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Panorama Simone Thomalla

„Das Prinzip Qualität gilt nicht mehr“

Redakteurin Nachrichten & Gesellschaft
TV-Kommissarin Eva Saalfeld ist bald Geschichte, Simone Thomalla will sich neu erfinden. Ein Gespräch über ihre unbekannte Seite, große Gefühle in der Liebe, Machos und warum sie lieber ein Mann wäre.

Es ist kalt geworden in Berlin, Simone Thomalla trägt Mütze, Pelzstiefel und einen Ledermantel. Die Mütze wird sie das ganze Interview über nicht absetzen, dazu trinkt sie Ingwertee, der wärmt ja auch, von innen. Es ist der Tag, an dem bekannt wird, dass Simone Thomalla ihren Job als Leipziger „Tatort“-Ermittlerin verloren hat. 2015 geht der produzierende Sender MDR mit einem neuen Team an den Start, die TV-Kommissare Eva Saalfeld (Simone Thomalla) und Andreas Keppler (Martin Wuttke) sind Geschichte. Dennoch ist die 48-Jährige fröhlich, lässt sich nichts anmerken. Sie habe gut zu tun, versichert sie, in wenigen Tagen etwa gehe es zum Dreh nach Bayerischzell, für eine neue Reihe der ZDF-„Frühling“-Reihe. Thomalla spielt in der Serie über das Leben in einem Dorf namens „Frühling“ die Familienhelferin Katja Baumann, am kommenden Sonntag läuft die neueste Folge, „Frühlingsgeflüster“.

Die Welt: Der MDR will den Leipzig-„Tatort“ nun neu konzeptionieren, leider ohne Sie. Glauben Sie, dass die öffentliche Kritik den Sender dazu bewogen hat?

Simone Thomalla: Laut Aussagen meiner „Chefin“ Jana Brandt war dies nicht der Fall. Die jetzt kommunizierte Neuorientierung war wohl schon vor der negativen Welle zum Neujahrs-„Tatort“ beschlossen worden.

Die Welt: Dieser „Tatort“ wurde im Internet heftig kritisiert.

Thomalla: Das waren mal gerade 300 Leute, die sich da bei Facebook beschwert haben! Ich habe das nicht ernst genommen. Leider wurde es in der Lokalpresse in Leipzig aufgenommen, da hatte offenbar jemand noch eine Rechnung offen. Aber bei Facebook gibt es doch über jeden irgendwas zu meckern, oder? Kritik und Shitstorm sind ja zweierlei. Und gegen eine fundierte Kritik habe ich auch nichts einzuwenden.

Die Welt: Nun, nach der angekündigten Absetzung, schreiben viele TV-Kritiker über ihr angeblich „hölzernes Spiel“ und Schwächen im Drehbuch. Hätten Sie oder der Sender mehr aus dem Format machen können?

Thomalla: Das angeblich „hölzerne Spiel“ wurde schon weit vorher immer mal wieder geäußert. Wir haben als Schauspieler leider keinen Einfluss auf die Entwicklung der Bücher, auch kaum auf die Entwicklung unserer Figuren. Nicht nur beim „Tatort“. Und das ist wahrscheinlich auch gut so, denn wenn jeder ein Vetorecht hätte, würde die Umsetzung von der ersten Idee bis zu einem sendefähigen Film noch länger dauern.

Die Welt: Gibt es ein Leben nach dem „Tatort“ – und wenn ja, wie sieht es aus?

Thomalla: Es gab ein erfolgreiches berufliches Leben vor dem „Tatort“, und das wird es auch nach dem „Tatort“ geben. Wer in unserer heutigen, sehr schnelllebigen Zeit denkt, etwas sei sicher, wird irgendwann hart auf dem Boden der Tatsachen landen. Das Flagschiff der ARD hat sich in den letzten Jahren verändert. Die Kritiker behaupten, der „Tatort“ sei inflationär und beliebig geworden. Fakt ist, dass die heutigen neuen Ermittler gerne jünger, teilweise humoriger sind, mit großer Action und viel Blut punkten, oder aber mit einem physischen oder psychischen Schaden „ausgestattet“ wurden. Natürlich ist dies schauspielerisch eine größere Herausforderung. Keppler und Saalfeld waren klassische Ermittler, der Fokus immer auf dem Fall … bis auf wenige private Momente. Machen Sie sich um mich keine Sorgen! Es geht mir sehr gut, das Jahr 2014 ist arbeitsreich, und in wenigen Tagen geht es wieder nach Bayerischzell für unseren ersten „Winterfrühling“.

