Verschiebung des Altersteilzeitbeginns ist mangels Fortgeltung des Tarifvertrages Altersteilzeit vom 16.12.2020 über den 01.01.2022 hinaus nicht möglich. Der mit Ihnen geschlossene Altersteilzeitvertrag nimmt ausdrücklich auf den zuvor erwähnten Tarifvertrag sowie auf die gesetzlichen Bestimmungen Bezug.
Die Bestimmungen Ihres originären Arbeitsvertrages – d.h. vor Abschluss des ATZ-Vertrages – kommen deshalb weiter vollumfänglich zur Anwendung.“
6
Mit außergerichtlichem Schreiben vom 17.02.2022 (Bl. 31 ff. d.A.) forderten die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Beklagte auf, das Altersteilzeitverhältnis vertragsgemäß umzusetzen. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 20.02.2022 (Bl. 35 f. d.A.) ab mit der Begründung, sie sei wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage wirksam vom Altersteilzeitvertrag zurückgetreten.
7
Der Kläger beruft sich mit seiner Klage auf das unveränderte Bestehen des Altersteilzeitvertrages und auch darauf, dass dieser durchgeführt werden könne. Dem stünden weder das Altersteilzeitgesetz noch der Tarifvertrag Altersteilzeit entgegen. § 2 Abs. 1 Nr. 2 des Altersteilzeitgesetzes stelle keine Voraussetzungen für die Vereinbarung von Altersteilzeit auf, sondern lediglich für deren Förderung nach § 4 AltersteilzeitG. Die Förderleistungen nach § 4 AltersteilzeitG kämen jedoch für Altersteilzeitverträge ab 2010 schon nicht mehr in Betracht. Die fehlende Förderung und damit auch die fehlende Erfüllung der für die Förderung geltenden Voraussetzungen stünden somit der Altersteilzeit des Klägers nicht entgegen.
8
Er hat außerdem die Ansicht vertreten, dass § 3 S. 1 des Tarifvertrags ATZ als Voraussetzung für die Altersteilzeit nicht das Bestehen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses im Zeitpunkt des Beginns der Altersteilzeit. verlange. Die Beklagte sei auch nicht wirksam vom Altersteilzeitarbeitsvertrag mit dem Kläger zurückgetreten, da ein Rücktrittsgrund nicht vorliege. Eine ordentliche Kündigung sei aufgrund der Befristung des Arbeitsvertrages ATZ nicht möglich. Auch ein Kündigungsgrund liege nicht vor. Er könne ohne Weiteres die Zeit, in der er Krankengeld bezogen und nicht gearbeitet habe, noch in der vereinbarten Arbeitsphase bis zum 30.06.2024 nacharbeiten. Jedenfalls komme insoweit eine entsprechende Vertragsanpassung in Betracht.
9
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien mit Wirkung zum 01.01.2022 ein Altersteilzeitverhältnis mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 15 Stunden auf Basis des Vertrages über Altersteilzeit vom 26.04.2021 besteht.
Hilfsweise:
Es wird festgestellt, dass die Rücktrittserklärung der Beklagten vom 20.01.2022 unwirksam ist und den Vertrag über Altersteilzeitarbeit vom 26.04.2021 nicht geändert hat, sondern dieser unverändert bis 31.12.2026 fortbesteht.
Hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis 31.12.2026 gemäß den Bedingungen des Vertrages über Altersteilzeit vom 26.04.2021 mit einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 15 Stunden zu beschäftigen.
10
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
11
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Altersteilzeitvertrag vom 20.05.2021 sei rechtsunwirksam, da die Voraussetzungen nach §§ 2 Abs. 1 Nr. 2 AltersteilzeitG, 25 Abs. 1 S. 1 SGB III nicht mehr vorlägen. Aufgrund des Krankengeldbezugs des Klägers am 01.01.2022 – dem tarifvertraglich letztmöglichen Zeitpunkt, bis zu dem noch ein Beginn der Altersteilzeit möglich gewesen sei – habe zum Zeitpunkt des geplanten Beginns der Altersteilzeit keine versicherungspflichtige Beschäftigung vorgelegen. Dies sei jedoch sowohl nach dem Tarifvertrag Altersteilzeit als auch nach dem Altersteilzeitgesetz ausdrücklich Voraussetzung für die Altersteilzeit. Eine Vertragsanpassung sei rechtlich nicht möglich, denn nach dem Tarifvertrag Altersteilzeit habe die Altersteilzeit spätestens am 01.01.2022 beginnen müssen.
12
Eine Verschiebung der Altersteilzeit sei ebenfalls nicht möglich.
