Die einstigen Schulstreber-Typen dürften sich vor Schadenfreude auf die Schenkel klopfen: Ihre einst verspotteten Brillengestelle will derzeit jeder tragen. Das geht so weit, dass Modeunternehmen auffällige Horn-Gestelle mit Fensterglas neben Handtaschen und Schmuck als Accessoires anbieten. Auch wer eine Sehschwäche hat, verzichtet immer mal wieder auf Kontaktlinsen und führt die Brille stolz aus.
Im Trend liegen daher vor allem auffällige Rahmen, die das Gesicht betonen. „Die sogenannte Pantobrille, wie man sie aus den 20er-Jahren kennt, ist zur Zeit besonders angesagt“, sagt Jürgen Meyer vom Zentralverband der Augenoptiker in Düsseldorf. Mit ihren runden, meist großen Gläsern bietet diese Variante ein weites Sichtfeld.
Dem Retro-Trend ist auch das Comeback der Pilotenbrille zu verdanken, die als Sonnenbrille bereits seit einigen Saisons beliebt ist. In den 80er-Jahren war die Pilotenbrille ein Renner, danach ist sie jahrelang in der Versenkung verschwunden. Die dritte, häufig gesehene Variante sind die rechteckigen, oftmals übergroßen Streber-Brillen, auch als Nerd-Brillen bekannt. Sie sind in dieser Saison allerdings filigraner als noch vor kurzem.
Auch werden alle Gestelle vermehrt in helleren und damit im Gesicht weicher wirkenden Tönen angeboten. Statt dicker schwarzer Rahmen sieht man häufig weich überfliesenden Farbmischungen, etwa bei Lunor in Gelb-Braun oder Rose-Schwarz sowie bei Roberto Cavalli in Rosa-Rot.
„Fassungen in Silber oder Grau verleihen der Pantobrille, die bei Männern und Frauen momentan gleichsam gefragt ist, etwas Adliges“, sagt Kerstin Kruschinski vom Kuratorium Gutes Sehen in Berlin. Meyer findet, ein zartes Weiß und wässrige Blautöne wirken elegant.
Kühlere Metalltöne für Männer
Bei Männer dominierten helle, aber kühlere Metalltöne die Farbpalette, sagt Kruschinski. „Lichtgraues Titan, silberner Edel- oder Chirurgenstahl und Farbkombinationen mit glasklarem Polyamid sind stabil und leicht zu tragen.“
Doch unauffällig ist die Brille damit nicht: Besonders Frauen mögen mit Strass oder Glitzer besetzte Bügel, die laut Meyer für Aufmerksamkeit sorgen. Das Label Just Cavalli hat eckige Modelle in seiner aktuellen Kollektion, deren bunte Rahmen ein Camouflage-Muster haben. Bulgari wartet mit einem lila Rahmen und einer Zierleiste mit Steinchen auf.
Die Brille muss zum Typ passen
Designer Michael Korrs verpasste einem seiner Modelle den derzeit beliebten Leo-Look, John Galliano hat für Frauen verschiedenfarbige Rahmen mit auffälligem Lochmuster. Doch trotz aller Trendversprechungen: Bei der Wahl der passenden Brille sollten nicht nur die modischen Vorlieben im Mittelpunkt stehen, betont Einkaufsberaterin Simone Piskol aus Dresden. „Eine Brille muss vor allem zum Typ passen.“
Das richtige Modell sollte zum üblicherweise getragenen Modestil und zu den Klamottenfarben passen – „nur dann kann sich die Brille ins Gesamtbild einfügen“, sagt die Shopping-Expertin. Wer im Alltag meistens klassische Bürokleidung trage, sollte sich nicht für ein grelles Modell entscheiden, empfiehlt Jürgen Meyer. Er rät, vor dem Kauf beim Optiker in Gedanken den Kleiderschrank durchzugehen und abzuklappern, wozu das Modell passt.
Auch die Haarfarbe müsse mit dem Farbton der Brille harmonieren, erläutert Piskol. Hellen, nordischen Typen stehen vor allem gedämpfte Farben wie Pastell- oder Erdtöne. Dunkelhaarige Menschen sollten sich an kräftigere Farben halten.
Vor allem aber sei die Gesichtsform maßgeblich für die Auswahl des passenden Modells. „Eine Brille sollte nie zu breit oder zu schmal für das Gesicht sein“, sagt Piskol.
Ovalgesichtige sind Glückspilze
Glückspilze sind Menschen mit einer ovalen Gesichtsform: Ihnen stehen laut der Einkaufsexpertin alle Modelle. Kruschinski rät Menschen mit einem eher runden Gesicht zu eckigen Modellen, da diese Spannung ins Gesicht bringen und es schmaler wirken lassen. „Dagegen bringen weichere Brillenfassungen mit runden, geschwungenen oder minimalistischen Formen Harmonie in eckige Gesichter.“
Hat man die richtige Brille für den richtigen Zweck gefunden – ob als Sehhilfe oder als modischer Hingucker -, kann man sich aber erst mal zurücklehnen: „Die Brillenmode ändert sich nicht so schnell wie andere Trends“, verspricht Meyer. So seien die Brillen der aktuellen Saison auch noch im nächsten Jahr tragbar.
