Zugegeben, es ist nicht gerade Hochsaison für die zirpenden Wiesenbewohner. Ihr Ruf erinnert an den Sommer, an den Duft von wilden Blumen und an sonnige Weiden. Doch Saison hin oder her: Pro Natura hat die Feldgrille zum Tier des Jahres 2014 gewählt. Dies gab die Naturschutzorganisation am Montag in einer Mitteilung bekannt. 

Pro Natura geht es um mehr als ein neues «Maskottchen» des Jahres. Die Feldgrille soll als Botschafterin für ein ganzes Ökosystem stehen. Ihr Lebensraum wird nämlich mehr und mehr eingeengt. Schuld daran sind laut Pro Natura einerseits Immobilien-Unternehmen und Ortsplaner, die «Grillenparadiese» mit Wohnhäuser überbauen. Andererseits sorgen eine intensivere Landwirtschaft im Mittelland sowie die Verbuschung nicht mehr bewirtschafteter Hänge in höheren Lagen für das allmähliche Verschwinden der Feldgrillen-Heimat.

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 Bild: © Waldhäusl  

Mit ihrer neu lancierten Kampagne «Flower Power – für farbenfrohe Blumenwiesen» setzt sich Pro Natura in den kommenden Jahren verstärkt für die farbenprächtigen und artenreichen Wiesen und Weiden ein. Ausserdem sichert die Naturschutzorganisation ein Netz von über 600 Naturschutzgebieten in der ganzen Schweiz mit extensiv bewirtschafteten Wiesen – zur Freude der Feldgrille. Und auch in der Agrarpolitik macht sich Pro Natura für artenreiche Wiesen und Weiden im Kulturland stark.

Schreckhafte Geigenmeister
Im Gegensatz zu ihrem Ruf ist das Aussehen der Feldgrillen nur wenig bekannt: Schwarz, mit bulligem Körper und einem grossen «Dickkopf» erinnert die Heuschreckenart an ein Alien aus der Welt des Films. Wer die rund zwei Zentimeter grossen Feldmusikanten zu Gesicht bekommen will, muss jedoch flink sein. Denn bei aufkommender Gefahr verstummen die «Rufer in der Wiese» und verziehen sich blitzartig in ihre Wohnhöhlen.

Nach einer Weile wagen sie sich wieder auf ihren glatt geputzten «Vorhof» und zirpen erneut um die Wette – in der Hoffnung, das Interesse eines Weibchens zu wecken und Rivalen fernzuhalten. Denn bei den Feldgrillen musizieren nur die Männchen. Als Instrument dienen die Vorderflügel. Auf deren Unterseite befinden sich rund 140 feine Zähnchen, die wie ein Kamm in atemberaubender Geschwindigkeit über eine glatte Kante am Rand des anderen Flügels streichen.

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Der Gesang der Feldgrille. Quelle: YouTube/Oceanbreezefanatic.

Nicht gefährdet, aber verletzlich
Die Feldgrille (Gryllus campestris) ist eine von neun Grillenarten in der Schweiz. Sie alle gehören zur Ordnung der Heuschrecken. In der Schweiz leben 111 Heuschreckenarten. Knapp 40 Prozent dieser Springmeister sind gefährdet. Die Feldgrille selbst ist es nicht. Doch mit einem immer eingeschränkteren Lebensraum kann es auch für sie zuweilen eng werden: Da sie – trotz Flügeln – nicht fliegen kann, leben viele Populationen auf abgeschotteten «Inseln». Dies macht die Art verletzlich und kann dazu führen, dass die Feldgrille lokal ausstirbt.