13
Eine Anpassung sei auch nicht im Sinne des Klägers. Denn eine Anpassung der Altersteilzeitarbeit ohne tarifliche Grundlage hätte zur Folge, dass die vereinbarte Aufstockungsleistung als normales Arbeitsentgelt sozialabgaben- und steuerpflichtig ausbezahlt werden müsse. Auch sei dann die maximale Dauer der Altersteilzeit von drei Jahren im Blockmodell nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 AltersteilzeitG zu beachten. Zudem könnten tatsächlich erbrachte Arbeitszeiten nachträglich nicht in eine Altersteilzeitarbeit umgewandelt werden.
14
Das Arbeitsgericht hat mit seinem Urteil vom 15.12.2022, Az. 6 Ca 185/12 auf das hinsichtlich des weiteren Sachverhalts und der Entscheidungsgründe im Einzelnen Bezug genommen wird, die Klage hinsichtlich des Hauptantrags und des ersten Hilfsantrags abgewiesen und der Klage auf Beschäftigung bis 31.12.2026 gemäß den Bedingungen des Vertrages über Altersteilzeit vom 26.04.2021 mit einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 15 Stunden stattgegeben. Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass Hauptantrag und erster Hilfsantrag schon deswegen unbegründet seien, weil der Altersteilzeitvertrag aufgrund der Arbeitsunfähigkeit des Kläger zu dem geplanten Beginn nicht unverändert durchgeführt werden können, sondern angepasst werden müsse.
15
Zunächst sei durch die Vereinbarung vom 26.04.2021 ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis, das im Blockmodell mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 15 Stunden durchzuführen ist, wirksam vereinbart worden. Bestehe zu Beginn der vereinbarten Altersteilzeit Arbeitsunfähigkeit bzw. erfolge eine medizinische Rehabilitation, könne Altersteilzeitarbeit sozialversicherungsrechtlich nur vorliegen während der Zeit der Entgeltfortzahlung (Fortdauer des Beschäftigungsverhältnisses nach § 7 Abs. 1 SGB IV), sowie während des anschließenden Bezugs einer Entgeltersatzleistung, dem ausschließlich das Regelentgelt aus der Altersteilzeit zugrunde liegt. Sei der Entgeltfortzahlungszeitraum bei Beginn der vereinbarten Altersteilzeitarbeit bereits abgelaufen und werde die Entgeltersatzleistung aus dem bisherigen (vollen) Arbeitsentgelt vor Beginn der Altersteilzeitarbeit bezogen (z.B. bei Kranken- oder Übergangsgeld) könne Altersteilzeit für den Zeitraum des Entgeltersatzleistungsbezugs nicht vorliegen (Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherung vom 02.11.2010 – Ziffer 2.4.6; Elert/Raspels Praxishandbuch Flexible Einsatzformen von Arbeitnehmern, 1. Aufl. 2012 Kapitel 1 Altersteilzeit; Bauer/Gehring/Koch Altersteilzeit 2. Aufl. 2016 Teil 1 D. Rz. 284 ff.). Wenn aber nach der vor dem Krankengeldbezug abgeschlossenen Altersteilzeitvereinbarung die Altersteilzeitarbeit auch bei einem Krankengeldbezug beginne und vereinbarungsgemäß Aufstockungsbeträge sowie zusätzliche Rentenversicherungsbeiträge gezahlt werden, sei das Krankengeld zu Beginn der vereinbarten Altersteilzeitarbeit auf Basis des für die Altersteilzeitarbeit maßgebenden Regelarbeitsentgelts (als Regelentgelt nach § 47 SGB V) zu zahlen. In diesen Fällen könne Altersteilzeitarbeit vereinbarungsgemäß beginnen (Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherung vom 02.11.2010 a.a.O.).
16
Zum vereinbarten Beginn der Altersteilzeitarbeit, am 01.01.2022, sei der Kläger arbeitsunfähig erkrankt gewesen und habe Krankengeld bezogen. In der Altersteilzeitvereinbarung vom 26.04.2021 finde sich keine Regelung dahingehend, dass die Altersteilzeitarbeit auch dann beginnen soll, wenn Krankengeld bezogen werde. Damit hätten die sozialversicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Altersteilzeit beim Kläger im Zeitraum vom 01.01.2022 bis zum 03.04.2022 nicht vorgelegen. Die Umsetzung der Altersteilzeitvereinbarung vom 26.04.2021 mit unverändertem Inhalt sei daher rechtlich unmöglich. Da die Altersteilarbeit mit Wirkung zum 01.01.2022 nicht habe beginnen können, sei der Hauptantrag abzuweisen. Da die sozialversicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Altersteilzeit beim Kläger im Zeitraum vom 01.01.2022 bis zum 03.04.2022 nicht vorlagen, könne auch nicht festgestellt werden, dass der Vertrag über Altersteilzeitarbeit vom 26.04.2021 unverändert fortbesteht, weshalb auch der 1. Hilfsantrag abzuweisen sei.
