Ein Gespenst geht um in Europa. Seit gut einem Monat herrscht wieder Krieg auf dem Kontinent. Ende Februar waren russische Truppen in der Ukraine einmarschiert. Man wolle den Genozid im Osten des Landes, der an der russischen Minderheit begangen werde, beenden und eine ukrainische Großoffensive verhindern. So begründet Russland seine Invasion. Doch Hinweise gibt es weder auf einem Genozid noch auf ukrainischen Angriffspläne. Nun wächst die Angst in Europa, vor der Unberechenbarkeit Russlands und dessen Machthaber – und vor einem möglichen dritten Weltkrieg.
Dass der Ukraine-Krieg nicht die erste große militärische Auseinandersetzung seit dem Zweiten Weltkrieg ist, haben viele zunächst verdrängt. Selbst die Tatsache, dass in der Ukraine seit 2014 bereits Krieg herrscht, auch wenn sich der auf den östlich gelegenen Donbass beschränkte, war gerade zu Beginn der russischen Invasion von vielen vergessen worden. Dabei stehen militärische Auseinandertsetzungen in der Ostukraine seit der Annexion der Krim auf der Tagesordnung.
Und selbst das ist nicht der erste Krieg in Europa seit 1945. Doch was bedeutet eigentlich "Krieg"?
Krieg ist Politik mit anderen Mitteln
"Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln", schrieb einst der Militärhistoriker Carl von Clausewitz. Forscher der Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung (AKUF) an der Universität Hamburg haben bestimmte Kriterien erarbeitet. Gewaltsame Massenkonflikte werden zu Kriegen, wenn sie folgende Merkmale aufweisen:
- Es müssen mindestens zwei bewaffnete Streitkräfte beteiligt sein. Mindestens eine Seite muss zu den regulären Streitkräften der Regierung zählen. Demnach müssen das Militär, paramilitärische Verbände oder Polizeieinheiten an dem Konflikt mitwirken.
- Der Krieg muss durch eine zentrale Organisation gelenkt und organisiert werden.
- Die bewaffneten Auseinandersetzungen finden nicht nur spontan und gelegentlich statt, sondern kontinuierlich.
Bereits kurz nachdem der Zweite Weltkrieg endete, begann in Griechenland der nächste Konflikt. Seitdem hat es immer wieder militärische Auseinandersetzungen gegeben. Viele von ihnen fanden in Osteuropa statt und hängen mit dem Zerfall der Sowjetunion zusammen. Doch während es sich beim Ukraine-Krieg um einen Angriffskrieg handelt, waren die meisten anderen Krieg in Europa Separatismus- oder Bürgerkriege. Der Fall der Ukraine bleibt rückblickend eine Ausnahme. Ein Überblick.
Quellen: Bundeszentrale für politische Bildung, Centre Virtuel de la Connaissance sur l'Europe, Krautreporter, BPB, Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, Material von DPA und AFP