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Trophäenhandel Schickt Botswana 20.000 Elefanten nach Deutschland? Darum geht es in dem Streit wirklich

Elefanten an einem Fluß, Botswana
Auch in Botswana waren Elefanten vom Aussterben bedroht, doch in den vergangenen Jahren haben sich die Bestände erholt
© Artush
20.000 Elefanten als Drohkulisse: Botswana drängt auf Lockerungen beim Handel mit gefährdeten Arten. Die sieben wichtigsten Fragen und Antworten zu Artenschutz und Trophäenjagd

Inhaltsverzeichnis

Für afrikanische Länder wie Botswana ist der Handel mit Trophäen eine wichtige Einnahmequelle. Doch die Einfuhren sind streng reguliert. In der vergangenen Woche machte der Minister für Umwelt und Tourismus in Botswana, Dumizweni Mthimkhulu, in Berlin Druck – er forderte die Bundesregierung auf, die Einfuhrbestimmungen nicht wie geplant noch weiter zu verschärfen. Der Präsident von Botswana legte nach. Sollte die Bundesrepublik das nicht tun, würde man 20.000 Elefanten nach Deutschland schicken. Warum der Streit so erbittert geführt wird und wie es wirklich um die Elefanten in Afrika steht. 

Wie gefährdet sind afrikanische Elefanten? 

Die größte Elefantenpopulation Afrikas lebt tatsächlich in Botswana – rund 130.000 Elefanten sollen es nach einer umfassenden Schätzung aus dem Jahr 2022 sein. "Seit den 1980er-Jahren hat sich die Elefantenpopulation mehr als verdreifacht und kann aktuell mindestens als stabil angesehen werden", schreibt das Bundesamt für Naturschutz (BfN) dem stern. Das heißt jedoch nicht, dass die Tiere generell keinen Schutz brauchen – ihre Zahl hat sich lediglich in einigen Regionen Afrikas erholt.

Anfang des 20. Jahrhunderts zogen noch mehrere Millionen Elefanten über den Kontinent; 2016 waren es nach Schätzungen des "African Elephant Status Report" 415.000 Savannen- und Waldelefanten. Allein im Jahrzent von 2006 bis 2016 sank ihre Zahl um 100.000. Der Savannenelefant gilt als bedroht, der Waldelefant sogar als kritisch bedroht. Er lebt vor allem in Zentralafrika, seine Bestände waren dort zwischen 2002 und 2011 nach Schätzungen der Weltnaturschutzunion (IUCN) um 62 Prozent zurückgegangen. 2018 lebten vermutlich nur noch 75.000 Waldelefanten in Afrika.  

Zu den größten Gefahren für die Elefanten gehört die Wilderei. Laut WWF sind afrikaweit fünf bis sechs von zehn tot aufgefundenen Elefanten keines natürlichen Todes gestorben, in Zentralafrika sind es sogar acht von zehn. Hinzu kommt, dass die Lebensräume der Tiere immer kleiner werden, durch die Landwirtschaft, die sich ausweitenden Siedlungen von Menschen, die Bergung von Bodenschätzen, aber auch durch den Klimawandel.

Eine Elefantenmutter mit ihrem Jungen
Eine Elefantenbaby trinkt bis zu zehn Liter Milch am Tag, erst mit zwei Jahren hat es gelernt, Grünzeug zu fressen. Botswana hat sich zu einem Refugium für Elefanten entwickelt, die Bestände konnten sich etwas erholen
© CA Wildlife Prints

Warum ist die Jagd auf diese Wildtiere überhaupt erlaubt? 

Illegal ist die Trophäenjagd tatsächlich nicht. Ob sie allerdings – wie Befürworter argumentieren – dem Natur- und Tierschutz dient, ist umstritten.

Die Weltnaturschutzorganisation IUCN glaubt, dass die Jagd durchaus positive Effekte haben könnte. Dazu zählen zum Beispiel Anreize für Landbesitzer, um Wildtiere auf ihrem Land zu erhalten oder wieder anzusiedeln. Einnahmen aus der Jagd könnten wiederum dem Wildtierschutz zugutekommen. Tatsächlich gibt es Nationalparks, die maßgeblich durch die Trophäenjagd im Rest des Landes finanziert werden. Außerdem, so die Hoffnung, könnten illegale Tötungen reduziert werden und die Toleranz für ein Leben mit Wildtieren steigen. 

