Forum: HF, Funk und Felder Resonant lose gekoppelte Schwingkreise vs tTafo


von michi42 (Gast)


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Hi,

zwei Fragen:
1)
warum ist der (Leistungs)Übertragungsgrad von lose gekoppelten Spulen 
besser, wenn sie resonannt sind im Vergleich zu einem nicht-resonantern 
(Luft) Transformator ?

Wird der Fluss größer? Wird der Kopplungsgrad besser? wenn ja, warum?
Ich suche dafür eine anschauliche physikalische Erklärung.

2)
Wie bilden sich Lastimpedanzen von der Sekundär- auf die Primärseite ab?

Grüße,
  Michi

von Bernhard S. (gmb)


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michi42 schrieb:
> zwei Fragen:
> 1)
> warum ist der (Leistungs)Übertragungsgrad von lose gekoppelten Spulen
> besser, wenn sie resonannt sind im Vergleich zu einem nicht-resonantern
> (Luft) Transformator ?
>
> Wird der Fluss größer? Wird der Kopplungsgrad besser? wenn ja, warum?
> Ich suche dafür eine anschauliche physikalische Erklärung.

Ob die Leistungsübertragung bei Resonanz größer wird, hängt davon ab, 
wie du sie (die Leistungsübertragung) definierst. Betrachtest du das 
Verhältnis zwischen der Primärspule tatsächlich zugeführter Leistung und 
der Leistung, die an der Sekundärseite maximal verfügbar ist, dann ist 
dieses Verhältnis unabhängig davon, ob Resonanz vorliegt.

Hängst du das System zwischen eine Quelle mit z.B. 50 Ohm und einer Last 
von z.B. ebenfalls 50 Ohm, dann kann (muss aber nicht!) die an der Last 
umgesetzte Leistung in der Resonanz größer sein als außerhalb der 
Resonanz. Das ist dann eine andere Definition der Leistungsübertragung. 
Wenn die Resonanz dafür sorgt, dass Imaginärteile verschwinden und die 
Realteile aufeinander passen, dann hat man ein Optimum. Das wird man bei 
einer tatsächlichen Anwendung meist versuchen zu erreichen.

> 2)
> Wie bilden sich Lastimpedanzen von der Sekundär- auf die Primärseite ab?

Du hast halt einen Vierpol (=Zweitor) mit einer gewissen Rückwirkung, 
d.h. die Eingangsimpedanz hängt von der angeschlossenen Ausgangsimpedanz 
ab und umgekehrt.

: Bearbeitet durch User
von michi42 (Gast)


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Hi,

danke für die Erklärung.

Leistungsübertragung würde ich jetzt mal ins Blaue als Raus/Rein bei 
allseitiger Anpassung definieren.

zu 1.) verstehe ich noch nicht ganz.
Du würdest also den schlechteren Übertragungsgrad im Luft- Trafo auf 
Blindanteile aus dem hohen Streufluss zurückführen?
Dann würde man ja erwarten, dass der Streufluss durch die Resonanz 
zurückgeht, d.h. der Kopplungsgrad zunimmt. d.h. es für den Fluss 
"attraktiver" ist durch die Arbeistsspule zu fließen, als durch Luft.
Das scheint mir etwas seltsam.


Bei einem (stark gekoppelten) Trafo werden auch komplexe Anteile 
transformiert - bei realen Lasten ist das ganze aus S11 auch bis auf die 
Streuflüsse real.

Oder ist es eher so, das im Resonanzfall einfach der Strom durch die 
Spule(n) um die Systemgüte höher ist und damit mehr Fluss zur Verfügung 
steht.

zu 2.)
Das ist ja auch zu erwarten, aber etwas allgemein formuliert.
Wie rechnet man das?
Bein Trafo ESB ist's ja recht einfach.

von Günter Lenz (Gast)


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michi42 schrieb:
>warum ist der (Leistungs)Übertragungsgrad von lose gekoppelten Spulen
>besser, wenn sie resonannt sind im Vergleich zu einem nicht-resonantern
>(Luft) Transformator ?

Bei einem nicht-resonanten Schwingkreis laufen die magnetischen
Feldlinien außen an der Spule vorbei, duchdringen nicht die
Spule. Das Prinzip ist etwa so wie bei einem Dipmeter.

https://de.wikipedia.org/wiki/Dipmeter

von michi42 (Gast)


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Klingt für mich nicht richtig.
Liefen die Feldlinien aussen vorbei, gäbe es auch keinen induzierten 
Strom.

von Bernhard S. (gmb)


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michi42 schrieb:
> Hi,
>
> danke für die Erklärung.
>
> Leistungsübertragung würde ich jetzt mal ins Blaue als Raus/Rein bei
> allseitiger Anpassung definieren.

Allseitige Anpassung ist Resonanz.

> zu 1.) verstehe ich noch nicht ganz.
> Du würdest also den schlechteren Übertragungsgrad im Luft- Trafo auf
> Blindanteile aus dem hohen Streufluss zurückführen?

Generell Blindanteile bei der Eingangs- und Ausgangsanpassung, 
unabhängig davon wie groß der Streufluss ist.

> Dann würde man ja erwarten, dass der Streufluss durch die Resonanz
> zurückgeht, d.h. der Kopplungsgrad zunimmt. d.h. es für den Fluss
> "attraktiver" ist durch die Arbeistsspule zu fließen, als durch Luft.
> Das scheint mir etwas seltsam.

