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Lesung mit Anne Kasprik

„Wer will das wissen?“

Drensteinfurt

„30 Jahre deutsche Einheit“: Unter diesem Titel stehen die diesjährigen Politisch-kulturellen-Wochen der VHS. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe las die Schauspielerin Anne Kasprik im Kulturbahnhof aus ihrer Autobiographie.

Dierk Hartleb

Im Zuge der „Politisch-Kulturellen Wochen“ der VHS las Schauspielerin Anne Kasprik im Kulturbahnhof aus ihrer Autobiografie.
Im Zuge der „Politisch-Kulturellen Wochen“ der VHS las Schauspielerin Anne Kasprik im Kulturbahnhof aus ihrer Autobiografie. Foto: -hat-

Terence Hill als Trauzeuge bei der Hochzeitszeremonie irgendwo in der unendlichen Prärie Arizonas – wer kann das schon von sich sagen? Anne Kasprik schätzt sich glücklich, den als Mario Girotti in Venedig geborenen und in Dresden aufgewachsenen Darsteller vieler Western 1994 bei der Trauung dabei gehabt zu haben, als sie den Bund fürs Leben mit Oren Schmuckler schloss. Plaudernd, mal lesend, mal erzählend, berichtete die Schauspielerin am Montagabend bei ihrer Lesung im Kulturbahnhof aus ihrer Kindheit und Jugend in ihrem Elternhaus in Kleinmachnow bei Berlin und von ihren ersten Schritten als Schauspielerin in der DDR.

Zuvor hatte VHS-Leiterin Nadine Köttendorf die kleine Besucherschar begrüßt, die sich im Rahmen der „Politisch-Kulturellen Wochen“ zum Thema „30 Jahre Deutsche Einheit“ für die Biografie Anne Kaspriks interessierte. Das „Z“ in ihrem polnischen Familiennamen hat sie übrigens, wie sie im Laufe der mehr als anderthalbstündigen Lesung erzählte, der besseren Schreib- und Aussprechbarkeit einfach „geschlabbert“, wie sie charmant lächelnd bekannte.

Ein Buch zu schreiben, dieser Gedanke war ihr nie in den Sinn gekommen, bis 2017 der Eulenspiegel-Verlag mit dem Vorschlag auf sie zugekommen sei, doch ihre Lebensgeschichte aufzuschreiben. „Wer will das wissen?“, fragte sie sich und berichtete, dass sie das Ansinnen eigentlich schon abgelehnt hatte. Nach vier Wochen sei ihr ein großer Briefumschlag mit einem Vertrag ins Haus geflattert – samt Vorstellungstermin des Buches auf der Frankfurter Buchmesse. Eine Tante aus München, die in der DDR-Zeit „rübergemacht hatte“ und als Lektorin arbeitete, bot ihre Hilfe an. Und so entschied sich Kasprik dann doch noch, zu schreiben.

Das Ergebnis ist die sehr kurzweilige Geschichte einer Frau, Jahrgang 1963, die wohlbehütet in einem Elternhaus aufwuchs – der Vater Hans-Joachim Kasprzik, bekannter Regisseur und Drehbuchautor, die Mutter Fotografin, die sich um die Tochter kümmerte –, in dem sich die Schauspielerprominenz der DDR die Klinke in die Hand gab.

Insofern lag der Berufswunsch, nach dem Abitur auch Regie zu studieren, nicht allzu weit weg. Dazwischen kam ihr nach dem Abitur ein Angebot, in dem Film „Einzug ins Paradies“ mitzuwirken, nachdem sie ihr schauspielerisches Talent bereits am „Arbeitertheater Teltow“ unter Beweis gestellt hatte. Noch während des Studiums an der renommierten Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ wirkte sie in dem Historienfilm „Sachsens Glanz und Preußens Gloria“ mit, bei dem ihr Vater Regie führte.

Anschaulich und mit hintersinnigem Humor schilderte sie die schwierigen Begleitumstände bei der Beschaffung von in der DDR raren Kulinaria wie Hummer, Fasan oder Südfrüchten. Beide Filme, sowohl ihr Debüt in dem Mehrteiler „Einzug ins Paradies“ in einer „Platte“ im Stadtbezirk Marzahn, als auch die Geschichte des von den Schweden geschlagenen und gedemütigten August des Starken, wurden zunächst verboten und kamen erst mit mehrjähriger Verspätung ins Fernsehen.

Noch eines wurde bei dieser kurzweiligen, deutsch-deutschen Geschichtsstunde deutlich: Anne Kasprik gehört zu den Schauspielern, die ihre Schauspielkarriere nach Zusammenbruch der DDR und der Wiedervereinigung im vereinten Deutschland fortsetzen konnte, weil sie schon in DDR-Zeiten über gute Kontakte in den Westen verfügt hatte und die neue Herausforderung mutig anging.

Ach, nicht zu vergessen: Fast wäre Bud Spencer ihr zweiter Trauzeuge gewesen, aber der verspätete sich. Deshalb sprang der Produzent der Westernkomödie „Die Troubleemaker“ ein.

Heute Abend liest Anna Kasprik im Haus Siekmann in Sendenhorst. Beginn ist um 19 Uhr.