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Irrglaube tötet auch heute noch Albinos

Albino-Kinder im Slum von Olinda (Brasilien) Albino-Kinder im Slum von Olinda (Brasilien)
Albino-Kinder im Slum von Olinda (Brasilien)
Quelle: REUTERS/STRINGER/BRAZIL
Weiße Haut, rötliche Augen, weißblonde Haare – dies ist das typische Erscheinungsbild von Albinos. Während sie in Europa wenig auffallen, hat der Gendefekt in Afrika erhebliche Konsequenzen. Mal gelten die Menschen als Unglücks-, mal als Heilsbringer – was in beiden Fällen mit einem Mord enden kann.

Albinos möchten aus Stigmatisierungsgründen lieber als „Menschen mit Albinismus“ bezeichnet werden. Während Albinos im europäischen Raum wenig auffallen und damit ein relativ normales Leben führen können, hat der zugrunde liegende Gendefekt in Afrika erhebliche Konsequenzen. Albinos gelten im Sudan und Mali als Unglücksbringer. Ein bekanntes Beispiel ist der Musiker Salif Keita, der von seiner eigenen Familie verstoßen ist.

In Tansania ist das Gegenteil der Fall: Hier sagt man Albinos glücks- und heilbringende Kräfte nach, was für die Betroffenen allerdings noch schwerwiegendere Folgen hat. 2008 wurde eine Reihe von Mordfällen an Albinos bekannt. Der Grund war der Irrglaube, dass vermeintliche Zaubertränke aus Körperteilen von Albinos ihren Konsumenten zu Reichtum verhelfen sollten. Doch auch in den Industrienationen sind Betroffene nicht gänzlich von Stigmata befreit: Zahlreiche Filme und Bücher unterhalten weiterhin ein negatives Bild von Betroffenen.

Die Ursache vom Albinismus liegt in einem Defekt der Melaninsynthese. Der Farbstoff Melanin wird von sogenannten Melanozyten gebildet, die für die Pigmentierung von Haut, Haaren und Augen zuständig sind. Die Hautfarbe variiert dabei mit der Menge und Qualität des Melanins und nicht etwa mit der Anzahl der Melanozyten. Albinos besitzen ebensoviele Melanozyten wie jeder andere Mensch, allerdings ist bei ihnen die Herstellung des Farbstoffes gestört. Dafür sind verschiedenste Mechanismen bekannt. So kann ein- und dasselbe Erscheinungsbild durch verschiedene Gendefekte hervorgerufen werden.

Die Unterpigmentierung geht mit einer erhöhten Hautkrebsgefahr einher. Rund ein Sechstel der Albinos hat Hautkrebs. Betroffene bekommen leichter Sonnenbrand und sollten deswegen umso mehr auf einen effektiven Sonnenschutz achten. Besonders schwierig gestaltet sich diese Schutzmaßnahme in Afrika, wo nicht nur die Sonneneinstrahlung größer sondern auch Sonnenschutzmittel wesentlich schwerer erhältlich sind. Viele können sich den lebensrettenden Hautschutz gar nicht leisten.

Eine erhebliche Auswirkung hat die Melaninunterproduktion außerdem auf das Auge. Die natürliche Lichtblende des Körpers, die Iris, ist bei Albinos nicht vollständig lichtundurchlässig. Dies führt zu einer zum Teil erheblichen Lichtempfindlichkeit (Photophobie). Auch das räumliche und das Kontrastsehen sind gestört.

Komplexe Wechselwirkungen der Augenentwicklung mit dem Melanin führen außerdem zu einer unterschiedlich stark ausgeprägten Sehbehinderung, die auf bis zu zehn Prozent gegenüber Normalsichtigen reduziert sein kann. Betroffene sollten deswegen rechtzeitig mit Sehhilfen und Sonnenbrillen versorgt werden.

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