Wie so etwas aussehen kann, hat sich zum Beispiel in Namibia gezeigt: Dort waren bis Mitte der 1990er-Jahre die Wildtierbestände auf einen historischen Tiefstand gesunken. Als die Regierung die Verantwortung für den Naturschutz und die Wildbestände lokalen Gemeinschaften übertrug, führten sie unter anderem eine streng regulierte und kontrollierte Jagd ein. Die Bestände von Spitzmaulnashörnern, Elefanten, Löwen und Giraffen begannen sich daraufhin tatsächlich zu erholen.

Auf der anderen Seite gibt es laut IUCN jedoch in einer ganzen Reihe von Ländern Beispiele, dass die Trophäenjagd als Schutzmaßnahme nicht funktioniert. Oft werden zu viele Tiere geschossen oder solche, die auf der Roten Liste der gefährdeten Tierarten stehen. Mangelnde Kontrollen und Korruption schwächen die Durchsetzung von Regeln. Außerdem zielen Trophäenjäger vor allem auf Tiere mit herausragenden Merkmalen, wie zum Beispiel besonders langen Stoßzähnen oder großen Hörnern. So werden oft die stärksten und gesündesten Individuen einer Population getötet.

Wie kann man den Konflikt zwischen Landwirtschaft, Bevölkerung und Artenschutz entschärfen?

Zunächst einmal: Solche Konflikte treten überall auf. Auch deutsche Bauern verzweifeln, wenn Wildschweine den Rübenacker umpflügen. Die friedliche Koexistenz von Großsäugern und Menschen ist eine Herausforderung, findet Kolja Leoni von der Umweltorganisation WWF. "Das erleben wir auch in Deutschland, sei es beim Wisent, Elch, Wolf oder Bär."
In vielen Ländern Afrikas schwelt ein ständiger Konflikt zwischen Hirten und Raubkatzen, die eingepferchte Schafe oder Rinder als leichte Beute betrachten. Oft greifen die Landwirte zu Giftködern, um sich des Problems zu entledigen. Aber es gibt auch Versuche, hungrige Löwen und Leoparden mittels Lichtsignalen oder Lärm zu vergrämen.
Konflikte zwischen Mensch und Wildtieren nehmen in Afrika zu. In Botswana etwa stieg die Zahl von etwa 4300 Fällen im Jahr 2014 auf knapp 12.000 im Zeitraum 2022/23, so das staatliche Department of Wildlife and National Parks. Erfasst werden Zerstörungen von Ernten, aber auch Verletzungen und Tötungen von Menschen. 43 Prozent der Fälle werden auf Elefanten zurückgeführt. Zäune sind meist wirkungslos. Deshalb erscheint der Abschuss den betroffenen Bauern oft als die einzig sinnvolle Lösung. 

Damit Menschen die als gefährlich empfundenen Tiere in ihrer direkten Nachbarschaft akzeptierten, brauchten sie Unterstützung, sagt Leoni: "Wer möchte, dass Elefanten, Löwen, Leoparden und andere Großsäuger dauerhaft überleben können, darf die Menschen vor Ort mit diesen Herausforderungen nicht alleinlassen."

Worum geht es in Botswana wirklich?

Um kämpferische Rhetorik und den Erhalt des Handels mit Jagdtrophäen – denn der wird in Europa immer schwieriger: In Belgien verabschiedete das Parlament bereits im Januar 2024 – einstimmig – ein Einfuhrverbot für Jagdtrophäen von geschützten Tieren; in Frankreich wird ein solcher Gesetzentwurf zurzeit diskutiert. Und auch die deutsche Umweltministerin Steffi Lemke von den Grünen will die Einfuhr verbieten beziehungsweise Einfuhrbeschränkungen auf weitere Tierarten ausweiten. Deshalb wehrt sich Botswana nun massiv.

Dabei galt das Land noch vor zehn Jahren als Vorreiter in Sachen Natur- und Artenschutz und stand für umweltfreundlichen Foto-Safari-Tourismus. 2014 verbot Präsident Ian Khama sogar die kommerzielle Jagd auf geschützte Tiere – auch auf Elefanten. Sein Nachfolger, Präsident Mokgweetsi Masisi, hob das Verbot 2019 jedoch wieder auf. Damit positionierte er sich und seine Partei vor allem bei der armen Landbevölkerung, die ihre Ernte immer wieder auch gegen hungrige Elefanten verteidigen musste. 

