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WM 2010 Sieg gegen Ghana

Özil schießt Deutschland ins WM-Achtelfinale

Die deutsche Nationalelf hat die historische Blamage verhindert: Durch das 1:0 gegen Ghana erreicht sie das Achtelfinale.

Schön war es nicht und bestimmt kein weiterer Beleg für die von Experten weltweit attestierte Zukunftsfähigkeit dieser deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Doch um all das ging es im Hier und Jetzt auch nicht. 1:0 (0:0) gegen Ghana im letzten Spiel der Vorrundengruppe D bei dieser Weltmeisterschaft – ein Ergebnis, das nicht zu Unrecht Minimalismus nahe legt, hat für grenzenlose Erleichterung gesorgt. Bei Joachim Löw, dem Bundestrainer, bei seinen Spielern und dem gesamten Tross des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Und bei jedem Fan, so prominent er auch sein mochte.

Um die Auserwählten vor ihrer schweren Mission noch einmal seiner Zuversicht zu versichern, hatte Jürgen Klinsmann per Kurzmitteilung diese Botschaft verschickt: „Viel Spaß und Glück heute Abend. Haut rein. Jürgen.“ Der fromme Wunsch des früheren Teamchefs erfüllte sich, und so durfte der technische Stab des DFB auch die für heute sicherheitshalber geblockten Plätze im Lufthansa-Flug 573 von Johannesburg nach Frankfurt/Main wieder stornieren. Stattdessen trifft das deutsche Team am Sonntag um 16 Uhr in Bloemfontein im Achtelfinale auf England.

Ein Fernschuss von Mesut Özil bedeutete das deutsche Glück. Ausgerechnet Özil, an dem sich bis zu dieser 60. Minute so deutlich die übergroße Nervosität der jungen Mannschaft hatte ablesen lassen. Dann aber passte Thomas Müller den Ball quer, von der Strafraumgrenze zog der technisch begabte Mittelfeldspieler ab und traf mitten hinein ins ghanaische Netz. Ein genialer Moment von Özil, von dem ansonsten wenig Positives zu sehen war.

Als es noch 40 Minuten bis zum Anpfiff waren, da waren sie zum Warmmachen hineingelaufen in die Soccer City, jenes beeindruckende, 320 Millionen Euro teure Fußballstadion, in dem 83.391 Zuschauer dem Anpfiff entgegenfieberten. Kein deutscher Spieler spürte in diesen Augenblicken die empfindliche Kühle des Abends, stattdessen lachten sie, winkten in die Menge und applaudierten ihren Fans, die die weite Reise nach Südafrika angetreten hatten, und ein wenig machten sie wohl auch sich selbst Mut. Sie durften nicht scheitern, dessen waren sie sich alle bewusst. „Der Druck war enorm, teilweise haben wir auch Glück gehabt, aber unterm Strich haben wir Stand gehalten“, sagte Kapitän Philipp Lahm erleichtert nachdem es gut gegangen war. „Das war ein unglaublich intensives Spiel, wo viele Dinge nicht so geklappt haben. Aber letztendlich sind wir eine Runde weiter“, sagte Bundestrainer Löw erleichtert.

Eine Stunde lang hatte es nach dem Gegenteil ausgesehen, drohte die Mannschaft an ihrer Unerfahrenheit zu scheitern, und es wurde deutlich, wie sehr ein Michael Ballack im Vollbesitz seiner Kräfte diesem Ensemble noch immer helfen kann. Doch der etatmäßige Kapitän steht bei dieser WM bekanntlich nicht zur Verfügung, also mussten es die richten, die an sich den Anspruch stellen, dieser Verantwortung schon gerecht werden zu können. Aber da war kein Philipp Lahm, kein Per Mertesacker und auch kein Lukas Podolski. Sie alle drohten die extremste Situation ihrer Karrieren nicht meistern zu können.

Zwar hatte Deutschland zeitweise 65 Prozent Ballbesitz, aber ein spielerisches Feuerwerk war es nicht, es fehlte schlicht an kreativen Momenten, die zum erhofften frühen Tor hätten führen können. Eher schon war den Männern in ihren schwarzen Trikots die Nervosität anzumerken; ihre Körpersprache verriet, dass da kein Druck auf den Gegner war. Und auch nicht auf den Ball – so wie in jener Minute 25, als der spätere Retter Özil von Cacau fein freigespielt wurde, aber völlig frei vor Richard Kingson versagte und Ghanas doch allenfalls mittelmäßigem Torwart den Ball läppisch gegen den Körper schob. „Da musste ich schon das 1:0 machen“, haderte der Schütze mit sich selbst. „Dass ich diese Chance vergeben habe, war sehr bitter für mich. Aber ich wusste, dass ich noch ein Tor mache.“

Im eigenen Strafraum lief es kaum souveräner. Mertesacker verdribbelte den Ball gefährlich an Andre Ayew, Manuel Neuer musste retten (24.). Aber jener Torwart unterlief zwei Minuten später, also unmittelbar nach Özils Großchance, einen Eckball, Lahm klärte mit dem Unterleib auf der Torlinie.

Überraschend war Jerome Boateng Teil dieser Abwehr; bei seinem WM-Debüt rückte er anstelle von Holger Badstuber in die Startelf und übernahm dort auch prompt dessen Platz auf der linken Abwehrseite. Wo Cacau der erwartete Ersatz für den gesperrten Miroslav Klose war, personifizierte Boateng die Überraschung in der deutschen Aufstellung – erst recht links hinten, wo er dann und wann auf seinen für Ghana spielenden Halbbruder Kevin-Prince traf.

Die Begrüßung der beiden vor Spielbeginn war die erste viel beachtete Szene des Abends. Wo andere Bekannte sich nach den Hymnen über alle Nationalitätsgrenzen hinweg in die Arme fallen, gaben die sich dieser Tage so fremden Geschwister geschäftsmäßig die Hand – ein Bild, das befremdlich anmutete. Jetzt stehen sie beide im Achtelfinale, Ghana trifft dort auf die USA.

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