17
Hinsichtlich des zweiten Hilfsantrages sei die Klage begründet. Der Kläger habe einen Anspruch darauf, gemäß den Bedingungen des Vertrages über Altersteilzeitarbeit vom 26.04.2021 beschäftigt zu werden. Die Altersteizeitvereinbarung vom 26.04.2021 sei weder durch eine auflösende Bedingung noch durch eine wirksame Rücktrittserklärung der Beklagten erloschen. Dass zum 01.01.2022 die Voraussetzungen für sozialrechtliche Altersteilzeit nicht vorlagen, führe nicht dazu, dass diese „nicht zustande gekommen“ ist. Eine auflösende Bedingung lasse sich weder der Vereinbarung vom 26.04.2021 noch dem Tarifvertrag Altersteilzeit entnehmen. Das Thema Krankengeldbezug werde im Tarifvertrag lediglich in § 6 Abs. 4 thematisiert, der insoweit an die gesetzliche Regelung des § 10 Abs. 2 AltersteilzeitG anknüpfe.
18
Die Beklagte sei von der Vereinbarung auch nicht wirksam zurückgetreten. Es sei schon zweifelhaft, ob das Schreiben der Beklagten vom 20.01.2022 als Rücktrittserklärung ausgelegt werden könne. Jedenfalls aber lägen die Voraussetzungen für einen Rücktritt – bzw., da es sich um ein Dauerschuldverhältnis handelt, für eine Kündigung nach § 313 Abs. 3 S. 2 BGB – nicht vor. Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten und wenn eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar ist.
19
Die Parteien seien beim Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung am 26.04.2021 übereinstimmend davon ausgegangen, dass der Kläger im gesamten Zeitraum vom 01.01.2022 bis einschließlich 30.06.2024 arbeitsfähig sein würde oder jedenfalls kein Krankengeld bezieht. Die Parteien hätten eine Arbeitsphase vom 01.01.2022 bis 30.06.2024 vereinbart, in der der Kläger die für fünf Jahre vereinbarten 15 Stunden wöchentlich – also in der Regel 30 Stunden wöchentlich in der Arbeitsphase – gegen Entgelt beschäftigt werden sollte. Beide Parteien seien davon ausgegangen, dass der Kläger entweder arbeiten würde oder jedenfalls einen sonstigen Anspruch auf Entgeltersatzleistungen, z.B. nach dem EFZG, erwerben würde, so dass er für die zweieinhalbjährige Freistellungsphase einen vollen Entgeltanspruch ansparen könne. Arbeite der Kläger in der Arbeitsphase nicht und erwerbe auch keinen Anspruch auf Entgeltersatzleistungen gegen die Beklagte, falle die Grundlage für die Vergütung in der Freistellungsphase für einen entsprechenden Zeitraum weg. Damit liege eine Störung der Geschäftsgrundlage vor (vgl. ArbG C-Stadt 27.05.2022 – 19 Ca 1140/22).
20
Diese Störung der Geschäftsgrundlage berechtige die Beklagte aber nicht zur Kündigung der Altersteilzeitvereinbarung nach § 313 Abs. 3 S. 2 BGB, da eine Anpassung des Vertrages möglich und der Beklagten auch zumutbar sei, § 313 Abs. 3 S. 1 BGB. Eine Vertragsanpassung sei dahingehend möglich, dass der Beginn der Altersteilzeitarbeit auf den Zeitpunkt der (Wieder-)Aufnahme der versicherungspflichtigen Beschäftigung vertraglich verschoben werde, also erst am 04.04,2022 beginne. Eine weitergehende Anpassung der Altersteilzeitvereinbarung dahingehend, dass das Ende der Arbeitsphase sowie der Beginn und das Ende der Freistellungsphase verändert werden, sei nicht erforderlich, da der Kläger das für die Freistellungsphase erforderliche Zeitguthaben trotz des späteren Beginns der Arbeitsphase zum 30.06.2024 einbringen könne.
21
Nach dem Wortlaut des Altersteilzeitarbeitsvertrags sei die Arbeitszeit des Klägers für den Zeitraum vom 01.01.2022 bis 30.06.2024 nicht fix auf 30 Stunden pro Woche festgelegt. Vielmehr hätten die Parteien in § 3 des Vertrags vereinbart, dass die Arbeitszeit ab dem Beginn der Altersteilzeitarbeit im Jahresdurchschnitt die Hälfte der bisherigen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit betrage. Die Vereinbarung lasse damit eine flexible Einteilung des Klägers auch im Hinblick auf den zeitlichen Umfang seiner Tätigkeit pro Woche zu. Die Nacharbeit des für die Freistellungsphase erforderlichen Zeitguthabens ist dem Kläger im noch verbleibenden Zeitraum bis zum 30.06.2024 unter Einhaltung der Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes und seines Alterstteilzeitarbeitsvertrags möglich und zumutbar.