Das Problem an der aktuellen Debatte ist allerdings, dass die kommerzielle Trophäenjagd sich kaum auf hohe Elefantenbestände und damit auch nicht auf die Nöte der Bauern und Dorfbewohner auswirken dürfte. Dass eine überschaubare Zahl deutscher Jagdtouristen durch ihr exklusives Hobby eine Zahl von geschätzt etwa 130.000 Elefanten in Botswana regulieren könnte, erscheint  angesichts der Statistiken unrealistisch: In den Jahren 2021 und 2022 wurden jeweils um die 500 Jagdtrophäen von geschützten Tierarten aus aller Welt legal nach Deutschland eingeführt – und lediglich ein Teil davon stammte überhaupt von Afrikanischen Elefanten.

Wie viele Elefanten können in Botswana leben? 

Laut Bundesamt für Naturschutz hält Botswana nur 70.000 Elefanten in dem Land für "tragfähig". Das wäre nur rund die Hälfte der aktuellen Zahl. Doch der Begriff der "Tragfähigkeit" ist in der Ökosystemforschung umstritten, weil sich ein Lebensraum wie die Savanne je nach Wetterlage, Wasserangebot oder Pflanzenwachstum sehr schnell und stark verändern kann – was auch beeinflusst, wie viele Tiere dort leben können.

Wie wahrscheinlich ist es, dass Botswana Elefanten nach Deutschland "abschiebt"?

Das ist unwahrscheinlich. Der Transport solch großer Tiere ist kompliziert, der Tierschutz eine Herausforderung. Nur wenige Frachtmaschinen sind überhaupt geeignet,  mehrere Tonnen schwere Elefanten aufzunehmen. Zudem müssen die Tiere sediert werden, damit sie sich nicht im Flugzeug von ihren Halterungen losreißen und durch den Frachtraum trampeln, eine Situation, die vermutlich kein Pilot bewältigen könnte. Bei solchen Flügen sind immer Veterinäre involviert, die den Zustand der Elefanten vor dem Start, in der Luft und nach der Landung kontrollieren und bei Bedarf eingreifen. Ein Transport per Schiff von Südafrika nach Europa würde mindestens eine Woche dauern und wäre ähnlich aufwendig. Und was sollte mit Hunderten, wenn nicht sogar Tausenden Elefanten hier geschehen? Viele Zoos in Deutschland halten aus Tierschutzgründen keine Elefanten mehr. Manche Zoo-Gegner fordern sogar ein generelles Haltungsverbot, weil die Tiere in den kleinen Gehegen ihren natürlichen Wanderungstrieb nicht ausleben können. Auch Zirkusse scheiden als potenzielle neue Heimat aus: Zum Zwecke der Vorführung sollen sie die Dickhäuter künftig nicht mehr in die Manege schicken dürfen. Bliebe wohl nur die Möglichkeit, große Freiluftreservate einzurichten. Aber wo sollten diese entstehen, und wer sollte sich darum kümmern?

Wie finden Touristen heraus, welche Trophäen sie mitbringen dürfen, und wer kontrolliert das?

Seit 2019 findet man beim Zoll gut aufbereitete Infos über den Schutzstatus von Tier- und Pflanzenarten. Einfach auf das gewünschte Land klicken und dann weiter auf die Art, für die man sich interessiert, seien es Feuerkorallen aus Frankreich, Schildkröten aus Griechenland oder Papageien aus Indien. Über Elefanten in Botswana erfährt man , dass sie unter die "Anhänge" A und B der EU-Artenschutzverordnung fallen. Heißt: Sie sind besonders geschützt und unterliegen einem umfassenden Vermarktungsverbot. Nur mit einer Einfuhrgenehmigung (erteilt in Deutschland das Bundesamt für Naturschutz, BfN) könnten sie importiert werden. Geschützt sind nicht nur die Tiere selbst, sondern auch Stoßzähne, Schnitzereien aus Elfenbein, Felle und Häute sowie daraus hergestellte Produkte (zum Beispiel Musikinstrumente, Schmuck). Bei Verstößen gegen die Einfuhrbestimmungen kann der Zoll "Mitbringsel" beschlagnahmen. Zudem drohen Bußgelder. Sind geschützte Arten betroffen, sind auch Strafverfahren möglich. Weitere Informationen zu CITES (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) finden Sie beim Bundesamt für Naturschutz.

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