I. Krähen basteln sich ihre Werkzeuge selbst
Diese Fähigkeit war lange Zeit nur von Menschen und Menschenaffen bekannt. Wir können erst ab einem Alter von ungefähr fünf Jahren Hilfsmittel zur Problemlösung selbst entwickeln. Dafür müssen wir uns diese Objekte vor unserem geistigen Auge vorstellen, dann den Bau planen und schließlich ausführen. Eine enorme kognitive Leistung, zu denen auch Krähen fähig sind.
Forscher des Max-Planck-Instituts für Ornithologie und der Universität Oxford stellten 2018 acht Krähen auf die Probe. Um an ein Leckerli in einer Kiste zu gelangen, mussten die Vögel einen langen Stab aus mehreren kleinen zusammenstecken. Innerhalb von nur wenigen Minuten hatten die Tiere den Bogen raus und erwiesen sich als wahre Bastelgenies.
Die Geradschnabelkrähen bekamen keine Hilfe und auch kein Training, um diese Werkzeuge zu bauen, sie haben ganz alleine herausgefunden, wie sich das Problem lösen lässt.
II. Krähen verstehen das Prinzip von Ursache und Wirkung
Biologen der neuseeländischen University von Auckland und der Uni Wien brachten 2012 Neukaledonischen Krähen in ein Gehege, in dem ein Stock aus einer Plane herausragte. In einem ersten Experiment konnten die Vögel beobachten, wie ein Mensch hinter die Plane verschwand, bevor sich der Stab bewegte, und im Anschluss wieder hervorkam. In einem zweiten Versuch war scheinbar kein Mensch zugegen, der Stock ragte plötzlich wie von Geisterhand aus der Plane heraus.
Beim ersten Experiment blieben die Krähen entspannt. Sie hatten verstanden, dass der Mensch den Stock bewegt hatte. Beim zweiten hingegen wurden sie sichtlich nervös und trauten sich zunächst nicht näher an die Plane heran. Ihnen war es also ein Rätsel, wie sich der Stock von alleine gerührt haben soll.
Im Video kannst du dir die Unsicherheit der Vögel anschauen:
III. Krähen verstehen einfache Physik
Schon der griechische Dichter Äsop wusste um die Intelligenz von Rabenvögeln. In einer Erzählung schrieb er von einer Krähe, die in einen Krug Steine geworfen haben soll, um den Wasserstand zu erhöhen, so dass sie daraus trinken konnte.
Forscher aus Neuseeland überprüften im Jahr 2014, ob diese Fabel stimmt. Sie präsentierten sechs Krähen einen mit Wasser gefüllten Zylinder, in dem ein Stück Futter schwamm. Dieses konnten sie nur erreichen, wenn sie Steine oder andere schwere Objekte hineinwarfen. Und das meisterten die cleveren Vögel so gut wie siebenjährige Kinder, berichteten die Forscher.
IV. Krähen hegen Groll – und geben ihn an Artgenossen weiter
Krähen können sich Gesichter merken – vor allem von Menschen, die gemein zu ihnen waren. So wie das von Biologe John Marzluff, der 2011 Krähen einfangen musste, um sie zu markieren. Das nahmen ihm die Vögel noch lange Zeit übel.
Zwei Wochen, nachdem der Forscher ihnen die Falle gestellt hatte, beschimpften ihn rund 26 Prozent der Krähen. 15 Monate später waren es schon 30,4 Prozent und drei Jahre später sogar 66 Prozent. Die Vögel hatten also ihre Artgenossen vor Marzluff gewarnt, so dass immer mehr von seinen bösen Absichten wussten und ihren Unmut lautstark kundtaten, wenn sie ihn sahen.
Wie eine andere Studie zeigte, erinnern sich Raben aber auch an Menschen, die nett zu ihnen waren. In einem Experiment konnten sie ein Stück langweiliges Brot gegen leckeren Käse eintauschen. Dabei wurden sie von einem Mensch übers Ohr gehauen, ein anderer behandelte sie fair und ein dritter war ihnen gegenüber neutral. Auch noch einen Monat später wollten sich die Raben nur mit der fairen Versuchsperson auf einen neuen Handel einlassen.
