Flößerei

Ein Floß auf der oberen Isar vor Bergen

1294 erwähnt die Münchener Stadtordnung zum erstenmal die Flöße, doch sind sie gewiss schon seit der Stadtgründung 1158 und noch vorher auf der Isar unterwegs gewesen. Denn es dürfte ja das älteste Wasserfahrzeug überhaupt sein und fand seinen Platz in der Bibel.

Bis gegen Ende des 19 Jahrhunderts war das Floß war das Transportmittel der Wahl, wenn es die Holzbringung erlaubte, das Holz längeren Stücken zu belassen. Zu Flößen eingebunden schwamm das wertvolle Langholz die Flüsse hinab, auf den Lebens- und Transportadern der Handelsplätze und Städte. –  Kürzeres Holz wurde als Ladung mitgeführt, aber bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts meist getriftet.

Flöße beförderten nicht nur die Baumstämme, aus denen sie verfertigt waren, sondern führten auch Passagiere und allerhand Waren als „Oblasten“ mit sich. Wie die Binnenschifffahrt heute noch, war sie auch besonders geeignet schwere Lasten wie Marmor und anderes Baumaterial zu transportieren.

Ein Floß auf der oberen Isar vor Bergen
Ein Floß auf der oberen Isar 1937; Archiv Landthaler

Die Entwicklung der Stadt München, an deren Lände jährlich Tausende von Flößen ankam, wäre ohne diesen Wasserweg kaum denkbar gewesen. Aber auch flussaufwärts gelegene Orte wie Mittenwald profitierten von der Wasserrott, einem Transportmonopol. Kein Wunder also, dass die Flößerei eigene Zünfte bildete und über Jahrhunderte von großer Bedeutung war.

Flöße schwammen den Inn hinunter nach Hall, den Lech nach Augsburg, die Isar und Loisach nach München und darüber hinaus auf der Donau im Fernhandel bis Wien und Budapest.

Ihre Bauart variierte je nach Größe der Gewässer, dem zur Verfügung stehenden Holz, der Ladung und dem Ziel der Reise und den Floßordnungen. Diese regelten auf den jeweiligen Flüssen die Höchstmaße der Flöße, die Betriebszeiten, die Mindestöffnungen der Brücken, die Besatzung und Beladung.

Die erste Münchner Floßordnung wurde 1310 erlassen, die letzte für Isar und Loisach 1842, als oberpolizeiliche Vorschrift 1875. Diese war auch die Vorlage für die letzte Floßordnung für den Lech 1876.

Das Einbinden

An den Ganterplätzen bzw. Länden lagen die mit Eigentümerzeichen markierten Stämme bereit. Dort trafen Eigentümer und Händler aufeinander, letztere oft in Gestalt der Floßmeister. Wenn die Flößerei keinem Zunftzwang unterlag, wie etwa auf der Loisach und generell nach 1800, fanden sich dort auch Bauern, die mit eigenen Flößen fuhren.

War man handelseinig, wurden die Flöße eingebunden. Dabei und auf der Fahrt kamen die Werkzeuge der Flößer zum Einsatz. Die Stämme wurden ins Wasser gerollt und jeweils mit der Floßhack oder dem Floßhaken an ihren Platz in der Floßtafel gezogen.

Länge, Menge und Arrangement der Stämme variierten je nach Fluss, Floßordnung und vorhandenem Holz.

Die Querverbindung konstruierte man jeweils vorne und hinten aus Rafen bzw. Schwärtlingen, mit Bohrern setzte man die Löcher für die Flößerkeile bzw. -nägel und verband sie mit Wieden . Später ersetzte man diese durch Draht und Eisenhaken. Die Löcher zur Befestigung der Rudersäulen wurden mit der Floßhack oder Stemmeisen geschlagen. Die Ruder waren etwa sieben Meter lang und wurden ebenfalls mit Wieden befestigt, ein Brett wurde miteingebunden, um das Ruderblatt im Wasser senkrecht zu halten.

Wurden Personen und Waren mitgeführt, erhielt das Floß – lange „der Floß“ genannt – einen Bretterboden, für die Fahrt auf der Donau wurden sie an den Donauländen neu eingebunden und mit einer Hütte versehen.

