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Indiens Küche ist ein Paradies für Vegetarier

Die Mischung macht's: Die indische Küche lebt von Gewürzen Die Mischung macht's: Die indische Küche lebt von Gewürzen
Harmonie der Geschmacksrichtungen: Die ayurvedische Lehre und eine große Aromenvielfalt prägen die indische Küche.
Quelle: dpa-tmn/DPA
An die 50 Gewürze geben indischen Gerichten den unverwechselbaren Geschmack. Doch das sollte Hobbyköche nicht schrecken.

Indisch kochen ist einfach. Anders als bei anderen asiatischen Küchen findet der Amateurkoch die meisten Zutaten im normalen Supermarkt. Er muss keine kniffligen Gartechniken beherrschen und braucht nicht mehr Geschirr als eine beschichtete Pfanne. Indisch kochen ist aber auch unendlich schwer. Wer ein Spitzencurry brutzeln will, muss die Aromen einer Myriade von Gewürzen kennen und herausfinden, wie sie zusammenpassen – und das in gemahlenem oder geröstetem Zustand oder mit Zwiebel, Knoblauch und Tomate zu einer Paste verquirlt.

„Die Seele der indischen Küche sind ihre Gewürzmischungen“, sagt Tanja Dusy, Autorin mehrerer Indien-Kochbücher. Mit dem gelben Pulver, das sich der Deutsche gern über die Bratwurst streut, haben die ausgetüftelten Kompositionen aber nichts zu tun. Dusy vergleicht sie mit einem Parfüm, in dem gemäß der Lehre des Ayurveda die sechs Geschmacksrichtungen in Harmonie gebracht werden sollen: süß, sauer, salzig, scharf, bitter und herb.

Um ein Näschen für die richtige Balance zu entwickeln, rät Jaspal Singh, Chefkoch des Restaurants Ashoka in Hamburg, zu einem indischen Kochkurs. Seit acht Jahren bietet Sipan Wahi in seiner Maharani Kochschule in Hamm Kurse an. Viele seiner Schüler sind bereits durch Indien gereist, aber 90 Prozent hätten zuvor noch nie indisch gekocht, sagt er. Und nun sollen sie in fünf Stunden ein Vier-Gänge-Menü zubereiten, wobei jedes Gericht mit 40 bis 50 Gewürzen verfeinert wird. „Das ist natürlich schwieriger als in Deutschland, wo man vor allem mit Salz und Pfeffer würzt“, sagt sein Sohn Alexander Wahi.

Die Basis der Gewürzkompositionen ist aber überschaubar. Wichtig sei vor allem der Dreiklang aus Kreuzkümmel, Koriander und Kurkuma, erklärt Tanja Dusy: „Die kommen fast überall rein.“ Knoblauch spielt eine ebenso große Rolle wie frischer Ingwer, und natürlich sollte man auch Chili zu Hause haben. Doch anders als ihr nachgesagt wird, sei die Küche des Subkontinents weniger chilischarf als würzig.

Das gilt besonders für die nordindische Mogulküche, die stark von der persischen Hofküche beeinflusst wurde. Die üppigen Soßen der Currys und Kormas sind mit Pfeffer, Kardamom, Nelken und Zimt gewürzt - Aromen, die in der ayurvedischen Lehre als wärmend gelten. In Südindien wird einfacher gekocht, mit frischem Fisch, Kokosmilch und mehr Chili. Als Beilage dominiert hier Reis, wohingegen im Norden Fleisch und Gemüse meist mit Brot gestippt werden.

In den meisten indischen Restaurants in Deutschland bekommen die Gäste Abwandlungen der nordindischen Küche serviert. Wer die Gerichte zu Hause nachkochen will, dem empfiehlt Dusy, mit einem einfachen Hühnercurry anzufangen. Ein bisschen Geduld braucht der Koch aber auch dafür. Denn wie bei den meisten indischen Fleischgerichten wird das gewürfelte Hühnerfleisch zunächst mehrere Stunden in eine Marinade aus Joghurt und Gewürzen eingelegt. So saugt es den Geschmack der Kräuter auf. In Indien habe das Einlegen noch einen weiteren Grund, sagt Dusy: „Mancher alte Hammel wird dadurch erst weich.“

Wesentlich schneller sind die vegetarischen Gerichte fertig, höchstens eine halbe Stunde dauern sie laut Singh. Indiens Küche ist ein Paradies für Vegetarier: „Es gibt unglaublich viele Zubereitungsarten“, ergänzt Dusy. Schließlich essen die meisten Hindus kein Fleisch. Das tägliche Brot vieler Inder ist Dal, ein Brei aus Linsen, Bohnen oder Erbsen, der natürlich kräftig gewürzt wird. „Dal wird oft als Suppe missverstanden“, sagt Dusy. „Dabei kann es flüssig, aber auch pappig wie Polenta sein.“

Ob nun allein Gemüse oder auch Fleisch oder Fisch in die Pfanne kommen, die Hauptaufgabe bleibt bei vielen Gerichten die gleiche: das eigene Masala, die individuelle Gewürzmischung zubereiten. Der Aufwand lohnt sich. Zwar gebe es mittlerweile gute fertige Mischungen im Asia-Supermarkt zu kaufen, sagt Chefkoch Singh. Doch viele Gewürze wie Koriander entfalten erst ihr volles Aroma, wenn die Samen in der Pfanne trocken geröstet werden und anschließend im Mörser zerstoßen werden, erklärt Dusy. Oder sie werden in Ghee, dem indischen Butterschmalz, angebraten. Wie lange welches Gewürz erhitzt werden darf, bevor es unangenehm bitter wird, muss jeder Hobbykoch mit der Zeit herausfinden. Indisch kochen ist eine Lebensaufgabe.

Literatur: Tanja Dusy/Sebastian Dickhaut: Indien Basics. Alles, was ein Küchenguru braucht – von Ayurveda bis Bollywood , Gräfe und Unzer, ISBN: 978-3-8338-0835-7, 15,00 Euro.

dpa

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