Pneumatik vs. Elektrik Elektrische und pneumatische Antriebe im exakten Vergleich

Redakteur: Ute Drescher

Der direkte Vergleich zweier gleich dimensionierter Antriebe – eines elektrischen und eines pneumatischen – in unterschiedlichen Aufgabenstellungen soll mit Vorurteilen aufräumen.

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Welcher Antrieb ist energieeffizienter? Erst der direkte Vergleich zweier gleich dimensionierter Antriebe – eines pneumatischen und eines elektrischen – in unterschiedlichen Aufgabenstellungen räumt auf mit Vorurteilen.
Welcher Antrieb ist energieeffizienter? Erst der direkte Vergleich zweier gleich dimensionierter Antriebe – eines pneumatischen und eines elektrischen – in unterschiedlichen Aufgabenstellungen räumt auf mit Vorurteilen.
(Bild: Festo)

Die Frage, ob ein pneumatischer Antrieb energieeffizienter als ein elektrischer ist oder umgekehrt, lässt sich auf Anhieb nicht beantworten. „Energieeffizienz ist in der Automatisierungstechnik immer von der jeweiligen industriellen Anwendung abhängig“, erklärt Roland Volk, Energie-Effizienz-Berater bei Festo. Erst der direkte Vergleich zweier gleich dimensionierter Antriebe – eines elektrischen und eines pneumatischen – in unterschiedlichen Aufgabenstellungen räumt auf mit Vorurteilen.

Eines vorweg: Die Wahrheit, welcher der energieeffizienteste Antrieb ist, liegt wie immer in der Mitte. Die Energieeffizienz ist ganz von der jeweiligen an den Antrieb gestellten Aufgabe abhängig. Die Messungen ergeben folgende Unterschiede: Bei einer einfachen Bewegungsaufgabe ist der elektrische Antrieb günstiger. Bei Einpressvorgängen entscheiden die Höhe der Prozesskraft und die Dauer des Vorgangs über die effizientere Technologie. Erfordert die Anwendung jedoch Haltekräfte, ist die Pneumatik klar im Vorteil.

Werkstück bewegen oder halten?

In diesem Vergleich werden Bewegungen von Punkt A zu Punkt B durchgeführt. Diese Bewegungen können fast ausnahmslos pneumatische Antriebe ausführen. Trotzdem sind häufig elektrische Antriebe im Einsatz, um solche einfachen Bewegungen zu realisieren. Erfordert die Aufgabe, frei und flexibel zu positionieren, sind elektrische Antriebe im Vorteil.

Dabei ergeben sich höchst unterschiedliche Energieverbräuche. Beim Bewegen der Antriebe ohne zusätzliche Prozesskraft verbraucht der elektrische Antrieb mit 25 Ws nur ein Drittel der Energie, die der pneumatische benötigt (78 Ws). Bei der Aufgabe „Drücken mit Prozesskraft“ liegen beide Antriebe ungefähr gleichauf bei einem Energieverbrauch zwischen 20 und 30 Ws.

Müssen die Antriebe hingegen eine bestimmte Position halten, schnellt der Energieverbrauch des elektrischen Antriebs auf 247 Ws hinauf. Dies ist mehr als 22 Mal so viel wie der Energieverbrauch des pneumatischen Antriebs (11 Ws). Der pneumatische Antrieb profitiert davon, dass er nur Energie für den kurzen Moment des Druckluftaufbaus benötigt. Der Haltevorgang selbst kommt komplett ohne Zufuhr neuer Druckluft aus und kostet damit keinerlei Energie. Der elektrische Antrieb benötigt dagegen dauerhaft Strom, um in der gewählten Position verharren zu können. Je länger der Haltevorgang ist, desto höher ist damit der Energieverbrauch des elektrischen Antriebs im Vergleich zum pneumatischen. Laut Messungen haben kleinere Leckagen praktisch keinen Einfluss auf den geringen Energieverbrauch.

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Bei Greifern genau hinschauen

Ähnliche Ergebnisse bringt der Vergleich zwischen elektrischen und pneumatischen Greifern. Der Vergleich zeigt, wie abhängig die richtige Lösung von der klaren Definition der Aufgabe ist. Betrachtet man den Energieverbrauch beim Greifvorgang, ist der pneumatische Greifer dem elektrischen dann überlegen, wenn die Anwendung lange Zyklen und nur wenig Greifvorgänge umfasst.

Der pneumatische Greifer benötigt nur einmal Druck zum permanenten Halten. Für die Dauer des Greifens wird keine weitere pneumatische Energie benötigt. Der elektrische Greifer, der für die gesamte Dauer des Greifens elektrische Energie benötigt, kann nur dann energieeffzienter als der pneumatische sein, wenn die Anwendung aus kurzen Zyklen mit einer Vielzahl von Greifvorgängen besteht.

BUCHTIPPDas Buch „Praxishandbuch Antriebsauslegung“ hilft bei der Auswahl der wesentlichen Bestandteile elektrischer Antriebssysteme: Motor, Getriebe, Stellgerät, Netzversorgung sowie deren Zusatzkomponenten. Auch auf die Berechnung wird intensiv eingegangen.

Auf die Anwendung kommt’s an

Jede industrielle Anwendung hat ihre eigenen spezifischen Anforderungen an technische Kriterien wie Geschwindigkeit, Belastbarkeit, Leistungsgewicht, Genauigkeit, Regelverhalten, Laststeifigkeit, Wirkungsgrad oder Robustheit sowie an wirtschaftliche Kriterien wie die nötigen Anschaffungskosten (Preis, Inbetriebnahme und Montage) aber auch wie die entstehenden Betriebskosten (darunter Wartung, Lebensdauer und Energiekosten).

Je nach Anwendung ist die Energieeffizienz eine Frage der Aufgabe. „Diese Aufgabe muss erst klar definiert sein, bevor sich der Anwender für die Antriebstechnologie – elektrisch oder pneumatisch oder eine Mischung aus beidem – entscheidet“, erklärt Roland Volk. Ein Technologievergleich kann nur auf Basis der Gesamt-Lebenskosten (TCO) erfolgen, die sowohl die Anschaffungskosten als den Energieaufwand berücksichtigen.

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