 

 

Flößer beim Zusammenstellen eines Floßes
Floßeinbinden in Großweil; Archiv Flößerstraße
Flößer beim Binden eines Floßes
Floßeinbinden am Lech. Bohren der Rafen; zu sehen Triftstange, Knäuel von Wieden und liegend eine Flößeraxt; © Gemeinde Prem
Konstruktionszeichnung eines Floßes
Konstruktions eines Loisachfloßes nach Angaben des Floßmeisters Michael Angermeier; © Max Leutenbauer
Befestigung des Ruders an der Rudersäule, sowie der Stämme mit Wieden und Holzkeilen; Flößermuseum Lechbruck

Die Besatzung

Es gab Floßmeister und Floßknechte. Die Floßmeister der Isar waren bis 1800 in Zünften organisiert. Auf dem Lech gab Zünfte in Füssen, Schongau und Augsburg. Die Stadt Augsburg  stellte eigene Flößer an, um die Versorgung der Stadt sicherzustellen. Auf der Loisach war die Flößerei immer frei gewesen. Die Bauern konnten selbst ihre Flöße fahren.

Der Steuermann, der „Ferge“ genannt, stand am vorderen Ruder. Er musste als Floßführer die in den noch ungeregelten Flüssen häufig wechselnde Fahrrinne erkennen. Je nach Erfordernissen, der Größe des Floßes und dem Wasserstand konnten auch zwei Mann vorne arbeiten bzw. auch insgesamt vier. Am hinteren Ruder stand der „Steurer“ auf dem Lech auch „Aufrichter“ genannt, der sich mit seiner Ruderführung nach dem Ferg richtete.

Ein Floß auf der oberen Isar vor Bergen
Ein Floß auf der oberen Isar 1937; Archiv Landthaler

 

 

Flößer mit Floßhack
Flößer im Isarwinkel mit Floßhack: Archiv Landthaler

Die Fahrt

Die Fahrt hatte ihre Tücken. Saß das Floß trotz aller Voraussicht auf einer Untiefe fest, musste die Mannschaft ins Wasser und hebeln, Kiesdämme bauen, um Wasser zuzuleiten oder mit „Hunden“, seitlich angesetzten Brettern, einen Stau erzeugen. Half dies alles nichts, musste das Floß entladen, auseinandergebaut und an der Fahrrinne wieder zusammengesetzt werden.

Noch gefährlicher waren Felsen, wie etwa der berüchtigte Georgenstein bei München, und mit jeder Brücke und jedem Wehr kamen weitere Hindernisse dazu: Es galt die Brückenpfeiler zu vermeiden und die Floßgassen der Wehre richtig anzufahren.

Ein Gast erzählt von seiner Floßfahrt auf dem Lech 1913:
Da – jetzt kommen die Wehrbauten – jetzt sieht man die Öffnung der Floßgasse, ihre Abgrenzung gegen das Steilwehr. Schon ist ein Baum in der Mitte des Floßes angebunden, der die Vorderkante heben soll; sonst sticht sie im Ende drunten in den Sand. Nur noch ein paar Meter – ein Seil geht durch das Floß als Halt, aber immer noch stehen wir an den Rudern. Jetzt ein kurzer Ruf – von den Kipfen fliegen mit einem Ruck die Ruder und schlagen auf den Boden. ein Sprung ans Seil – nur der Wackerste bleibt mit gespreizten Beinen stehen – im nächsten Augenblick schießen wir abwärts in den brausenden Gischt und über uns klatschen die wilden Wasser zusammen. Aber eh wir wissen, dass wir keinen trockenen Faden am Leib haben, hebt uns das Holz wieder empor. Alles springt ans Ruder; es gilt, das Fuhrwerk gleich wieder ins richtige Wasser zu bringen…

Votivtafeln berichten von Unglücken, die Flößer, die in aller Regel nicht schwimmen konnten, gerade noch überlebten. Auch folgender Bericht ist sehr anschaulich: „…jedoch sah ich an der Eisenbahnbrücke, dass abgerissene Baumstämme im Umlauf waren. Ich dachte mir gleich, meine Leute sind mit dem Floß an die Brücke gefahren, Da sah ich schon meinen Floß in zwei Trümmern. Ich fuhr vorbei, die Leute weinten. Ich zählte zuerst alle Flößer und sah, dass keiner ertrunken ist. Es fehlte nichts als Steine, sind alle verlorengegangen…“ (Flößermuseum Lechbruck)

Es waren auch diese zunehmenden Hindernisse, die der Flößerei ein Ende machten.