22
Entgegen der Ansicht der Beklagten scheitere eine Vertragsanpassung nicht daran, dass der Tarifvertrag in § 11 Abs. 2 S. 2 vorsehe, dass die Regelungen des Tarifvertrags nur für solche Mitarbeiter gelten, deren vertraglich vereinbarte Altersteilzeitarbeit spätestens am 01.01.2022 beginnt. Bei § 11 Abs. 2 des Tarifvertrages handele es sich um eine Regelung über den zeitlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages und damit um eine normative Regelung. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folge nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen sei zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Dabei seien der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang sei abzustellen. Verblieben noch Zweifel, könnten weitere Kriterien berücksichtigt werden. Im Zweifel sei die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt.
23
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben stehe der Tarifvertrag Altersteilzeit einer Verschiebung des Beginns der Altersteilzeitarbeit auf den 04.04.2022 nicht entgegen. Die Tarifvertragsparteien wollten den Tarifvertrag zwar dem Wortlaut nach mit Ablauf des 01.01.2022 außer Kraft setzen. Eine sechsjährige Altersteilzeit im Blockmodell sollte spätestens am 01.01.2022 beginnen. Hintergrund dieser begrenzten Geltungsdauer sei nach den Ausführungen der Beklagten, dass das Instrument der Altersteilzeit – auch schon bei früheren, entsprechenden Tarifverträgen – gesteuert nach den Bedürfnissen der Personalplanung eingesetzt werden solle. Die Tarifvertragsparteien wollen damit nach Angabe der Beklagten verhindern, dass dauerhaft Ansprüche auf den Abschluss von Altersteilzeitvereinbarungen geschaffen werden.
24
Nach dem Willen der Tarifvertragsparteien sollten Vereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien deshalb nur dahingehend geschlossen werden können, dass die Altersteilzeitarbeit spätestens am 01.01.2022 beginnt. In dieser Regelung liege aber – insbesondere unter Berücksichtigung des mit der begrenzten Geltungsdauer des Tarifvertrages verfolgten Zwecks – kein Verbot der Anpassung des Altersteilzeitvertrags im Falle von unbeabsichtigten Störungen. Nach der Argumentation der Beklagten würde demnach schon ein einziger Tag des Krankengeldbezugs zu Beginn der vereinbarten Altersteilzeit dazu führen würde, dass die vereinbarte Altersteilzeit unmöglich werde. Eine solche Rechtsfolge stelle sich auch für den Arbeitnehmer ausschließlich als nachteilig dar – ggf. mit gravierenden finanziellen Folgen, soweit wie beim Kläger die Altersteilzeitvereinbarung mit einer Abfindungszahlung für ein vorzeitiges Ausscheiden verbunden sei. Unter Berücksichtigung des Zwecks des Tarifvertrages sei dieser daher dahingehend auszulegen, dass unbeabsichtigte Störungen zu Beginn der vereinbarten Altersteilzeit einer Vertragsanpassung mit einem Beginn der Altersteilzeit nach dem 01.01.2022 – soweit die tarifvertraglichen Voraussetzungen im Übrigen noch erfüllt werden können – nicht entgegenstehen. Der Kläger habe daher gem. § 313 Abs. 1 BGB einen Anspruch darauf, dass die Altersteilzeitvereinbarung angepasst werde auf einen Beginn zum 04.04.2022.
25
Gegen dieses Urteil vom 15.12.2022, der Beklagten zugestellt am 19.12.2022, legte diese am 19.01.2023 Berufung ein, welche sie mit einem am 20.03.2023 eingegangenen Schriftsatz begründete, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zu diesem Zeitpunkt verlängert worden war.
