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Achteinhalb Jahre im Kellerverlies

Achteinhalb Jahre im Kellerverlies Achteinhalb Jahre im Kellerverlies
Achteinhalb Jahre im Kellerverlies
Quelle: DAPD/hg/nid
Bernd Eichingers "3096 Tage" bereitet den Entführungsfall Natascha Kampusch fürs Kino auf

Berlin (dapd). Wir kennen den Fall nur allzu gut: Achteinhalb Jahre war Natascha Kampusch zwischen 1998 und 2006 in der Gewalt ihres Entführers. Eingeschlossen in einem Kellerverlies in Österreich. Als der Teenagerin schließlich die Flucht gelang, sorgte ihr unglaubliches Schicksal für Schlagzeilen und Mitgefühl in aller Welt. Bis zu seinem Tod im Januar 2011 arbeitete Filmproduzent Bernd Eichinger in Zusammenarbeit mit Kampusch am Drehbuch zum Spielfilm "3096 Tage", der sich mit dem Fall Kampusch befasst. Zu Ende geführt wurde das auf Tatsachen basierende Drama schließlich von der Autorin Ruth Toma und Regisseurin Sherry Hormann.

Natascha (Antonia Campbell-Hughes) ist zehn Jahre alt, als sie 1998 von dem Fernmeldetechniker Wolfgang Priklopil (Thure Lindhardt) auf dem Schulweg gekidnappt wird. Das Mädchen landet daraufhin in einem engen Kellerverlies ohne Fenster und ohne Kontakt zur Außenwelt. Ihrem Peiniger ist die Österreicherin hilflos ausgeliefert, bis sie achteinhalb Jahre später ein offenes Gartentor erblickt.

Das Schicksal der gebürtigen Wienerin Natascha Kampusch erschütterte 2006 die Weltöffentlichkeit. In ihrem biografischen Roman "3096 Tage" schrieb sie nach ihrer erfolgreichen Flucht ihre Erlebnisse und Emotionen nieder. Der gleichnamige Kinofilm von Regisseurin Sherry Hormann ("Wüstenblume"), der schon im Vorfeld für Gesprächsstoff sorgte, basiert auf dem Werk, schmückt die Vorlage aber streckenweise aus.

Herzensangelegenheit von Bernd Eichinger

Für den inzwischen verstorbenen Filmproduzenten Bernd Eichinger entwickelte sich die Verfilmung des spektakulären Entführungsfalls zur Herzensangelegenheit. Bis zu seinem überraschenden Tod im Januar 2011 führte er intensive Gespräche mit Kampusch. Auch das Drehbuch entsprang bis dahin seiner Feder. Von der Autorin Ruth Toma und Regisseurin Hormann wurde das Projekt schließlich routiniert zu Ende geführt.

Viele neue Erkenntnisse gewinnt der Zuschauer dabei nicht. Dafür wurde der Fall in den vergangenen sieben Jahren viel zu stark durch den medialen Fleischwolf gedreht. Etliche Szenen und Sätze kommen einem deshalb eigenartig vertraut vor. Neu ist allein, dass sich der Entführer seinem Opfer im Film sexuell nähert. Diesen Punkt hatte Kampusch in Interviews lange verschleiert und auch in ihrer Biografie nur vage angedeutet. Sie wolle sich einen letzten Rest Privatsphäre erhalten, hieß es dort.

Keine plumpe Effekthascherei

Der Film nimmt darauf keine Rücksicht. Er präsentiert die abgemagerte Hauptdarstellerin Antonia Campbell-Hughes gehäuft vollkommen entblößt vor der Kamera. Der irischen Schauspielerin wird dabei Einiges abverlangt.

Das Werk gleitet allerdings weder in plumpe Effekthascherei noch in billigen Voyeurismus ab. "3096 Tage" rekonstruiert die Ereignisse chronologisch, sachlich und unaufgeregt. Der Zuschauer erhält einen auf nicht ganz zwei Stunden verkürzten Eindruck von den physischen und psychischen Qualen, die Kampusch achteinhalb Jahre lang erleiden musste.

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Berührend ist das Spiel der beiden Hauptdarstellerinnen. Campbell-Hughes überzeugt in ihrer Rolle ebenso wie die Engländerin Amelia Pidgeon als zehnjährige Kampusch. Die Dänen Thure Lindhardt als Entführer und Trine Dyrholm als Mutter komplettieren die internationale Besetzung.

Sie alle sind Teil eines bewegenden Dramas, das behutsam mit den wahren Ereignissen umgeht. Ob der Entführungsfall Natascha Kampusch in dieser quasi-dokumentarischen Form unbedingt ein Stoff fürs Kino ist, muss letztlich jeder Zuschauer für sich selbst entscheiden.

("3096 Tage", Drama, Deutschland 2012, 109 Minuten, Verleih: Constantin, Regie: Sherry Hormann, Darsteller: Antonia Campbell-Hughes, Thure Lindhardt, Amelia Pidgeon, Trine Dyrholm u.a.)

Kinostart: 28.02.2013

dapd

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