 

 

Flößer Hebeln ein Floß mit Tremeln
Flößer beim Flottmachen eines auf Grund gelaufenen Floßes, 1910: Foto: Erika Groth-Schmachtenberger
Der Georgenstein im Stromatlas von Baiern
Stromatlas von Baiern, Adrian von Riedl (1746-1809), Georgenstein, Isar Blatt II; Bayerische Staatsbibliothek CC BY-NC-SA 4.0
Votivtafel für Rettung des Floßes am Landsberger Wehr
Votivtafel im Flößermuseum Lechbruck

Der Heimweg

Der Heimweg der Flößer verlief zu Fuß. Sie trugen mit dem Werkzeug und ihren Stiefeln bis zu 20 kg mit sich. Die wohlhabenden Floßmeister hatten die Geldkatze umgeschnallt, konnten wohl auch Zubehör in Truhen transportieren lassen.
War der Weg von Wien aus zu bewältigen, schlossen sich die Flößer zu Gruppen zusammen, um nicht ausgeraubt zu werden. Den Weg von Wien nach Lechbruck legten sie in ein bis zwei Wochen zurück.

In den von den Flößern frequentierten Wirtschaften, die auch Floßburgen genannt wurden, trafen sie auf die flussabwärts fahrenden Kollegen. Flößer waren für ihren Durst berühmt.

Im 20. Jahrhundert nahmen die Flößer bisweilen Fahrräder mit, die die Heimfahrt verkürzten. Auch die Eisenbahn ermöglichte eine schnelle Fahrt. Die k.u.k. Staatseisenbahnbetrieb in Wien bot 1883 dem Magistrat von Wolfratshausen ein Abonnementkarten für die Flößer an, wobei 25kg Gewicht Werkzeuge, d.h. Seile, Ruder und andere Gerätschaften inbegriffen war.

Eine Gaststätte an der Floßlände gemalt von
Gaststätte Grüner Baum von Joseph Stephan 1760 ; Münchener Stadtmuseum

Das Handelsgut

Die Liste der sogenannten „Oblasten“ ist lang und notgedrungen unvollständig:

Auf bayerischen Flüssen wurden nicht nur regionale Ware gehandelt: Flöße waren dort bis ins 17. Jhd. ein wichtiger Anschluss für den transalpinen Handelsverkehr der alten Römerstraßen.

Die Via Raetia führte von Venedig über den Brenner, Innsbruck, Zirl und Seefeld bis nach Mittenwald, von dort über Partenkirchen Richtung Augsburg. Von Mittenwald aus aber gab es keine passable Straßenverbindung nach Norden. In Mittenwald organsierte sich 1407 die „Nasse Rott“ als Speditionswesen für den Fernhandel. Die Nürnberger Handelsleute drangen im 15. Jahrhundert auf eine regelmäßige Floßverbindung um vom Deutschen Handelshaus in Venedig Baumwolle, Leinwand, Pelze, Wachs, Weihrauch, Gewürze, Öl, Feigen usw. beziehen zu können. Auch Fässer mit Wein aus Südtirol und geschmuggeltes Salz, um das Salzmonopol des bayerischen Herzogs zu umgehen, fanden ihren Weg auf die Flöße.
1487 wurde der Bozener Markt nach Mittenwald verlegt, 1492 die Kesselbergstraße gebaut, womit das Monopol der Flößerei für diesen Transport endete. Dennoch blieb der Warenverkehr lebhaft.

Auf dem Lech flößte man von Schongau aus die Güter, die über die Via Raetia, über den Brenner geliefert wurden. In Füssen verlud man die Waren, die die alte Via Claudia Augusta über Bozen, Meran durch den Vinschgau, über den Reschenpass und den Fernpass nach Norden kamen.

 

 

Ein Floß mit Last von Baumstämmen auf der Isar
Floß mit Oblast von Stämmen und einem Fahrrad bei Lenggries 1930; Archiv Landthaler
Joseph Puschkin, die Obere Länd, 1876; Wikipedia CCO

Besonders im 16. Und 17 Jahrhundert waren so kostbare Waren unterwegs wie Gold, Silber und Seide, Ingwer und Nägelgewürz (Nelken), Seifen und Süßweine.

Später ging es weniger fein zu, aber noch immer waren Flöße unentbehrlich:

Flöße trugen Brenn- Bau- und Werkholz, Steine, Ziegel, Kalk, Gips und Holzkohle, aber auch Halbfertig- und Endprodukte wie Felgen, Kummethölzer für Sattler, Reifen für Schäffler usw. sowie Lebensmittel und lebendes Vieh.
In Lechbruck waren die „Kauderer“ Zulieferer für die Flöße, organisierten Vieh, Geflügel und Wildpret, Getreide, Eier, Speck, Schmalz, Käse, Schnecken (in Fässern mit Moos). Teils schmuggelten sie die Ware von Steingaden und Rottenbuch ins Schwäbische.
Aus Ober-und Unterammergau gingen dreimal im Jahr Flöße zum Transport von Wetzsteinen bis Wien.

