Natur
«Ich würde gerne die Kraft der Bäume spüren»: Unterwegs mit dem Pionier vom Basadinger Dauerwald

Walter Ackermann war 50 Jahre im Forst beschäftigt. 34 Jahre davon im Basadinger Wald, den er geprägt hat, wie kein anderer.

Thomas Güntert
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Der Basadinger Alt-Förster Walter Ackermann ist ein Experte der Dauerwaldbewirtschaftung.

Der Basadinger Alt-Förster Walter Ackermann ist ein Experte der Dauerwaldbewirtschaftung.

Bild: PD

«Bevor ich von Roggwil aus dem Oberthurgau nach Basadingen kam, wusste ich nicht, was ein Dauerwald ist und musste da erst reinwachsen», sagt Walter Ackermann, der 1987 vom damaligen Bürgerpräsident Gerhard Frank als Förster angestellt wurde und bis zur Pensionierung geblieben ist.

Basadingen hatte damals einen Dauerwald, der im Fachjargon als Plenterwald bezeichnet wird und durch die frühere Bewirtschaftungsform entstanden ist. Bei dieser wurden alle 20 Jahre das gesamte Brennholz geerntet und ein paar grosse Bäume stehen gelassen. Als die Ölheizungen aufkamen und statt Brennholz zunehmend Fichtenholz als Bauholz gefragt war, holzten viele Forstreviere die ausgeräuberten Dauerwälder ab und pflanzten Monokulturen. «Die Basadinger waren eher konservativ und sind nicht auf jeden Zug aufgesprungen», erinnert sich der 67-jährige Alt-Förster, der bei seiner Waldbewirtschaftung auf Kahlschläge verzichtete und bis auf ein paar spezielle Baumarten auf Naturverjüngung setzte.

Förster Walter Ackermann aus Basadingen.

Förster Walter Ackermann aus Basadingen.

Bild: PD

«Das Geld, das man nicht ausgibt, hat man schon verdient», sagt Ackermann. Die sorgfältige und rücksichtsvolle Bewirtschaftung war immer sein Hauptanliegen und der multifunktionale Wald, der gleichzeitig wertvolles Holz liefert, Lebensraum für Tiere und Pflanzen bietet und ein ruhiger Ort für Erholungssuchende ist, das Ziel. Im 300 Hektaren umfassenden Bürgerwald stehen heute im Schnitt auf jeder Hektare 13 «Giganten» mit einem Brusthöhendurchmesser von über 73 Zentimeter, insgesamt etwa 2500 Fichten, 900 Eichen, 300 Buchen und 300 Weisstannen.

Respektloser Umgang mit dem Wald hat sich breitgemacht

Auf unzähligen Waldführungen gab der Dauerwaldexperte seine Erfahrungen weiter. Dabei betonte er immer wieder, dass nirgendwo so deutlich wie im Wald zum Ausdruck kommt, dass in der Natur alles aufeinander abgestimmt ist. Zwischen seiner Forstlehre bei der Waldkorporation Romanshorn-Uttwil und der Försterschule in Maienfeld war er zweimal in Kanada und hat ein halbes Jahr in Norwegen im Wald gearbeitet.

Der Plenterwald von Basadingen-Schlattingen

Der leicht hügelig bis flache Plenterwald von Basadingen-Schlattingen liegt auf einer Höhenlage von 420 bis 520 Metern und umfasst 308 Hektaren. Die Vegetation im Waldmeister-Buchenwald, Lungenkraut-Buchenwald und Eschen-Mischwald erfolgt bei einer Mitteltemperatur von 9,3 °C und einem Niederschlag von 968 mm pro Jahr von Mitte März bis Ende Oktober. (Thomas Güntert)

«Ich war erschrocken, wie respektlos dort mit dem Wald umgegangen wurde», erinnert sich Ackermann und bedauert, dass der Vollernter mittlerweile auch in der Schweiz zum notwendigen Übel geworden ist. Über 200 Jahre alte Bäume sind für ihn Zeitzeugen verschiedener Epochen, und er bewundert Leute, die aus den Bäumen Kraft schöpfen. «Ich würde auch gerne die Kraft der Bäume spüren, doch bisher hat es leider noch nicht geklappt», sagt Ackermann.

Die letzten Berufsjahre waren die schwierigsten

Die grössten Herausforderungen für den Basadinger Förster war der Sturm Lothar an Weihnachten 1999 und der nachfolgende Borkenkäfer, der seinen Fichtenbestand auf die Hälfte reduzierte. Später kam dann auch noch das Eschentriebsterben dazu, bei dem 90 Prozent dieser Baumart zum Opfer gefallen sind. «Der Klimawandel wird die Wälder künftig in der Zusammensetzung verändern», sagt Ackermann und betont, dass man für eine Artenvielfalt jeden Baum schützen muss oder eine angepasste Jagd braucht, die den Rehbestand reduziert.

Eine Alternative wäre der Wolf. «Wo der Wolf läuft, wächst der Wald», sagt Ackermann, dem aber auch bewusst ist, dass es dann Konflikte mit den Bauern gibt. Seit zwei Jahren geniesst der alte Basadinger Förster nun den Ruhestand. Er hat einen grossen Garten, drechselt Holzschalen, verbringt viel Zeit mit seinen drei Enkelkindern und gibt ab und zu auch noch Führungen im Basadinger Dauerwald, in dem er immer noch fast jeden grösseren Baum kennt.