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Talfahrt bei Immobilienpreisen: Experte aus Kaufbeuren schätzt die Lage ein

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Was ist mein Haus noch wert? Martin Sutter (Foto) weiß: Wenn die Immobilie sanierungsbedürftig ist, schlägt sich das deutlich auf den Verkaufspreis nieder.
Was ist mein Haus noch wert? Martin Sutter (Foto) weiß: Wenn die Immobilie sanierungsbedürftig ist, schlägt sich das deutlich auf den Verkaufspreis nieder. © PantherMedia/Klaus Ohlenschläger

Kaufbeuren – Es ist ein Schock für viele, die derzeit ihr Eigenheim verkaufen wollen: „Für ein Einfamilienhaus wird aktuell rund 100.000 Euro weniger erlöst als noch vor rund einem Jahr“, sagt Martin Sutter, Immobilienwirt, Gutachter und Chef der Remax-Immobilienmakler Kaufbeuren. Ein Selbstversuch bestätigt den Trend. Was das mit Habecks neuem Heizungsgesetz zu tun hat, kann der Immobilienprofi auch erklären. 

Der Nachweis ist schnell erbracht und bestätigt Martin Sutters Einschätzung: Für das 2011 erbaute Einfamilienhaus würde die Autorin laut Wohnmarktanalyse der Sparkasse rund 70.000 Euro weniger als noch vor rund zwölf Monaten erhalten. Das gibt zu denken, würde am Verkauf des Eigenheims die Altersvorsorge oder die Ausbildung der Kinder hängen. Und das Ende der Fahnenstange scheint noch nicht erreicht. „Die Preise werden weiter fallen“, sagt Sutter.

Dass dieser Trend für den gesamten Allgäuer Raum gilt, macht auch der Immobilienverband Deutschland (IVD) klar: Er schreibt in seiner jüngsten Pressemitteilung, dass die Immobilienumsätze in Bayern im ersten Quartal dieses Jahres mit einem Minus von 43 Prozent gegenüber dem Vorjahr deutlich gesunken sind. Martin Sutter spricht von rund 20 bis 30 Prozent gesunkenen Verkaufspreisen für eine Immobilie im Allgäu im Vergleich zum Januar 2022.

Was aber drückt dermaßen die Preise? Ist es Bundesminister Habecks geplanter „Heiz-Hammer“ (so nennt es die Bild-Zeitung), eine anhaltend hohe Inflation oder aufflammende Sparsamkeit? Sowohl der IVD als auch Immobilienmakler Sutter machen das Zusammenspiel von hohen Kreditzinsen, deutlich gestiegenen Finanzierungskosten sowie verschärften Richtlinien für die Kreditvergabe verantwortlich für die Trendwende am Immobilienmarkt. Die Top-Zinsen für Immobilienkredite liegen aktuell (Mitte Mai) zwischen 3,62 und 4,15 Prozent. „Für viele ist die Finanzierung einer Immobilie zur Zeit schlichtweg unmöglich“, sagt Sutter. „Das ist bitter.“ Er meint, dass die Immobilienpreise in naher Zukunft noch weiter zurückgehen werden, auf ein „realistisches“ Niveau.

 „Für viele ist die Finanzierung einer Immobilie zur Zeit schlichtweg unmöglich.“

Martin Sutter, Immobilienexperte aus Kaufbeuren

Dieser Überzeugung ist auch Professor Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsin­stituts. „Derzeit befindet man sich weiterhin in einer Preisfindungsphase“, sagt er. „Die Kaufpreise müssen sich den angepassten Finanzierungsmöglichkeiten der Kaufinteressenten angleichen, damit wieder mehr Kaufabschlüsse stattfinden“, beschreibt Prof. Kippes die Lage. „In der aktuellen Betrachtung konnten bereits in zahlreichen Kaufmarktsegmenten Preiskorrekturen nach unten festgestellt werden, in den kommenden Monaten werden voraussichtlich weitere Anpassungen folgen müssen.“

Welche Rolle spielt Habecks Gebäudeenergiegesetz?

Die Diskussion um das umstrittene Gebäudeenergiegesetz, das Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck vorantreibt, spiele in der aktuellen Preisentwicklung bei den Immobilienverkäufen eine untergeordnete Rolle, so Martin Sutter. „Aber es ist vor allem bei sanierungsbedürftigen Objekten durchaus Thema“, sagt er und spielt auf viele Gespräche vor Ort an. „Es herrscht eine Riesen-Unsicherheit.“ Gerade bei Altbauten oder älteren Gebäuden, bei denen eine Modernisierung der Heizung ohnehin ansteht, wisse keiner, was zu tun sei. „Macht es Sinn, eine deutlich höhere Investition in energieeffiziente Dämmung und Heizung anzugehen?“, das fragten sich laut Sutter viele Kunden, die sich eine eigene Immobilie zulegen wollen. „Muss ich mit meinem Geldbeutel jetzt die Welt retten, wenn in China das CO2 in den Himmel geblasen wird“, zitiert er außerdem aus Gesprächen, in denen dem Frust freien Lauf gelassen wird.

Das neue Gebäudeenergiegesetzes (GEG) sieht aktuell vor: Ab 2024 muss beim Einbau neuer Heizungen konsequent auf erneuerbare Energie gesetzt werden. Das heißt konkret, dass ab dem 1. Januar 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Enddatum für die Nutzung fossiler Brennstoffe in Heizungen ist Ende des Jahres 2044.

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