Personenverkehr

Es wurden schon immer Leute auf den Flößen mitgenommen. Bis ins 19. Jahrhundert hinein waren sie ein vergleichsweises schnelles Verkehrsmittel.

Dokumentiert ist der Transport von Personen vor allem auch in Zusammenhang mit Krieg und Auswanderung.
1716 beschwert sich der kaiserliche Generalkommissariat, dass die Augsburger, d.h. die Lechbrucker Flößer bei der Verschiffung der angeworbenen Regimenter nach Ungarn statt die üblichen 1 Gulden 30 Kreuzer von Augsburg nach Wien nun 3 Gulden pro Person verlangen.
Auch nach dem erfolgreichen Feldzug gab es Geschäft für die Flößerei: 40 Flöße aus Landsberg und Schongau, also von Lech und Isar, wurden 1737 von einem kaiserlichen Kommissar beim bayerischen Kurfürsten erbeten, um pfälzische, fränkische und schwäbische Auswanderer ins Banat zu bringen, das nun den Türken verlorengegangen war.

Ausschnitt aus Kupferstich: Einschiffung der Truppen bei Ulm 1683 zur Fahrt gegen die Türken; Flößermuseum Lechbruck

Generell hat der Personenverkehr auf der Donau eine große Rolle gespielt, die Hütten, die auf den gewaltigen Flößen den Reisenden Unterkunft boten, sprechen davon. Ab 1640 fuhren die sogenannten Ordinariflöße regelmäßig 2x wöchentlich von Tölz Richtung Wolfratshausen, München, Freising, Moosburg, Landshut, Passau und Wien ab.

Nachdem Passagiere im 19. Jahrhundert auf die Eisenbahn umgestiegen waren, gab es weiterhin Vergnügungsfahrten auf der Isar, die noch heute ab Wolfratshausen angeboten werden. Und wo die Bahn nicht hinreichte, gab es auch weiter die Personenbeförderung: Noch 1920 ging in Vorderriß am Samstag um 13 Uhr ein Floß Richtung Lenggries, welches die im Gebirge arbeitenden Holzer aufnahm.

Passagierfloß auf der Isar bei Lenggries; Archiv Landthaler
Leute auf einem Isarfloß
Passagierfloß bei Lenggries; Archiv Landthaler

Auch die Loisachflößer nahmen Passagiere mit. Der berühmte Optiker von Fraunhofer trat von der Glashütte in Benediktbeuren aus seine unglückliche letzte Fahrt auf der Loisach nach München an. Dass er das Floß wählte, weil er in Zeitnot war, zeigt die relativ hohe Geschwindigkeit dieses Transportmittels.

Auf dem Lech heißt es , dass die Flößer aufgrund der Gefahren der Fahrt nur sehr ungern Passagiere mitführten. Eine letzte Floßfahrt 1913 aber wurde von einem Gast dokumentiert, der diese Fahrt als kostbare Erinnerung an das alte Flößerhandwerk aufschrieb.

Das Ende der Flößerei

Die Industrialisierung mit ihrem Hunger nach Baumaterial nicht nur für Gebäude, sondern auch für Brücken und den Schiffsbau brachte zunächst einen Aufschwung der Flößerei im 19. Jahrhundert. Doch dann kam mit dem Ausbau des Eisenbahnnetzes der Niedergang. Was am Ende des 19 Jahrhunderts zunächst für die Flößer eine Erleichterung des Heimwegs war, stellte sich als letztlich unschlagbare Konkurrenz heraus. Zwar war zunächst der Transport mit der Bahn nicht billiger, aber saisonunabhängig. Darüber hinaus ging es nicht nur um die Ladung, sondern auch um die Kraft des Wassers selbst: Wehre für Kraftwerke behinderten die Fahrt oder entzogen, wie im Fall des Walchenseekraftwerks und der Überleitung des Rißbachs, dem Fluss so viel Wasser, dass das Flößen nur mehr zeitenweise möglich war. Auch die Dampfschiffe, die nun Holz donauaufwärts schleppten, veränderten das Transportwesen grundlegend, ebenso die Verlagerung von Betrieben an den Oberlauf der Flüsse.

