1. Startseite
  2. Politik

DDR-Atommüll: Ab nach Osten?

KommentareDrucken

Blick auf eine Baustelle im russischen Atomkomplex Majak im Südural. Foto: dpa
Blick auf eine Baustelle im russischen Atomkomplex Majak im Südural. Foto: dpa © -

berlin / majak. Ganz so schnell wird Deutschland die 951 radioaktiven Brennelemente, die noch aus DDR-Tagen übrig geblieben sind, wohl doch nicht nach Russland los: Weder Bremen noch Hamburg wollen, dass die heiße Fracht, die seit 2005 im NRW-Zwischenlager Ahaus geparkt ist, über ihre Häfen gen Ostsee verschifft wird.

Und Protest, der sich gerade erst an den Castoren in Gorleben warmgelaufen hat, wendet sich nun immer lauter gegen den Brennstabexport in den Atomkomplex Majak in Westsibirien. Deutsche und russische Umweltinitiativen warnen in einem Brief an Kanzlerin Angela Merkel vor einer tickenden Zeitbombe.

Mehr zum Thema:

Audiobeitrag: 50 Jahre Strahlenunfall von Kysthym

Antworten von Heinz-Jörg Haury

Hintergrundinformation: 50 Jahre Strahlenunfall von Kysthym

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) hat wohl auch deshalb zugesagt, noch mal genau hinzuschauen, wo die 18 Atommüll-Castoren mit der heißen Fracht aus dem DDR-Kernforschungszentrum Rossendorf bei Dresden eigentlich landen würden. Röttgen: „Es muss Sicherheit herrschen darüber, dass in Majak Sicherheit besteht.“ Man wolle sich „ein Bild der örtlichen Gegebenheiten machen“, hieß es auf HNA-Anfrage im Ministerium. Da darf man gespannt sein: Majak, 1500 Kilometer östlich von Moskau, gilt als einer der am stärksten radioaktiv verstrahlten Orte der Erde. Die Wiederaufarbeitung halten Kritiker wegen ihrer „schmutzigen Technik“ für hochgefährlich.

Geheime Bombenschmiede

Nach dem Zweiten Weltkrieg diente das Chemiekombinat als geheime Atombombenschmiede. Am 29. September 1957 war Majak Schauplatz der größten Atomkatastrophe vor Tschernobyl im Jahr 1986. Damals explodierte ein Tank mit flüssigen Strahlenabfällen. Offiziell war von 200 Toten die Rede. Nach anderen Schätzungen starben 150 000 Menschen an den Folgen des GAU.

Verseuchte Seen und Flüsse

Radioaktiv verseuchte Seen und Flüsse, Krebsraten, die nach Umweltschützer-Angaben weit über dem Durchschnitt des Landes liegen. Und im Sommer 2010 Alarm, als die Waldbrände Majak gefährlich nahe kamen. Kritiker sprechen von „Menschenversuchen“ mit den 5000 Anwohnern der Atomfabrik. Deutschland unterstütze diese Experimente, wenn es die Rossendorf-Fracht anliefere.

Die Uralt-Brennelemente stammen ursprünglich aus der UdSSR. Über Majak sollen sie erst in den AKW-Einsatz und irgendwann in russische Endlager gehen. Mehr verrät auch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) nicht: „Geschäftsgeheimnis!“

Beim Bafa wurde die Exportgenehmigung für Minister Röttgen entscheidungsreif gemacht. Grundlage des Majak-Geschäfts ist ein Abkommen zwischen Russland und den USA. Es regelt die Rückholung von Brennelementen aus Forschungsreaktoren, die einst die UdSSR bestückt hatte. Waffenfähiges Uran aus alten Zeiten soll so wieder eingesammelt werden. Es müsse so oder so nach Russland, teilte Sachsens Staatsregierung, die die heiße Fracht von der DDR geerbt hat, auf Anfrage mit. Mit Übergabe an der Grenze sei Dresden aus der Verantwortung.

„Unsinn!“, konterte Greenpeace-Atomexperte Tobias Münchmeyer: „Es nicht nur unmoralisch, sondern auch ungesetzlich, deutschen Atommüll nach Russland abzuschieben.“ Den behaupteten Rückgabezwang gebe es nicht. Sachsen wolle die Brennstäbe schlicht und einfach günstig loswerden.

Auch interessant

Kommentare