26
Die Beklagte macht geltend, dass das erstinstanzliche Urteil zu Unrecht davon ausgehe, dass die Überschreitung des Entgeltfortzahlungszeitraums keine auflösende Bedingung darstelle. Am letzten Geltungstag des TV Altersteilzeit sei rechtlich unmöglich geworden, diesen durchzuführen. Sowohl der TV Altersteilzeit als auch das AltersteilzeitG gingen ausdrücklich von einer versicherungspflichtigen Beschäftigung als Voraussetzung für die Altersteilzeit aus. Im Gemeinsamen Rundschreiben zur Altersteilzeit der Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger vom 02.11.2010 werde zwischen einer Arbeitsunfähigkeit zu Beginn und während der Altersteilzeit unterschieden. Zudem liege auch eine Kündigungserklärung vor. Das Arbeitsgericht übersehe, dass ein konkludentes Verhalten genüge, aus dem sich aus Sicht eines objektiven Dritten der ausgeübte Wille ergebe, das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grunde mit Wirkung für die Zukunft beenden zu wollen. Die nachträglichen Änderungen seien auch schwerwiegend. Jedenfalls hätte die Beklagte den streitgegenständlichen Altersteilzeitvertrag nicht oder nicht so abgeschlossen, wenn sie vom Eintreten der Arbeitsunfähigkeit und des Krankengeldbezugs des Klägers zu Beginn der geplanten Altersteilzeit gewusst hätte.
27
Die Beklagte beantragt,
I. Das Urteil des Arbeitsgericht München vom 15.12.2022 zum Az. 6 Ca 1851/22 wird abgeändert.
28
II. Die Klage wird abgewiesen.
29
Der Kläger beantragt,
Die Berufung zurückzuweisen.
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Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend und macht geltend, dass die arbeitsvertraglichen Festlegungen durch den Bezug von Krankengeld nicht beeinflusst würden. Das Arbeitsgericht habe zutreffend auf die zumutbare Anpassung des Altersteilzeitvertrages hingewiesen. Zudem habe der Kläger inzwischen Stand 31.03.2023 ein Guthaben von 364:17 Stunden angesammelt, so dass er problemlos bis Beginn der Freistellungsphase zum 01.07.2024 die erforderlichen Stunden für die Freistellungsphase gearbeitet habe. Ab 01.01.2022 bis 03.04.2022 seien 13 Wochen ohne Arbeitsleistung verstrichen. Dies mache 390 Stunden aus. Die Beklagte habe den Kläger gem. dem altersteilzeitarbeitsvertrag vom 26.04.2021 zu beschäftigen, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei als Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell mit einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 15 Stunden/Woche fortzuführen, wobei die Arbeitsphase vom 01.01.2022 bis 30.06.2024 und die Freistellungsphase vom 01.07.2024 bis 31.12.2026 andauere. Auch sei die in Ziff. 6 des Altersteilzeitvertrages geregelte Abfindung i.H.v. € 50.000 brutto im Monat nach Ablauf der Hälfte der Altersteilzeit, also im Juli 2024 an den Kläger auszuzahlen.
31
Für den weiteren Sach- und Rechtsvortrag der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze vom 20.03.2023 und 20.04.2023 samt Anlagen und das Sitzungsprotokoll vom 24.05.2023 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
I.
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Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 66 Abs. 1 S. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
II.
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Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass der Kläger einen Anspruch auf Beschäftigung entsprechend dem wirksam fortbestehenden Altersteilzeitvertrag vom 26.04.2021 hat. Der Altersteilzeitvertrag ist unstreitig wirksam geschlossen worden und ist weder durch eine auflösende Bedingung, noch durch eine wirksame Rücktrittserklärung wegen Unmöglichkeit oder eine Kündigungserklärung der Beklagten untergegangen.
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1. Der Altersteilzeitvertrag vom 26.04.2021 ist arbeitsvertraglich zunächst in unveränderter Form wirksam. Hier ist zwischen der Wirksamkeit der arbeitsvertraglichen Vereinbarung einer Altersteilzeit und einer sozialversicherungsrechtlich privilegierten Altersteilzeit zu unterscheiden. Lediglich der Beginn einer sozialrechtlich bezüglich der Altersrente privilegierten Altersteilzeit zum 01.01.2022 ist durch die Arbeitsunfähigkeit mit Krankengeldbezug unmöglich geworden. Auch wenn Altersteilzeitarbeit für den Zeitraum des Krankengeldbezuges im sozialversicherungsrechtlichen Sinne nicht vorliegen kann, ändert dies an der arbeitsvertraglichen Festlegung der Parteien nichts (LAG Mecklenburg-Vorpommern 29.6.2011, 2 Sa 7/11). Die arbeitsvertragliche Vereinbarung beinhaltet die Festlegung der zu erbringenden Arbeitszeiten, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und die Zahlung einer Abfindung. All diese Regelungen bleiben bestehen, auch wenn im sozialversicherungsrechtlichen Sinne eine Altersteilzeit durch den Bezug von Krankengeld später beginnen und früher enden sollte.