 

 

Floßlände in Thalkirchen, Abbau des Floßes für den Rücktransport nach Wolfratshausen: CC0

Das alte Handwerk der Flößerei aber hält sich noch hartnäckig in Wolfratshausen, wo im Sommer immer noch Tag für Tag Flöße eingebunden werden, um Passagieren eine erlebnisreiche Fahrt zur Floßlände in Thalkirchen zu bieten.

Die Flößerei auf den einzelnen Flüssen

Flößerei auf der Isar

In der Satzung von München von 1294 sind die ersten Vorschriften für die Flößerei schriftlich niedergelegt. Durch die Jahrhunderte folgten weitere Floßordnungen.
Eine letzte Trift- und Floßordnung wurde 1875 für Isar und Loisach erlassen (wobei die Trift bis nach München hinein bereits seit 1871 nicht mehr stattfand). Hier wurde die Breite der Flöße auf der Isar auf maximal 6,4m beschränkt, die Länge auf ca. 18 m (40-60 Fuß). Je nach Floßart enthielt die Floßtafel zwischen 3,5 bis 7,2 fm Holz.

Plan von München mit Abrechen und Holzgarten
Adrian von Riedl (1746-1809)Stromatlas von Baiern, Isar Blatt 2, München mit Abrechen und Holzgarten; Bayerische Staatsbibliothek CC BY-NC-SA 4.0
Stadtansicht München mit Flößen
München von der Ostseite; Stich von Maximilian Kolb ca 1840

Die Fahrt nach München dauerte von Tölz aus je nach Wasserführung des Isar sechs Stunden, nach Wien 6-8 Tage. Es musste eine halbe Stunde vor Dunkelheit angelandet werden und die Flöße mussten deutlich mit einem Schild und Namen des Flößers gekennzeichnet sein.

Das Maximum erreichte die Flößerei 1864, als 11145 Flöße ankamen, etwa 35-40% davon entstammten in der Regel der Loisach. Nur 20% reisten weiter die Isar hinunter.
1871 kamen in München 8593 Flöße an, das entspricht gesamt ca 44000 fm ohne Oblast. (1870 war die Trift nach München eingestellt worden, die 1855 noch 16000 Klafter also 48000 Raummeter Brennholz gebracht hatte. Man kann also noch dazu von einer entsprechenden Oblast der Flöße mit Brennholz ausgehen).
Es gab in München eine obere Lände am Westermühlbach an der die Müller, die Bäcker und die Brauer ihr Holz lagerten, und eine untere Lände flussabwärts an der Ludwigsbrücke im Lehel. Sie galt als eine der größten Floßländen Europas. Als 1891-1898 die Isar begradigt und an diesem Ufer mit einer Kaimauer versehen wurde, baute man in Thalkirchen die dortige Notlände 1899 zur Zentrallände aus.

Doch man hatte fehlkalkuliert. Zwar landeten 1900 noch über 5000 Flöße an, doch die Tage der Flößerei waren gezählt. 1874 war die Eisenbahn nach von Holzkirchen nach Tölz in Betrieb gegangen und eroberte zunehmend den Güterverkehr, ebenso 1891 die Isartalbahn nach Wolfratshausen. 1924 erreichte die Lokalbahn Lenggries. Die Flußverbauungen nahmen zu. Ab 1910 konnte kein Floß mehr Moosburg passieren und ab 1924 legten die Ableitungen für das Walchenseekraftwerk den Floßverkehr auf der oberen Isar lahm.

Immerhin erreichen heute noch 500 Flöße im Jahr aus Wolfratshausen die Lände in Thalkirchen mit einer Ladung von feuchtfröhlichen Passagieren, die meist den sprichwörtlichen Durst der Flößer nicht erst in der Gastwirtschaft entfalten.

Christian Steinichen 1885: Brunnhaus an der oberen Lände in München; Stadtarchiv München DE-1992-HV-BS-B-23-21; CC-BY-ND 4.0
Floßrutsche Mühltal, Länge 365m Höhe 18m; © Flößerstraße

Flößerei auf der Loisach

1439 findet sich die erste Erwähnung der Loisachflöße

Lange war der Kochelsee ein großes Hindernis, da die Loisach 1529 nach einem Hochwasser ihr Bett nach Süden in den See hinein verlegt hatte. Der Kurfürst Max Emmanuel veranlasste dann – erfolgreich und baulustig nach dem Spanischen Erbfolgekrieg – 1715 den Bau eines 4km langen Kanals , der gerade durch das Kocheler Moos führte und 1717 fertig wurde. Er war 5m breit und begrenzte so die Breite der Flöße.

