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Marktkirche Halle Marktkirche Halle: Risse in Gewölbe und Empore

Von Michael Falgowski 04.03.2016, 09:58
Rund 1.000 Quadratmeter groß ist die Decke der im Jahr 1554 fertiggebauten Marktkirche. Das spätgotische Gewölbe muss saniert werden.
Rund 1.000 Quadratmeter groß ist die Decke der im Jahr 1554 fertiggebauten Marktkirche. Das spätgotische Gewölbe muss saniert werden. Günter Bauer

Halle (Saale) - In etwa 16 Metern Höhe, im Gewölbe der halleschen Marktkirche, ist an einer starken Rippe des spätgotischen Gewölbes ein kleines Metallgerät zu sehen. Aber nur, wenn man ganz genau hinschaut. „Das ist ein Sensor, der ständig misst, wie sich das Gewölbe dort oben bewegt. Permanent sendet er die Messdaten an die Bauhausuniversität Weimar, seit den 1990er Jahren schon“, sagt Andreas Ebert. Der Baureferent im Kirchenkreis Halle ist auch Gemeindekirchenrat der Marktkirche. Solche Risse in Gewölbe und Wänden gibt es mehrere in dem mehr als 460 Jahren alten Gotteshaus, das als das bedeutendste Denkmal der Stadtgeschichte gilt.

Besonders augenfällig ist ein Schaden an der Südempore, die praktisch gebrochen ist: Der Riss, der seit der letzten Innensanierung im Jahr 1983 geschlossen wurde, hat sich wieder geöffnet.

Empfindliche Konstruktion

Grund: Die extrem schlanke und damit statisch sehr empfindliche Konstruktion des Kirchenschiffes ist buchstäblich in Bewegung. Unter dem Gewicht der 1554 fertiggestellten Marienkirche setzt sich der Lössboden noch immer. Vor allem an der Westseite, wo die Blauen Türme - die bereits in den 1930er und später nochmals stabilisiert wurden - kippen. Wenn auch sehr langsam. Und sie ziehen am Gewölbe, wie Andreas Ebert erläutert. Schon seit dem Barock werden deshalb immer wieder Anker zur Sicherung der spätgotischen Gewölberippen eingebaut und Risse verschlossen.

In diesem Jahr soll nun die gesamte 48 Meter lange und 24 Mieter breite Decke der Marktkirche von den Seitenschiffen aus eingerüstet werden, um das Deckengewölbe statisch zu ertüchtigen und Bemalung und Putz zu erneuern. „Es muss einfach etwas getan werden. Jederzeit kann es sein, dass Abschnitte der Kirche gesperrt werden müssen“, sagt Marktkirchen-Pfarrerin Sabine Kramer.

Der Sanierungsplan ist längst fertig, allein es fehlt noch am Geld. Für den ersten Bauabschnitt, die Gewölbedecke und die Erneuerung der alten, immer wieder nur notdürftig geflickten Elektroleitungen, sind mehr als eine Million Euro veranschlagt. Im folgenden zweiten Bauaschschnitt wären für die Wände weitere 600.000 Euro fällig. „Wenn genug Geld zusammen ist, soll es sofort losgehen“, sagt Kramer. Das ist noch ein weiter Weg: Aus Kirchenfördertöpfen und Spenden sind 170.000 Euro beisammen, beim Bund sind weitere 250.000 Euro beantragt. Seit mehr als zwei Jahren werden nun schon Fördermittelanträge geschrieben. „Eine große Freude war, dass das Land uns jetzt 255.000 Euro überreicht hat. Das ist ja auch ein starkes Signal für andere“, sagt Kramer. Um weiter Geld zu beschaffen, hat sich jetzt auch eigens ein „Förderverein Marktkirche“ gegründet.

Unabhängig von der Gewölbesicherung ist das gesamte Innere der Kirche sanierungsbedürftig. 1983 wurde die letzte Renovierung abgeschlossen. Die DDR-Putze bröckeln und die Farben der Ausmalung an Gewölbe, Pfeiler und Wänden blättern. Die alte Elektrik sei nach Aussage des Architekten eine Gefahr.

Sperrung von Abschnitten?

Sollte es so weit kommen, dass Abschnitte der Kirche aus Sicherheitsgründen gesperrt werden müssen, gäbe dies ein verheerendes Bild ab. Auch für Halle insgesamt. Denn die Marktkirche ist auch stadtgeschichtlich sicher das bedeutendste Gebäude Halles und ihre vier Türme sind, gemeinsam mit dem Roten Turm, das Wahrzeichen Halles. In der von Ratsbaumeister Nickel Hoffmann zu Ende gebauten Kirche - das ist bekannt - hat Luther gepredigt, Händel wurde hier getauft und Johann Sebastian Bach weihte 1719 hier die große Orgel ein. Caspar David Friedrich, Lyonel Feininger und Ernst Ludwig Kircher haben das beeindruckende Gotteshaus gemalt. Vor allem aber, betreten - unabhängig von Gottesdiensten und den Konzerten etwa bei den der Händelfestspielen - jährlich 70.000 Besucher zu den täglichen Öffnungszeiten die erste Kirche am Platz. Sie bewundern die bedeutendste spätgotische Hallenkirche Mitteldeutschlands, sie hören der Orgel zu oder vertiefen sich in den Anblick des Cranach-Altars.

Der erst kürzlich restaurierte wunderbare Altar würde wie der ganze Altarraum nach der Erneuerung der Lichtanlage buchstäblich in einem neuen Glanz erstrahlen. So wie der ganze Kirchenraum, in dem seit 1983 praktisch eine Art von Werkstatt-Lampen hängen. Künftig sollen LED-Lampen von den Seitenschiffen aus den Raum erhellen. - Wenn genug Geld zusammenkommt. (ash)

Auch an diesem Riss in der Südempore wird gemessen, ob sich der Schaden vergrößert. Dort drohte, ein Gesteinsbrocken herauszufallen.
Auch an diesem Riss in der Südempore wird gemessen, ob sich der Schaden vergrößert. Dort drohte, ein Gesteinsbrocken herauszufallen.
Günter Bauer