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1.1 Das erstinstanzliche Urteil hat den Begriff „Altersteilzeit“ mit der sozialrechtlichen Altersteilzeit gleichgesetzt, für die bestimmte Voraussetzungen gelten, damit im Anschluss hieran unmittelbar ein Rentenbezug angeschlossen werden kann. Nach § 237 Abs. 1 b) SGB VI besteht ein Anspruch auf Altersrente nach Altersteilzeitarbeit, wenn Versicherte die Arbeitszeit aufgrund von Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des AltersteilzeitG für mindestens 24 Kalendermonate vermindert haben. Das ist entsprechend der genannten Regelungen des AltersteilzeitG nach den Ende 2016 ausgelaufenen Fällen der Förderung, also im sog. Nichtförderfall nur für die Zeiten der Fall, für die der Arbeitgeber die Aufstockungsleistungen zum Entgelt und zur Rentenversicherung erbringt.
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1.2 Der Kläger hat während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit vom 01.01.2022 bis 03.04.2022 – nach Auslaufen des Entgeltfortzahlungszeitraums – Krankengeld berechnet nach seinem Einkommen vor Beginn der Altersteilzeit bezogen und vom Arbeitgeber weder die Aufstockungsleistungen zum Entgelt noch zur Rentenversicherung erhalten. Das erstinstanzliche Urteil ist daher zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Zeit des Krankengeldbezugs nicht als Altersteilzeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinne gewertet werden kann. Der Altersteilzeitvertrag vom 26.04.2021 sieht für diesen Fall keine Regelungen vor. Ziff. 7. regelt für Zeiten von Arbeitsunfähigkeit während des Arbeitsblocks lediglich, dass der Arbeitgeber Vergütungsfortzahlung nach den für das Arbeitsverhältnis jeweils geltenden Bestimmungen erbringt und sich diese Fortzahlung auch auf die Aufstockungsleistungen gemäß Ziff. 5 erstreckt. Ziff. 5 verweist für die Aufstockungsleistungen auf § 6 des, der gem. Abs. 1 unterscheidet zwischen Aufstockungsleistungen (Abs. 2) und Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung (Abs. 3).
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1.3 Darüber hinaus regelt § 6 Abs. 4 des TV-Altersteilzeit, dass für den Fall, dass ein Mitarbeiter Krankengeld bezieht und der Bemessung dieser Leistung ausschließlich die Altersteilzeitarbeit zugrunde liegt oder der Mitarbeiter Krankentagegeld von einem privaten Krankenversicherungsunternehmen bezieht, ihm auch der Aufstockungsbetrag gem. § 6 Abs. 2 TV-Altersteilzeit gezahlt wird. Dies betrifft also insbesondere den Fall, dass während der Arbeitsphase eine Arbeitsunfähigkeit eintritt, die über den Entgeltfortzahlungszeitraum von 6 Wochen hinausgeht und für die deshalb ein Anspruch auf Krankengeld entsteht, der nach der Altersteilzeitvergütung zu berechnen ist.
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Die weitergezahlten Entgeltaufstockungsbeiträge gelten zwar dann als Aufstockungsbeiträge zum Altersteilzeitentgelt, sodass sie nicht steuer- und damit nicht beitragspflichtig werden (vgl. § 1 ArEV, § 3 Nr. 28 EStG). Wenn aber der Arbeitgeber gem. § 6 Abs. 4 TV-Altersteilzeit keine zusätzlichen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gem. § 6 Abs. 3 TV-Altersteilzeit entrichtet, bedeutet dies, dass die Krankengeldbezugszeit während der Arbeitsphase nicht zur Erfüllung der 24 Monate für den Rentenzugang nach 24-monatiger Altersteilzeit berücksichtigt wird. Erst recht gilt dies für den hier vorliegenden Fall, dass der Krankengeldbezug zu Beginn der geplanten Altersteilzeit liegt und hier der Arbeitgeber weder Aufstockungsleistungen noch zusätzliche Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung bezahlt hat.