Ab Garmisch konnte auf der Loisach geflößt werden. Es gab dort drei Länden, jede an einer der heutigen Loisachbrücken bzw. Stege. Weitere Länden gab es in Oberau, bei Hagen, Kleinweil, Schlehdorf und Kochel.

der Floßkanal durch das Kocheler Moos
der Floßkanal durch das Kocheler Moos; Positionsblätter Geobasisdaten: Bayerische Vermessungsverwaltung, CC BY-ND 3.0 DE

Es gab keine Wasserrott, also kein Transportmonopol. Die Flößerei war ein Saisongeschäft, für die Werdenfelser, Benediktbeurer und Ettaler Untertanen, da ohnehin von Dezember bis März nicht geflößt werden durfte. 1785 beispielsweise verflößte der Oberauer Bauer Mathias Hamerl 101 Fichtenstämme mit einer Oblast von Gips aus Oberau, Michael Daisenberger ebenda 4 Flöße aus 45 Fichten plus Gips.

Die Loisacher Flöße hatten 9 oder18 Stämme. Die Flöße aus dem Werdenfels wurden in Oberau zusammengekoppelt zum „Neunerfuhrwerk“ und so nach Wolfratshausen expediert.

In Oberau residierte ein Obermeister für Kochel, der den Holz- und Warenverkauf bis in die Donauländer organisierte.

Von Oberau und Hagen und Hechendorf starteten 1000 Flöße pro Jahr aus Aschauer und Ohlstädter Wäldern, sowie mit Holz von der Holztrift und Flößerei auf Lindach und Ramsach, für die es ebenfalls Floßordnungen gab.

Die Fahrt nach München brauchte von Garmisch bis Großweil 3-4 Stunden, nach München dann weitere 6-8 Stunden, die Fahrt nach Wien eine Woche, nach Budapest 2-3 Wochen.

Offiziell mussten die Flöße dort den Wolfratshausern übergeben werden, die das Transportmonopol nach München hielten. Dass es in diesem Zusammenhang Beschwerden gab und das Monopol teils mittels verbotener Nachtfahrten umgangen wurde, liegt auf der Hand. Erst 1806 wurde die Gewerbebeschränkung aufgehoben.

1848 erreichte mit 5800 Flößen am Wolfratshausener Loisachkanal die Flößerei auf der Loisach ein Maximum. In dieser Hochzeit der Flößerei im 19. Jahrhunderts stammten ca 35-40% der in München ankommenden Flöße von der Loisach.

1943 fuhren die letzten vier Flöße durch den Großweiler Kanal.

Karte von Adrian Riedl Wolfratshausen
Stromatlas von Baiern, Adrian von Riedl (1746-1809), Ausschnitt Isar Blatt II: Zusammenfluß von Loisach und Isar sowie Lände bei Wolfratshausen; Bayerische Staatsbibliothek CC BY-NC-SA 4.0

Flößerei auf dem Lech

Erste Dokumente über die Flößerei – das Länderecht für die Stadt Rain, die Erwähnung einer Bruderschaft der Floßleute in Füssen – stammen aus dem 14. Jahrhundert. Im 15. Und 16. Jahrhundert folgen einige Rottrechte Für Peiting und Schongau. Die Lechbrucker Floßleute fuhren im Auftrag von Augsburger Proviantherren und brachten das in Füssen und Tirol angekaufte Holz nach Augsburg. Die Stadt erwarb im 16. Und 17. Jahrhundert Holzkonzessionen in Tirol und unterhielt in Stanzach, Vils und Reutte eigene Amtssitze von Waldschreibern, die Ankauf, Holzernte und Abtransport organisierten. Gleichzeitig fanden in 16. Jahrhundert große Triften statt, die dann aufgrund der Beschwerden nicht zuletzt der Lechbrucker Floßleute 1568 aufgegeben wurden.

1600 steht die Flößerei in Blüte. 3500 Flöße fahren nach Augsburg, davon verbraucht eine einzige Ziegelei dort 1000 Flöße (ein deutlicher Hinweis, dass die Trift nicht mehr stattfindet).

Ab 1615 erfolgt im 30jährigen Krieg ein Niedergang.  Zu dem allgemeinen Kriegswirren kommt, dass die Flößerei in hohem Maße vom Funktionieren des Augsburger Hochablasses, also des großen Stadtwehres und dem dortigen Floßablass abhängt. (Ein erster Wehrdamm zur Versorgung der Stadt mit Wasser dort ist urkundlich 1346 erwähnt). Dieser wird 1634 von kaiserlichen Kroaten abgebrannt, nach seinem Wiederaufbau erneut durch die Schweden 1646, dann wieder 1703 im Spanischen Erbfolgekrieg. Bis zum Wiederaufbau 1707-1710 lag die Flößerei ganz darnieder, ebenso nach einem Brand 1793. Doch es gab auch gute Zeiten, in denen die Lechbrucker Floßmeister ihre Waren bis nach Wien fuhren.

