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Gewalt gegen Frauen – Wie Romy Stangl ihr Leben wieder selbst bestimmt

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Romy Stangl.
Romy Stangl. © Manfred Johan

Jede vierte Frau hat Gewalt erlebt – zum Start der Aktionswochen spricht in Hallo eine Betroffene

München – Die Kollegin am Tisch gegenüber. Die Freundin in der monatlichen Mädelsrunde. Die Frau neben einem in der U-Bahn. Jede vierte Frau in Deutschland erlebt Gewalt durch einen Partner. 

So wie Romy Stangl. „Gewalt zog sich durch mein ganzes Leben“, erzählt sie. Heute engagiert sich die 44-Jährige für Frauen, die Ähnliches wie sie durchgemacht haben. Unter anderem ist Stangl im Vorstand der Münchner Gruppe von „One Billion Rising“, welche an den Münchner Aktionswochen gegen Gewalt an Frauen, Mädchen und Jungen, mitwirkt. 

„Die ausschlaggebende Gewaltattacke, die letztendlich auch zu meiner Flucht geführt hat, war als mein Partner mich mit der Faust ins Gesicht geschlagen hat. Und dann hat er mir in die Augen geschaut und gesagt: Jetzt erinnere dich an deinen Vater.“ 

Heute kann Stangl über ihre Vergangenheit sprechen, ohne dass es sie traurig macht. Eine Kindheit und Jugend, die von Schlägen durch den Vater geprägt war, einem Stiefbruder, der sie beinahe umgebracht hätte, Ex-Partnern, die sie seelisch und körperlich misshandelten. 

In einem Frauenhaus fand sie schließlich Zuflucht und Hilfe. „Gewalt gegen Frauen wird oft verharmlost“, sagt Lydia Dietrich von der Münchner Frauenhilfe, welche Bayerns größtes Frauenhaus mit 40 Plätzen betreibt.

Lydia Dietrich.
Lydia Dietrich. © privat

 „Dabei ist Freiheit von Gewalt ein Menschenrecht“, betont die Ex-Stadträtin. Leider sei gerade häusliche Gewalt noch immer ein Tabu-Thema, viele Frauen schämten sich, Hilfe zu suchen. „Würden sich alle betroffenen Frauen bei uns melden, hätten wir definitiv zu wenig Platz“, sagt Dietrich. Drei Frauenhäuser mit 78 Plätzen gibt es in München. 

„Im letzten Jahr wurden 251 Frauen mit 263 Kindern aufgenommen“, sagt Frank Boos vom Sozialreferat. 65 Frauen konnten aus Kapazitätsgründen nicht aufgenommen werden. „Diese wurden qualifiziert weiter vermittelt, beispielsweise an andere Frauenhäuser“, so Boos. Aktuell befasse sich die Stadt mit Planungen für ein spezielles Frauenhaus für psychisch kranke von Partnerschaftsgewalt betroffene Frauen. 

Seit zehn Jahren mittlerweile ist Romy Stangl glücklich verheiratet, hat außerdem eine elfjährige Tochter, einen Vollzeitjob, macht regelmäßig Yoga. Zehn Jahre hat sie auch benötigt, um das Erlebte zu verarbeiten. Die Kraft dazu gab ihr ihre neue Familie. 

Ein weiterer Umbruch in Stangls Leben war, als sie vor drei Jahren ihre beste Freundin kennenlernte, die ihre ganz eigene Geschichte mit sich trug. „Wir sind zusammen den Weg gegangen, mit der Erkenntnis, dass es wichtig ist, keine Wut mehr in diese Richtung zu geben. Und dass man Dinge und Menschen in Frieden loslassen muss“, so Stangl. 

Auf die Frage, wie sie es geschafft hat, nach all dem Erlebten wieder Vertrauen zu einem Mann zu fassen, antwortet sie nur: „Ich war immer auf der Suche nach Liebe. Ich wollte nicht, dass ich nicht mehr vertraue. Ich wollte Glück in meinem Leben.“ Sich in die Ecke setzen und ihr Opfertum leben – das wollte Stangl nicht. 

So kam es, dass sie sich engagierte: Bei „One Billion Rising“ oder bei „Terre des Femmes“. In Zukunft möchte sie ihr eigenes Herzensprojekt „Signs of Hope“ verwirklichen.

Romy Stangl von "One Billion Rising" auf dem Münchner Marienplatz.
Romy Stangl von "One Billion Rising" auf dem Münchner Marienplatz. © privat

 „Es ist wichtig, den Frauen Perspektiven zu geben. Sie aus der mentalen und wirtschaftlichen Abhängigkeit zu holen“, betont Stangl.

 dbo

Programm der Münchner Aktionswochen:

Die Münchner Aktionswochen gegen Gewalt an Frauen, Mädchen und Jungen finden von Dienstag, 5. November, bis Dienstag, 26. November, statt:

Das vollständige Programm finden Sie hier. 

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