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1.4 Dies kann deshalb dazu führen, dass nach dem Ende der arbeitsvertraglich vereinbarten Altersteilzeit ein privilegierter Rentenzugang nach § 237 SGB VI nicht möglich ist. In diesem Fall ist es notwendig, dass der Zeitraum des Krankengeldbezugs nachgearbeitet wird, um einen Rentenzugang nach § 237 SGB VI zu erhalten. Auch dies macht deutlich, dass die arbeitsvertragliche wirksam vereinbarte Altersteilzeit und die sozialrechtlich privilegierte Altersteilzeit begrifflich nicht identisch sind. Wird daher das Wertguthaben durch den Arbeitgeber trotz langanhaltender Arbeitsunfähigkeit nicht freiwillig aufgebaut, so kann Nacharbeit vereinbart werden. In der Arbeitsphase des Blockmodells leistet der Altersteilzeitarbeitnehmer die Hälfte seiner Arbeitszeit für das laufende Entgelt und die andere Hälfte für das Wertguthaben. Es muss also die Hälfte der Dauer der Entgeltersatzleistung nachgearbeitet werden, um so exakt das notwendige Wertguthaben aufzubauen und den Gleichlauf von Arbeits- und Freistellungsphase zu gewährleisten. Die hälftige Nacharbeit muss sich unmittelbar an die Arbeitsphase anschließen. Das ursprüngliche Ende der Arbeitsphase verschiebt sich somit um die hälftige Dauer des Bezugs der Entgeltersatzleistung. Die Freistellungsphase beginnt entsprechend später, endet aber zum ursprünglich vorgesehenen Zeitpunkt. Wird weder nachgearbeitet noch das Wertguthaben freiwillig vom Arbeitgeber gebildet, verkürzt sich die Zeitspanne innerhalb derer soziallrechtlich wirksame Altersteilzeit vorliegt. Diese Verkürzung der Altersteilzeit wirkt sich jedoch nicht unmittelbar auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses aus. Zwar ruht das Arbeitsverhältnis sofern nach Verbrauch des Wertguthabens schon die Freistellungsphase begonnen hat. Ab diesem Zeitpunkt besteht auch in diesen Fällen kein Beschäftigungsanspruch mehr, sodass es keine Entgeltansprüche mehr gibt und auch keine neuen entstehen können. Dann sind beide Hauptleistungspflichten suspendiert. (Nomos-BR/Koch Altersteilzeitgesetz, 3. Online-Auflage 2021, Rn. 13f; Nimscholz/Oppermann/Ostrowicz Altersteilzeit, 7. Auflage 2011, S. 321-323; LAG Düsseldorf 2.11.2009 – 14 Sa, 811/09).
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2. Die arbeitsvertraglich vereinbarte Altersteilzeit war nicht auflösend bedingt abgeschlossen für den Fall, dass die sozialrechtlich privilegierte Altersteilzeit wegen Krankengeldbezugs nicht synchron mit der arbeitsvertraglichen Vereinbarung läuft. Der Altersteilzeitvertrag nimmt Bezug auf den TV-Altersteilzeit. Das Bestehen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses zum geplanten Beginn der Altersteilzeit ist weder Voraussetzungen für einen Altersteilzeitvertrag, noch auflösende Bedingung, wenn dieses nicht mehr vorliegen sollte. Eine diesbezügliche Vereinbarung wurde nicht getroffen. Insbesondere folgt bereits aus § 6 Abs. 4 TV -Altersteilzeit, dass im Umkehrschluss der Bezug von Krankengeld in der Arbeitsphase nicht zu einem Wegfall der Altersteilzeitvereinbarung führt. Daher kann dahinstehen, ob während des Krankengeldbezuges mit dem Kläger ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestand (im Ergebnis genauso: LAG C-Stadt, 17.01.2023, 4 Sa 492/22 in einem Parallelfall).
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3. Auch eine Unmöglichkeit nach §§ 326 Absatz 1, 275 BGB lag nicht vor. Der Anspruch auf Durchführung des Altersteilzeitvertrages ist nicht rechtlich unmöglich. Es mag sein, dass Altersteilzeitarbeit für den Zeitraum des Krankengeldbezuges im sozialversicherungsrechtlichen Sinne nicht vorliegen kann. Dies ändert jedoch an der arbeitsvertraglichen Festlegung der Parteien nichts. Vielmehr kann die arbeitsvertragliche Regelung zwischen den Parteien gibt ohne Weiteres erfüllt werden kann. Anspruchsgrundlage des klägerischen Begehrens ist weder der TV Altersteilzeit noch das AltersteilzeitG. Die Ansprüche des Klägers ergeben sich allein aus dem Altersteilzeitarbeitsvertrag, der keinen Anspruch beinhaltet, der nunmehr rechtlich unmöglich geworden ist. Das Einzige, das (tatsächlich) unmöglich geworden ist, ist der rechtzeitige Beginn der störungsfreien Arbeitsphase, da sich der Kläger am 01.01.2022 im Krankengeldbezug befand. Insoweit ist auch die erstinstanzliche Entscheidung, die die entsprechend beantragte Feststellung abgewiesen hat, rechtskräftig geworden. Der Kläger kann sich daher schon aus diesem Grund nicht mehr darauf berufen, dass die Arbeitsphase am 01.01.2022 begonnen hat, was ja auch tatsächlich nicht der Fall war. Dieser Umstand ändert aber nichts daran, dass der gesamte Altersteilzeitvertrag arbeitsrechtlich noch erfüllbar ist. Eine Unmöglichkeit liegt nicht vor (LAG Mecklenburg-Vorpommern 29.6.2011, 2 Sa 7/11; LAG C-Stadt, 17.01.2023, 4 Sa 492/22 in einem Parallelfall).