Karte des Lechs am Augsburger Hochablaß
Plan über den Augspurgischen Hochablas, 1762; Castulus Riedl CC0

Obwohl die Lechbrucker vom Staatsbankrott Österreichs im Zuge der Napoleonischen Kriege 1809 schwer betroffen waren, die Floßmeister verarmten und noch 1840 von der Not in Lechbruck die Rede ist, berichtet die Statistik dennoch, dass zwischen 1800 und 1850 im Schnitt 3300 Flöße im Jahr Augsburg erreichten. Etwa 40% davon fuhren über die Stadt hinaus auf den unteren Lech und die Donau. Die frühe Industrialisierung brachte zunächst eine Blüte des Gewerbes, die bis ca 1873 anhielt.

Es gab um diese Zeit zweierlei Flöße: Das Langholz- oder auch Rundholzfloß bestand aus 18m langen Baumstämmen, die abwechselnd mit dem dicken und dünnen Ende nach vorne eingebunden wurden, unter Umständen verlängert mit einem zweiten „Riegel“, also einer weiteren Floßtafel zu 24 m.
Das Riegelfloß bestand aus Bäumen, die zwar schon zu Brettern zersägt waren, jedoch an einem Ende noch ca 25 cm zusammenhingen. Zu beiden Seiten gab je ein ungeschnittener Baum, ein „Riegel“ eben, den festen Halt.

1880 fuhren noch 1180 Flöße, um 1900 sind es nur noch 200, denn 1899 fuhr der erste Eisenbahnzug in Lechbruck ein.
1913 nutzt der Student Mayer-Pfannholz wohl auf Vermittlung des Lechbrucker Pfarrers Königsdorfer, einem große Flößerfreund, die Möglichkeit, auf dem Floß nach Regensburg zu fahren und schildert als späterer Heimatforscher eindringlich die Schönheit und Mühe der Reise, das Suchen der Fahrrinne, die Plackerei, das Floß wieder flott zu bekommen, die Schufterei, die Flöße einigermaßen heil durch die Wehre zu bugsieren, das Schlafen auf Stroh in nassen Kleidern, aber auch frohe Einkehr in der Wirtschaft. Später hielt er 1929 die Einweihungsrede für das Flößerdenkmal an der Lechbrücke als auch nach der kriegsbedingten  Zerstörung bei der Wiedereinweihung 1953.

Der Autor fuhr mit im Bewusstsein, dass dies wohl eine der allerletzten Fahrten ist.

Dennoch baute man in Augsburg einen neuen Floßhafen und eine Floßgasse in den neuen Hochablass, der in Anwesenheit König Ludwig des III 1914 eingeweiht wurde. Die Jubiläumsfahrt der Flößer über diese Gasse verlief dramatisch, das Floß tauchte unter und Mannschaft war vollkommen durchnässt, was aber dann bei einem Gelage auf Kosten des Königs schnell vergessen war.
Die Investition aber war schon überholt: 1914 fuhr nur noch ein zweites Floß, 1915 keines mehr

Augsburger Hochablaß um 1914; CC0

Flößerei auf dem Inn

Am Oberlauf des Inn trugen die Flöße hauptsächlich Brenn- und Nutzholz, aber auch Halbfertigprodukte wie Fassdauben, Lebensmittel wie Rüben, Kraut, Obst, Heu und Erz.
Ihre Fahrt begann in Flößerorten wie Mötz, das für seine Lärchen bekannt war, Telfs, Pettnau, Dirschenbach und Zirl, wo das Holz vom Seefelder Sattel herunterkam. Ab 1822 baute man die Flöße meist aus ca 17 Stämmen. Am Rechen der Saline Hall fand die Fahrt ihr Ende.

Erst auf dem bayerischen Inn nahm die Flößerei wieder zu, vor allem im 17. Jahrhundert, als dort gewaltige Flöße mit bis zu vier Floßtafeln, 10m Breite und 60m Länge unterwegs waren, mit je sieben Ruderern vorne und hinten und dem Floßführer in der Mitte. Diese Holzmassen kamen aus den Einzugsgebieten des Inn, von der Mangfall ihren Zuflüssen und versorgten unter anderem ab 1810 die Saline in Rosenheim.
Nach der Umstellung der Salinen auf Kohle nahm im 18 Jhd. auch auf dem Inn die Flößerei ab. Die letzte Floßfahrt auf dem Inn fand 1938 statt und belieferte wahrscheinlich ein Sägewerk in Rosenheim.