V. Krähen halten Totenwache für Artgenossen
Und zwar aus einem bestimmten Grund, wie die Forscherin Kaeli Swift von der Uni Washington herausfand: Sie lernen aus der Todesursache, um nicht noch weitere Opfer beklagen zu müssen, wie der Fall der kanadischen Stadt Chatham zeigte. Diese liegt auf der Flugroute von Krähen. Jeder Versuch der Einwohner, die Vögel los zu werden, scheiterte – so auch das Abschießen. Die Krähen hatten gelernt, genauso hoch zu fliegen, dass die Geschosse sie nicht mehr treffen konnten.
VI. Raben sind schlau genug, um paranoid zu werden
Eine Studie fand 2016 heraus, dass Raben die Fähigkeit der so genannten Theory of Mind besitzen. Das bedeutet, sie erkennen, was in anderen vorgeht und können diesen mentalen Zustand mit ihrem eigenen vergleichen.
Kognitionsbiologen der Uni Wien ließen Raben durch ein Guckloch in einen anderen Raum spähen, in dem ein Artgenosse Futter versteckte. Dann wurden die Vögel in das jeweils andere Zimmer gebracht. Der Rabe, der vorher den anderen beobachten konnte, beeilte sich dann merklich, sein Fressen zu verstecken. Er wusste durch seine eigene Erfahrung, dass er beobachtet werden konnte.
VII. Raben schließen asoziale Artgenossen aus
Mit einem Idioten wollen wir Menschen in der Regel nichts zu tun haben. Genauso geht es auch Raben, wie Forscher der Uni Wien 2015 festgestellt haben. Für ihre Studie sollten zwei Raben an Seilen ziehen, um eine Plattform heranzuholen, auf der sich zwei Stücke Käse befanden – also jeweils eine Belohnung für die beiden Vögel.
Konnten sie ihren Partner allerdings nicht leiden, arbeiteten sie nicht gut zusammen, berichteten die Kognitionsbiologen. Noch schlimmer: Wenn einer schummelte und neben seinem eigenen auch nach das Stück Käse des anderen aß, verweigerte das „Opfer“ regelrecht die Zusammenarbeit mit dem Betrüger.
Auf so ausgereifte Art seinen Partner in Schach zu halten, kannte man bisher nur von Menschen und Schimpansen, unter Vögeln ist das neu.
VIII. Krähen üben sich in Selbstkontrolle
Das zeigte ein Forscherteam der Universitäten Göttingen und Wien im Jahr 2014 mit dem Stanford-Marshmallow-Experiments, mit dem in den 1960er Jahren die Selbstkontrolle von Kindern getestet wurde.
Die Krähen bekamen ein Leckerli und die Möglichkeit dieses gegen ein besser schmeckendes einzutauschen – zum Beispiel eine Traube gegen ein Stück Fleisch -, wenn sie bereit waren zu warten. Das Ergebnis: Tatsächlich beherrschten sich die Vögel und geduldeten sich sogar bis zu zehn Minuten lang auf die schmackhaftere Belohnung.
IX. Raben können vorausschauend planen
Eine weitere Fähigkeit, die man lange Zeit nur Menschen und Menschenaffen zutraute. Doch schwedische Forscher bewiesen vor zwei Jahren, dass auch Raben abschätzen können, was in der Zukunft passieren wird. Mit einem bestimmten Gegenstand, den die Vögel in eine Apparatur werfen mussten, bekamen sie eine Belohnung. Sie konnten allerdings auch sofort ein nicht ganz so schmackhaftes Leckerli erhalten.
In den meisten Fällen entschieden sich die Tiere tatsächlich für den Gegenstand – auch wenn dieser ihnen erst später nützlich werden würde, wie zum Beispiel einen Stein.
„Damit schneiden die Raben mindestens so gut ab wie Menschenaffen – und sogar besser als vierjährige Kinder“, fassten Can Kabadayi und Mathias Osvath vom Institut für Kognitive Wissenschaften der Lund University zusammen.
Raben und Krähen sind also ziemlich schlaue Tiere.