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Die Welt: Ein Ex-„Tatort“-Star ist nun im Dschungelcamp gelandet – Winfried Glatzeder. Wäre das für Sie eine Option?

Thomalla: Ich will da nicht urteilen. Ich schätze ihn als Schauspieler, und er wird seine Gründe haben. Und so manchem Kollegen soll der Dschungel ja schon die Existenz gerettet haben. Und für den Grimme-Preis war das Format auch schon nominiert. Absurd, oder? Ich schaue auch mal rein, einfach weil es unterhält. Aber dass das so eine Wertigkeit bekommen hat und von einigen sogar als Kulturgut bezeichnet wird, ist schon erschreckend.

Die Welt: Ist das das Fernsehen der Zukunft? Reality-TV-Formate?

Thomalla: Über die Zukunft meines Berufes mag ich gar nicht nachdenken, da wird mir angst und bange. Die verdammte Quote zählt leider oft mehr als die Qualität. Deshalb ärgere ich mich auch, dass ich am Sonntag mit „Frühlingsgeflüster“ gegen das „Große Wiedersehen“ des Dschungelcamps auf RTL antreten muss.

Die Welt: Sie spielen nun eine Frau, die Familien in intimen Notsituationen hilft. Sie selbst waren alleinerziehend.

Thomalla: Ach, bis zur Schule war das kein Problem, danach wurde es schwieriger. Da haben mir Freunde und Familie sehr geholfen. Es ist gut, dass man als Frau nicht vorher weiß, wie schwer es besonders als alleinerziehende Mutter werden kann – dann hätten wir vielleicht deutlich weniger Kinder auf der Welt.

Die Welt: Beruf und Karriere zu vereinbaren, das empfinden viele Frauen als sehr schwierig. Sind Sie froh, dass Sie keine kleinen Kinder mehr haben?

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Thomalla: Ja, definitiv. Gerade in meiner Branche, der Schauspielerei, ist der Druck sehr hoch. Ganz ehrlich: Wenn ich heute jung wäre, ich würde den Beruf nie wieder ergreifen. Dabei kann ich mich ja nicht mal beklagen, ich habe gut zu tun. Aber es ist hart geworden da draußen. Das Prinzip „Qualität setzt sich durch“ gilt nicht mehr. Der Fernsehmarkt hat sich völlig verändert, viele tolle Kollegen haben nichts zu tun. Es wird weniger produziert, umso mehr Schauspieler kämpfen um die Rollen.

Die Welt: Haben es Männer leichter?

Thomalla: Klar. Wenn ich mich neu erfinden müsste, dann als Mann. Toll wäre das. Da hat man nicht immer dieses Klamottenproblem, kann einfach seinen Job und Karriere machen, und es gibt immer irgendeine Frau, die einem dann die Socken wegräumt oder die Wäsche wäscht.

Die Welt: Sie gelten als Frau, die eine Schwäche für Machos hat. Ist das ein falsches Bild?

Thomalla: Ja! Das ist entstanden durch eine Person, mit der ich liiert war, die nach außen hin immer als Macho dargestellt wurde. Den wahren Kern aber, das, was zwei Menschen wirklich zusammenhält, das wissen andere nicht. Für mich ist ein Mann, der im Haushalt mit anpackt, auch kein Weichei. Richtige Männer sind für alles da. Wenn einer nicht kochen kann, dann kann er halt nicht kochen. Aber das heißt ja nicht, dass ihm dann zu Hause gleich alles egal ist.

