Die Vorwürfe nach dem schweren Giftschlamm-Unfall in Ungarn richten sich zunehmend an die Politik. "Die Geschehnisse sind die Folge der jahrzehntelangen Verantwortung – und natürlich Verantwortungslosigkeit – der politischen Kaste", schrieb die Budapester Zeitung Nepszabadsag in einem Kommentar. Im westungarischen Ort Kolontar waren vier Menschen getötet und 120 weitere verletzt worden, nachdem ein Speicher der Aluminiumhütte MAL AG geborsten und ätzender Bauxitschlamm ausgeflossen war. Noch werden drei Menschen vermisst.

Die Regierung geht davon aus, dass menschliches Versagen die Katastrophe auslöste. Die Produktion in dem Werk der Firma MAL Zrt wurde gestoppt. Helfer schütteten Gips in einen nahe gelegenen Fluss, um das Gift zu neutralisieren und die Donau zu schützen.

Die Umweltorganisation WWF befürchtet verheerende Langzeitschäden durch den Industrieschlamm. "Diese Umweltkatastrophe ist beispiellos in der ungarischen Geschichte und kann die Ökosysteme, Flusslandschaften, Grund und Boden und die Trinkwasservorräte Ungarns massiv gefährden", sagte der ungarische WWF-Direktor Gabor Figeczky in einer Mitteilung. Die starken Regenfälle in Ungarn beschleunigten den Transport des Schlamms in die Flüsse, befürchtet der WWF.

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Kommentatoren kritisierten unter anderem, dass die Abfälle der in den neunziger Jahren privatisierten ungarischen Aluminiumindustrie nahezu bedenkenlos unter freiem Himmel gelagert werden könnten. Die Politik habe es versäumt, strengere Vorschriften zu erlassen und – wie etwa in der Schweiz, Österreich oder Großbritannien – eine Deponiesteuer einzuführen.

Bei der Umweltkatastrophe überschwemmte die rote Schlammlawine Häuser, Gärten und Autos in Kolontar und benachbarten Ortschaften. Das Ausfließen des Industrieschlamms konnte erst am Dienstag unter Kontrolle gebracht werden. Der rote Schlamm ist ein Abfallprodukt bei der Herstellung von Tonerde, aus der wiederum Aluminium gewonnen wird.