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Rechtliche Unmöglichkeit war auch nicht deswegen anzunehmen, weil der TV Altersteilzeit mit Ablauf des 01.01.2022 endete. Schon aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 2 geht hervor, dass für Mitarbeiter, deren vertraglich vereinbarte Altersteilzeitarbeit spätestens am 01.01.2022 beginnt, seine Regelungen bis zur Beendigung der Altersteilzeitarbeit fortgelten. Für den TV-Altersteilzeit ist daher die vertraglich vereinbarte Altersteilzeitarbeit maßgebend und nicht der Beginn der sozialversicherungsrechtlich privilegierten Altersteilzeit. Vertraglich vereinbart war ohne Zweifel als Beginn der 01.01.2020. Zudem war durch den TV beabsichtigt, eine Begrenzung der Anspruchsberechtigten auf Altersteilzeit herbeizuführen. Nicht erfasst werden sollten daher Fallgestaltungen, in denen die Vertragsparteien sich ursprünglich auf einen Beginn vor dem Ablaufdatum geeinigt haben und sodann auf Grund langanhaltender Krankheit die praktische Durchführung zeitweise nicht möglich war. Die Stichtagsregelung wäre für den Kläger also allein dann schädlich gewesen, wenn bereits der geplante Beginn nach dem 01.01.2022 gewesen wäre. Dies war aber nicht der Fall (s. auch LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 29.06.2011, 2 Sa 7/11; LAG C-Stadt, 17.01.2023, 4 Sa 492/22 in einem Parallelfall).
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4. Es liebt auch kein Wegfall der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB vor, der zum Untergang des Altersteilzeitertrages führt. Das LAG C-Stadt hat in einem Parallelfall überzeugend ausgeführt, dass eine Störung vorgelegen haben mag. Dass der Kläger im gesamten Zeitraum vom 01.01.2022 bis einschließlich 31.12.2024 arbeitsfähig sein und nicht für einen – auch nur geringfügigen – Zeitraum im Krankengeldbezug stehen würde, mag eine Geschäftsgrundlage der Parteien für den Altersteilzeitvertrag darstellen, die vorliegend gestört worden ist. Natürlich gingen beide Parteien bei Abschluss des Vertrages nicht davon aus, dass sich der Kläger – noch dazu gleich zu Beginn – im Krankengeldbezug befinden wird. Dies führt aber keineswegs zu der Rechtsfolge des Untergangs des gesamten Vertrages. Es ist nicht ansatzweise erkennbar, warum durch den Krankengeldbezug die Geschäftsgrundlage des gesamten Vertrages entfallen sein sollte, obwohl § 6 Abs. 4 TV -Altersteilzeit eine Regelung zu einem Krankengeldbezug in der Arbeitspause trifft und dadurch deutlich wird, dass den Parteien mit ihrer Bezugnahme auf den Tarifvertrag durchaus bewusst war, dass eine solche Störung eintreten kann. Auch ist in keiner Weise ersichtlich, weshalb noch nicht einmal eine Anpassung denkbar erscheinen sollte. Wären die Tarifvertragsparteien beim Bezug von Krankengeld gleich zu Beginn des Altersteilzeitvertrages ebenfalls – wie die Beklagte – von der Unwirksamkeit des gesamten Vertrages ausgegangen, hätte es nahegelegen, gerade dies ausdrücklich zu regeln. Dass dies unterblieb, verdeutlicht, dass eine solche Rechtsfolge offenbar nicht gewollt war (s. hierzu auch LAG C-Stadt, 17.01.2023, 4 Sa 492/22; LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 29.06.2011, 2 Sa 7/11). Die vorhandene Störung kann ohne Weiteres durch eine Anpassung noch gelöst werden (s.o. Ziff. 1.4 der Entscheidungsgründe). Die Arbeitszeiten des Klägers können im Anschluss an die Arbeitsphase nachgearbeitet werden oder der Kläger kann sein Zeitguthaben zum Ende einer zeitlich um die Hälfte der durch den Krankengeldbezug fehlenden Zeiten eingebracht werden. Auf eine entsprechende Vertragsanpassung hat der Kläger nach Sinn und Zweck der getroffenen Vereinbarung ggf. einen Anspruch.
III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO.
IV.
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Dem Rechtsstreit kommt über die Klärung der konkreten Rechtsbeziehungen der Parteien hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zu, sodass für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung bestand. Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht aufgrund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen gemäß § 72 a ArbGG die Beklagte hingewiesen wird, zulassen sollte.