Ende Februar ist eine Schwarzkopf-Ruderente in Radolfzell im Auftrag der höheren Naturschutzbehörde im Regierungspräsidium Freiburg (RP) erschossen worden. Der Grund: Die aus Nordamerika stammende Art gefährde in Europa die Weißkopf-Ruderente. Nur wie groß ist diese Gefahr wirklich? Und wieso wurde die Ente erschossen, anstatt sie einzufangen?

Erfahrungen aus Großbritannien warnen

Um das Problem mit Schwarzkopf-Ruderenten zu verdeutlichen, verweist Matthias Henrich, stellvertretender Pressesprecher des Regierungspräsidiums Freiburg, auf Nachfrage auf Erfahrungen aus Großbritannien. Dort habe sich in den vergangenen 50 Jahren eine starke Tendenz gezeigt, dass Tiere, die aus menschlicher Obhut entkommen sind, sich schließlich etabliert haben. „Nur durch eine konsequente Entnahme der gesamten Population konnten in Großbritannien weitere Schäden an der heimischen Natur verhindert werden. Aus dieser Erfahrung heraus hat die EU die Art als invasiv eingestuft“, so Henrich.

Nach Definition des Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz stellen invasive und gebietsfremde Organismen eine Bedrohung für die Artenvielfalt, natürliche Lebensräume und Ökosysteme dar.

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Die Frage, ob durch die einzelne Ente in Radolfzell eine Bedrohung für die Weißkopf-Ruderente entstehe, sei berechtigt, so Henrich. „Durch die hohe Mobilität von Vögeln und die geringe Möglichkeit einer dauerhaften lückenlosen Überwachung von einzelnen Individuen, ist die Gefahr zwar im ersten Blick abstrakt“, räumt der Pressesprecher ein.

Lebend einfangen war offenbar nicht möglich

Tatsächlich sei in einem ersten Schritt versucht worden, die Ente lebend einzufangen. Allerdings sei das nicht gelungen. „Auch war es nicht möglich, aus der Ferne den Züchterring abzulesen, um den oder die Halter ausfinden zu machen“, erklärt Matthias Henrich.

Die EU-Vorgabe schreibe vor, die Population der invasiven gebietsfremden Art, also der Schwarzkopf-Ruderente, vollständig und dauerhaft zu beseitigen. Da auch die Gefahr drohte, dass die Ente schon wenig später an einem anderen Ort sein könnte, sei in letzter Konsequenz der Abschuss des Tiers genehmigt worden.

Das sagt das Nabu-Bodenseezentrum

Lisa Maier vom Nabu-Bodenseezentrum teilt auf Nachfrage mit, man befürworte den Abschuss der Schwarzkopf-Ruderente. In England habe sich gezeigt, dass die Art sich innerhalb kürzester Zeit stark vermehre und ein großes Problem für die Weißkopf-Ruderente darstelle. „Für die Arterhaltung der Weißkopf-Ruderente ist ein direktes Eingreifen beim Auftreten von Gefangenschaftsflüchtlingen der Schwarzkopf-Ruderente unerlässlich“, erklärt sie weiter.

Soll geschützt werden: die Weißkopf-Ruderente.
Soll geschützt werden: die Weißkopf-Ruderente. | Bild: Simon Stobart

Die Weißkopf-Ruderente habe ihr Brutgebiet zwar vor allem im spanischen Mittelmeerraum. Allerdings legen Entenvögel laut Maier oft tausende Kilometer zwischen Brut-, Rast-, und Überwinterungsgebieten zurück, sodass es nicht ausgeschlossen sei, „dass auch die Schwarzkopf-Ruderente aus Radolfzell ihren Weg in die Brutgebiete der bedrohten Art gefunden hätte“. Auch laut Matthias Henrich sei es nicht so unwahrscheinlich, dass Schwarzkopf-Ruderenten vom Bodensee schlussendlich in Spanien anlanden.

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Zudem weist Lisa Maier darauf hin, dass die Bekämpfung invasiver Arten nur zu Beginn effektiv sei: „Wenn sich die Art, wie zum Beispiel bei Rost- und Nilgans, bereits stark vermehrt hat und zum Problem geworden ist, ist es meist zu spät.“ Denn wenn beispielsweise schon heimische Arten von ihren Brutplätzen verdrängt wurden, sei eine Bekämpfung der Eindringlinge mit sehr großen Kosten verbunden – und würde wiederum auch die anderen Arten stören.