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Natur & Umwelt Verhaltensforschung

Was der Kuckuck mit der Mafia gemein hat

Er terrorisiert und erpresst seine "Pflegeeltern" und fälscht sogar die Eierfarben – der Kuckuck gilt als skrupelloser Gangster unter den Brutparasiten.

Kuckucksvögel machen's sich leicht: Sie legen ihre Eier in fremde Nester und überlassen Brüten und Aufzucht den unfreiwilligen Gasteltern. Ornithologen nennen dieses Verhalten Brutparasitismus – und sie haben verschiedene Methoden erforscht, mit denen die Kuckucke die Gasteltern täuschen.

Fast alle Brutparasiten folgen demselben Muster: Um die Ersatzeltern zu täuschen, entfernen sie zunächst ein Ei aus dem Nest und platzieren dann ihr eigenes dort. So bleibt die Gesamtzahl an Eiern gleich. Farbe und Form der Eier können die Brutparasiten denen der Gasteltern anpassen.

So vermeiden sie es, Verdacht zu erregen. Ist das Kuckucksküken geschlüpft, stößt es die übrigen Eier oder Küken aus dem Nest, um sich die alleinige Pflege zu sichern und so seine Überlebenschancen zu vergrößern.

Da die Wirtseltern so aber keinen eigenen Nachwuchs aufziehen, geraten sie evolutionär ins Hintertreffen. Deshalb haben verschiedene Vogelarten Methoden entwickelt, um fremde Eier zu erkennen.

Die Kuckucksvögel wiederum haben sich diesen Strategien angepasst und ihrerseits Gegenmaßnahmen entwickelt – ein regelrechtes Wettrüsten zwischen den parasitierenden und den Wirtsvögeln ist im Gange.

Beim australischen Zaunkönig etwa wird das Weibchen stutzig, wenn es nur ein einziges Ziehkind in seinem Nest vorfindet. Eine lange Brutsaison ermöglicht es ihm, das verdächtige Küken seinem Schicksal zu überlassen und einen zweiten Brutversuch zu starten.

Die Rahmbrustprinie, der die Kuckucksfinken ihre Eier ins Nest legen wollen, legt Eier mit komplexen Farb- und Fleckenmustern, die bei jedem Individuum anders ausfallen. Die Finkeneier kann sie so schnell identifizieren.

Claire Spottiswoode und Martin Stevens von der Universität Cambridge beschreiben ihre aktuellen Studien zum Wettrüsten im Vogelnest in den Proceedings der Royal Society. Die Forscher vergleichen die individuellen Muster und Signaturen auf den Rahmbrustprinien-Eiern mit den Sicherheitsmerkmalen auf Banknoten.

Da das Kuckucksfinkenweibchen nun eben sein ganzes Leben lang dieselben Eier legt und ihr Muster nicht ändern kann, findet es oft kein Nest mit passenden Eiern, in das es seine legen könnte.

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Der Rotgesicht-Cistensänger variiert seine Eier nicht so sehr; dafür schaut er extrem genau hin und merkt sich, wie seine eigenen Eier aussehen. Bei ihm ist sozusagen die Banknote weniger individuell gestaltet, dafür kontrolliert er genau.

Die wohl härtesten Geschütze fährt der nordamerikanische Braunkopf-Kuhstärling auf. Ornithologen bezeichnen sein Verhalten als „mafiös“. Er täuscht und fälscht nicht, sondern – wie manche organisierte Kriminelle – er schüchtert ein und erpresst.

Wollen sich die Wirtseltern nicht um das Kuckuckskind kümmern, zerstört der Kuhstärling einfach ihr Nest. Das haben Jeffrey Hoover und Scott Robinson von der Universität Florida in Gainesville häufig beobachtet. Sind die Wirtseltern gefügig, so bleibt ihr Nest meistens ganz.

Durch dieses Verhalten, das an Schutzgelderpressung und Terrormethoden erinnert, werden die Wirtseltern gezwungen, auch das Kuckuckskind mit aufzuziehen, wollen sie nicht ihren eigenen Nachwuchs in Gefahr bringen.

Und nicht nur die Kuckuckseltern, sondern auch ihre Kinder besitzen terroristisches Potenzial: Lebt ein Kuhstärlingküken im Nest mit anderen Jungvögeln zusammen, so versucht es, sie niederzupiepsen. So will es die Aufmerksamkeit auf sich lenken. Infolge schreien aber auch die anderen Küken lauter – denn nur so bekommen sie selbst genügend Futter.

Ob der Mensch nun hiervon etwas über die Bekämpfung organisierter Kriminalität lernen kann, sei dahingestellt. Vielleicht hilft es aber manchmal schon, einfach nur den Mund aufzumachen.

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