Die Welt: Seit der legendären Bierwerbung mit ihrem damaligen Partner Rudi Assauer gelten Sie als Kumpeltyp, als attraktive Frau, die aber auch mal einen Bierkasten trägt. Ist das Image mittlerweile eine Last?

Thomalla: Na ja, wie bei allen Dingen im Leben gibt es eine gute und eine schlechte Seite. Dieses Image hat mir Türen geöffnet, ja. Aber es hat mir vielleicht auch die Chance genommen, Figuren zu spielen, die zerbrechlich sind. Dieses Dünnhäutige, Empfindsame in mir, das konnte ich leider bisher nicht so gut zeigen. Stattdessen immer dieses Bild: Die Thomalla, die ist immer stark, und dann nach allen Seiten „bam bam“ (ballt die Fäuste), so bin ich ja gar nicht. Ich habe nicht immer alles im Griff, ganz im Gegenteil. Ich bin auch verletzlich.

Die Welt: Sie sind wirklich häufig in den Schlagzeilen, stört Sie das?

Thomalla: Da ist viel Trash dabei. Da denken besonders bestimmte Blätter, sie können mir etwas unterjubeln. Aber ich habe gelernt, damit umzugehen, wenn in der Yellow Press wieder irgendein Unsinn steht. Es gab Zeiten, da saß ich mehr bei meinem Anwalt auf dem Sofa als zu Hause. Das habe ich mir abgewöhnt. Ich lasse mir mein Leben nicht mehr von Leuten bestimmen und diktieren, die sich erlogene Geschichten über mich ausdenken.

Die Welt: Ist es als Frau schwer, öffentlich zu altern?

Thomalla: Na klar! Als Frau, als Schauspielerin ab einem gewissen Alter muss man sich immer rechtfertigen dafür, dass man gut aussieht. Siehst du sch… aus, heißt es, Mann, sieht die sch… aus, siehst du gut aus, heißt es, die hat was machen lassen, ist bestimmt operiert bis zum Gehtnichtmehr. Mann, das nervt!

Die Welt: Was tun Sie denn für Ihre Schönheit?

Thomalla: Neuerdings mache ich Yoga. Für die Seele, aber auch für den Körper. Ich habe lange gesagt, Yoga, da kriegt mich keiner hin. So ein bisschen „Omm“ sagen, und alles ist gut? Nö. Bis ich mich dann näher damit beschäftigt habe. Letztlich ist Yoga ja nur eine Form, den Körper perfekt zu beherrschen, und mehr zu lernen, in sich reinzuhören.

Die Welt: Sie haben sich 2010 für den „Playboy“ ausgezogen. Die Ausgabe ist noch immer sehr populär, etwa bei Ebay.

Thomalla: Ja, ich habe jüngst erst die Redakteurin bei der Fashionweek getroffen, die mir sagte, man redet heute noch drüber. War offenbar sehr erfolgreich.

Die Welt: Haben Sie die Fotos noch? Vielleicht sogar aufgehängt an der Wand?

Thomalla: Nein! Aber einen großen Stapel Hefte habe ich noch (zeigt mit den Fingern zehn Zentimeter). Und den behalte ich auch. Aber warten Sie ab, vielleicht mache ich es ja noch mal? (lacht schallend) Nein, ich stehe dazu. Auch das habe ich übrigens gemacht, ohne mir davon groß etwas zu versprechen. Es war mein neues Lebensgefühl, eine Form der Befreiung, auch mal zu sagen: Ja, ich habe eine vier vorne, und ich mache das jetzt trotzdem. Aber natürlich hat mir das auch wieder Neider und Feinde gebracht.

Die Welt: Wollen Sie dennoch so lange vor der Kamera stehen wie möglich?

Thomalla: Ja! Ich will mal ne richtig geile Omi sein. (lacht)

Die Welt: Gilt das auch für’s Privatleben? Wären Sie gerne Oma?

Thomalla: Das ist doch ganz toll, wenn man so Kinder in die Hand gedrückt bekommt, und sie dann, besabbert und schreiend, einfach wieder abgeben kann. Und ich bin mir sicher: Ich war eine gute Mutter, ich werde auch eine Spitzen-Omi!

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