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Wissenschaft Klimawandel

Kohlmeisen sind Verlierer der Erderwärmung

Eine Kohlmeise füttert ihre schon relativ großen Jungen. Der Klimawandel könnte langfristig das Überleben der Kohlmeisen gefährden Eine Kohlmeise füttert ihre schon relativ großen Jungen. Der Klimawandel könnte langfristig das Überleben der Kohlmeisen gefährden
Eine Kohlmeise füttert ihre schon relativ großen Jungen. Der Klimawandel könnte langfristig das Überleben der Kohlmeisen gefährden
Quelle: dapd
Die Vögel können ihre Brutzeiten nicht schnell genug an den Klimawandel anpassen. Schlüpfen ihre Küken, haben sich Raupen schon zu Schmetterlingen verwandelt. Der Meisennachwuchs muss dann hungern.

Der Klimawandel könnte langfristig das Überleben der Kohlmeisen gefährden. Denn der in ganz Europa häufig vorkommende Vogel kann seine Brutzeiten nicht schnell genug an die steigenden Frühlingstemperaturen anpassen. Das zeigt eine Studie britischer und niederländischer Forscher. Wie sie berichten, hängt der Fortpflanzungserfolg der Meisen davon ab, dass ihre Jungen genau in der Zeit aufwachsen, in der ihr Futter – Raupen – am reichlichsten vorkommt. Durch den Klimawandel verschiebe sich diese futterreiche Periode zukünftig schneller, als dass die Meisen ihre Eiablage daran anpassen können.

Halte der gegenwärtige Erwärmungstrend an, dann sei das Risiko für ein langfristiges Aussterben der mitteleuropäischen Meisenpopulation sehr hoch, warnen die Wissenschaftler im Fachmagazin „Philosophical Transactions of the Royal Society B“.

Schlüpfen die Küken, fehlen die Raupen

Der Klimawandel lässt nicht nur die Durchschnittstemperaturen ansteigen, er bewirkt auch, dass es im Frühling immer früher warm wird. Als Folge beginnen die Pflanzen zeitiger auszutreiben und die Raupen pflanzenfressender Insekten entwickeln sich früher. Diese Raupen seien die wichtigste Nahrungsquelle für Kohlmeisen-Eltern, die ihre Jungen im Nest füttern, erklären die Forscher.

Es existiere aber nur ein relativ kurzes Zeitfenster, in dem es für die Kohlenmeisen optimal sei zu brüten. Sind sie zu spät dran, haben sich die meisten Raupen schon zu Schmetterlingen oder anderen fliegenden Insekten weiterentwickelt.

„Schon jetzt beobachten wir eine Kluft zwischen den tatsächlichen Brutzeiten der Kohlmeisen und denen, die eigentlich für sie optimal wären“, schreiben Phillip Gienapp vom niederländischen Institut für Ökologie in Wageningen und seine Kollegen. Dadurch entstehe ein wachsender Selektionsdruck für die Kohlmeisen, ihr Eiablage-Verhalten anzupassen. Ob ihnen das schnell genug gelinge, habe man jetzt erstmals untersucht.

Daten aus 57 Jahren ausgewertet

Für ihre Studie haben die Wissenschaftler zunächst ermittelt, wie sich die Brutzeiten von Kohlmeisen im niederländischen Hoge Veluwe Nationalpark und die Höhepunkte der Raupensaison in den letzten Jahrzehnten verändert haben. Dafür werteten sie Daten einer seit 1955 laufenden Langzeitstudie aus.

„Während sich die Zeit der größten Raupenbiomasse um 0,85 Tage pro Jahr nach vorne verlagert hat, haben sich die Brutzeiten der Meisen nur um 0,25 Tage pro Jahr verschoben“, berichten Gienapp und seine Kollegen.

Aus den Beobachtungsdaten leiteten die Forscher ab, wie schnell die Kohlmeisen maximal ihre Eiablagezeiten verändern können und wie sich die optimalen Brutzeiten bei steigenden Temperaturen verschieben.

Diese Daten speisten sie in ein Modell ein, das drei mögliche Klimaszenarien simuliert: einen Anstieg der Frühlingstemperaturen um zwei, vier oder sechs Grad Celsius bis 2100. Das extremste Szenario entspreche dabei der vom Weltklimarat IPCC als „worst-case“ prognostizierten Entwicklung.

Das langfristige Überleben ist gefährdet

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Das Ergebnis: Schon beim mildesten Szenario entwickelten sich optimale und für die Meisen durch Anpassung erreichbare Brutzeiten deutlich auseinander, wie die Forscher berichten. Die Unterschiede würden aber noch knapp unter der kritischen Schwelle liegen, ab der das langfristige Überleben der Population gefährdet sei.

Anders sei dies bei den beiden anderen Szenarien. Bei ihnen werde die kritische Schwelle deutlich überschritten, bei sechs Grad Erwärmung sogar schon im Jahr 2050. „Ernüchternd ist dabei, dass der seit dem Jahr 2000 gemessene Treibhausgas-Ausstoß bereits den für das extremste Szenario vorhergesagten übertrifft“, schreiben Gienapp und seine Kollegen.

Das zeige, dass selbst eine starke Erwärmung um sechs Grad nicht mehr so unwahrscheinlich sei wie früher angenommen.

dapd/ph

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