Der Kopplungsgrad ist durch Spulengeometrie inkl. der Lage der Spulen 
zueinander abhängig, aber unabhängig davon wie man sie beschaltet und ob 
man Resonanz erzeugt

>
> Bei einem (stark gekoppelten) Trafo werden auch komplexe Anteile
> transformiert - bei realen Lasten ist das ganze aus S11 auch bis auf die
> Streuflüsse real.
>
> Oder ist es eher so, das im Resonanzfall einfach der Strom durch die
> Spule(n) um die Systemgüte höher ist und damit mehr Fluss zur Verfügung
> steht.

Ja! Ein Serienresonanzkreis zieht aus einer niederohmigen Quelle mehr 
Stron und erzeugt so mehr Fluss.

>
> zu 2.)
> Das ist ja auch zu erwarten, aber etwas allgemein formuliert.
> Wie rechnet man das?
> Bein Trafo ESB ist's ja recht einfach.

Ich denke man wird auch bei lose gekoppelten Systemen ein ESB 
hinbekommen.

von B e r n d W. (smiley46)


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Ich beschreibe mal im Vergleich dazu das Verhalten von Bandfiltern 
bestehend aus zwei gekoppelten Schwingkreisen.
https://www.radiomuseum.org/forum/die_hoecker_beim_zweikreis_bandfilter2.html

- Bei kritischen und überkritischen Filtern ist die Einfügedämpfung 
niedrig. Wird die Kopplung deutlich unterkritisch, reduziert sich das 
Ausgangssignal entsprechend.

- Bei einer Schwingkreisgüte von 100 ist z.B. eine Kopplung von ca. 0,02 
notwendig, um eine kritische Kopplung zu bekommen. Bei einer Güte von 
200 reicht dafür ein Kopplungsgrad von ca. 0,01.

- Schlussolgerung: Mit einer hohen Güte können per induktiver Kopplung 
größere Entfernungen überbrückt werden als mit niedriger Güte. Durch die 
hohe Güte erhöhen sich Strom und Spannung in den Schwingkreisen soweit, 
bis wieder ein Gleichgewicht eintritt. Die Energie wird kaum in den 
Schwingkreisen verbraucht, sondern kommt auf der Sekundärseite an.

von HST (Gast)


Angehängte Dateien:

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Anbei mein Senf dazu.

Bei luftgekoppelten Induktivitäten (Trafo) liegt der Koppelgrad k 
(ideal=1) meist in der Größenordnung von ca. 0,5 (+/-0,2). Das heißt, 
dass der Übertragungsverlust dann so bei 6db(+/-x) liegt, also nur ein 
Viertel(+/-x) der Leistung ankommt.
(Bei Ferrit-Trafos kann man bis k=0,995 kommen).

Der Faktor k kann mit insgesamt 3 Messungen der einzelnen Induktivitäten 
und deren unterschiedlichen Verschaltung relativ einfach ermittelt 
werden.

Bei Resonanz liegt ein Zweikreis-Bandfilter, natürlich mit 
eingeschränkter Bandbreite b3db vor, dessen Übertragungsdämpfung von 
verschiedenen Faktoren, wie Leerlaufgüte Qu (2*Pi*f*L/Rverlust) und der 
sog. Betriebsgüte Qb und dem Koppelgrad (im anhängenden Bild mit q 
bezeichnet) ab. Die Betriebsgüte ergibt sich aus der Belastung durch 
Generator- und Lastwiderstand und ist mit fres/b3db definiert. Der 
Übertragungsverlust hängt bei optimaler Kopplung ("Flachkopplung", bzw. 
"Butterworth" mit q=1) vom Verhältnis Qu/Qb ab und kann durchaus Werte 
von <3db annehmen.

Ist eine ziemlich komplizierte Materie und hier vereinfacht dargestellt.
Vielleicht hilft's zum Verständnis.

von michi42 (Gast)


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B e r n d W. schrieb:
> Ich beschreibe mal im Vergleich dazu das Verhalten von Bandfiltern
> bestehend aus zwei gekoppelten Schwingkreisen.
> https://www.radiomuseum.org/forum/die_hoecker_beim_zweikreis_bandfilter2.html
>
>
Cooler Artikel.
Das mit den Höckern wird für mich dadurch einsichtiger, was aber 
eigentlich gar nicht meine Frage war. (bisher dachte ich LTI Systeme 4. 
Ordnung machen das halt...)
Vielen Dank dafür.

Ich hab jetzt verstanden, dass in den resonant gekoppelten Kreisen 
einfach mehr Energie bzw. Fluß pendelt und daher die "Reichweite" bzw. 
die Übertragung besser funktioniert als im ansonsten klassischen 
"Luft"-Übertrager mir nur gekoppekten Induktivitäten.

Ich werd mir morgen mal versuchen die Konfigurationen zu simulieren
P-P
S-P
P-S
S-S

Fast alles was ich bisher an Literatur gefunden habe, beschäftigt sich 
allerdings mit P-S.

Manche Literatur behauptet auch eine Änderung des Kopplungsgrades, was 
wir ja jetzt als falsch verworfen haben, manche Autoren haben noch ganz 
andere Ideen (Skalarwellen und so was. BTW: wo kauft man gute Alu-hüte, 
ich frag für nen Freund :-) )

Habe selbst auch noch was nützliches gefunden, aber noch nicht 
durchgearbeitet: 
http://publications.lib.chalmers.se/records/fulltext/220840/220840.pdf

Lg,

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