Literaturverzeichnis

Albrecht Ludwig 2021: Mündliche Mitteilung über das Holzerfloß von Riß, ihm vermittelt vom Holzerkollegen Schalch, der aus Lenggries gebürtig war.

Baumer Stephan, Eder Claus (2004): Holzwirtschaft entlang der Isar. Von Holzern, Triftern und Flößern. Lenggries: Werbeagentur Eder GmbH.

Flößermuseum Lechbruck (2020): Holzhandel am Lech; Flößerei; Trift. Beschriftungen.

Gemeinde Lechbruck (Hg.) (1965): Lechbruck Geschichte und Geschichten III. Ein Flößerdorf am Lech. Mit einem Bericht von der letzten Floßfahrt 1913 von Pro. Dr. Anton Mayer-Pfannholz. Lechbruck.

Leutenbauer Max (2016): Stadt-Wald-Fluss. Die Beanspruchung der Wälder im Isar-Loisach-Gebiet im Laufe des vergangenen Jahrtausends. 125. Aufl. (Mitteilungen des Vereinsfür Heimatgeschichte im Zweiseenland Kochel e.V., 2016/1).

Malzer, Christian (abgerufen am 2021): Weitere Klosterwälder. TUM, München. Online verfügbar unter https://mediatum.ub.tum.de/doc/1452628/1452628.pdf.

Vangerow, Hans-Heinrich (1976): Vom Stadtrecht zur Forstordnung. München u. d. Isarwinkel bis zum Jahr 1569. Zugl.: München, Univ., Forstl. Fak., Diss., 1976. München: Wölfle (Miscellanea bavarica monacensia, 66).

Literaturverzeichnis für Flößerei auf der Isar

Baumer Stephan, Eder Claus (2004): Holzwirtschaft entlang der Isar. Von Holzern, Triftern und Flößern. Lenggries: Werbeagentur Eder GmbH.

Leutenbauer Max (2016): Stadt-Wald-Fluss. Die Beanspruchung der Wälder im Isar-Loisach-Gebiet im Laufe des vergangenen Jahrtausends. 125. Aufl. (Mitteilungen des Vereinsfür Heimatgeschichte im Zweiseenland Kochel e.V., 2016/1).

Wikipedia: Floßländen in München. abgerufen 28.3.2022

Wolf Karl: Flößerei und Mühlen im Murnauer Moos. In: Jahrbuch 2012 Historischer Verein Murnau, S. 9–28.

Wolf Karl: Flößerei und Trift auf der oberen Loisach. In: Jahrbuch 2011 Historischer Verein Murnau, Bd. 28, S. 25–120.

Literaturverzeichnis für Flößerei auf der Loisach

Malzer, Christian (abgerufen am 2021): Weitere Klosterwälder. TUM, München. Online verfügbar unter https://mediatum.ub.tum.de/doc/1452628/1452628.pdf.

Wolf Karl: Flößerei und Mühlen im Murnauer Moos. In: Jahrbuch 2012 Historischer Verein Murnau, S. 9–28.

Wolf Karl: Flößerei und Trift auf der oberen Loisach. In: Jahrbuch 2011 Historischer Verein Murnau, Bd. 28, S. 25–120.

Literaturverzeichnis Flößerei auf dem Lech

Flößermuseum Lechbruck (2020): Holzhandel am Lech; Flößerei; Trift. Beschriftungen.

Gemeinde Lechbruck (Hg.) (1965): Lechbruck Geschichte und Geschichten III. Ein Flößerdorf am Lech. Mit einem Bericht von der letzten Floßfahrt 1913 von Pro. Dr. Anton Mayer-Pfannholz. Lechbruck.

Internetquelle |titel=Hochablass: der Stadt Augsburg |autor=Wikipedia |datum=2022-03-29

https://de.wikipedia.org/wiki/Hochablass

Literaturverzeichnis Flößerei auf dem Inn

Haus der Bayerischen Geschichte (1991): Flösserei auf Bayerns Flüssen. Zur Geschichte eines alten Handwerks. München: Haus d. Bayerischen Geschichte (Hefte zur bayerischen Geschichte und Kultur, 11).

Verein Flößerstraße e.V. (2020): Innroute (Flößerei in Bayern), zuletzt geprüft am 28.03.2020.