Frankreich will ab 2025 Atommüll-Endlager

12.11.2010, 12:30 Uhr
Frankreich will ab 2025 Atommüll-Endlager

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Im überzeugten Atomkraft-Land Frankreich, das fast 80 Prozent seines Stroms aus den 58 Reaktoren des Landes bezieht, wird die Diskussion um Atommüll nur verhalten geführt: Viel zu sehr schätzt man die nationale Unabhängigkeit in der Energieversorgung, günstigen und "sauberen" Strom. Ein Ausstieg aus der Kernenergie steht daher nicht zur Debatte. In einer Umfrage aus dem Jahr 2008 stuften nur 27 Prozent der Franzosen deren Risiken als besorgniserregend ein.

Dabei ist auch hier die Frage der Endlagerung nicht geklärt. Der nationalen Agentur für die Entsorgung von Atommüll zufolge fallen in Frankreich, wo gut 62 Millionen Menschen leben, jährlich etwa zwei Kilogramm radioaktiver Abfälle pro Einwohner an. Allerdings werden mehr als 90 Prozent davon in der Wiederaufbereitungsanlage in La Hague am Ärmelkanal wiederaufbereitet.

Kritiker werfen der Atomindustrie mangelnde Transparenz vor. So kam es zum Skandal, als aufgedeckt wurde, dass aus der Anlage in La Hague jahrelang flüssiger radioaktiver Abfall ins Meer geleitet wurde. Für Kritik sorgte im vergangenen Jahr auch die Enthüllung von Journalisten, nach der Frankreich seit Mitte der 90er Jahre jährlich 108 Tonnen abgereichertes Uran ins sibirische Tomsk bringt, wo dieses unter freiem Himmel gelagert wird.

Mehrere Zwischenlager

Frankreich verfügt, neben La Hague, über mehrere Zwischenlager. Nach langwierigen Diskussionen hat das französische Parlament 2006 den Bau eines Endlagers für Atommüll beschlossen, in dem ab 2025 hochradioaktiver Abfall in unterirdischen Stollen für die Ewigkeit deponiert werden soll. Die Kosten für die Endlagerung schätzt die Regierung auf bis zu 35 Milliarden Euro für die ersten 100 Jahre.

Die Entscheidung über den geeigneten Ort soll 2015 fallen, doch kristallisiert sich bereits das lothringische Dorf Bure heraus. Dort fließen jährlich rund 120 Millionen Euro in ein Forschungsprojekt, bei dem Wissenschaftler die Möglichkeiten einer Endlagerung unter einer 160 Millionen Jahre alten und wasserundurchlässigen Tonschicht 500 Meter unter der Erde untersuchen. Kritiker warnen jedoch vor
Erderschütterungen oder -beben, die die Ton- mit der darüber liegenden Wasserschicht in Berührung bringen könnten.

Zunächst soll das Endlager 6000 Kubikmeter Müll aufnehmen - das sind nur 0,2 Prozent des nuklearen Abfalls, der aber 99 Prozent der Strahlung ausmacht. Parallel dazu sollen auch Alternativen erforscht werden wie die Verringerung der gefährlichen radioaktiven Strahlung mit technischen Mitteln oder eine verlängerte Zwischenlagerung von bis zu 300 Jahren.