Politik

"Umsiedlungsprogramm" Mehr Flüchtlinge in die EU

Die EU soll nach dem Willen von Innenkommissar Jacques Barrot verstärkt Flüchtlinge aus Lagern in Drittstaaten aufnehmen. Dadurch sollten Länder etwa in Afrika oder Asien entlastet werden, die Hunderttausende Vertriebene aus Krisenregionen beherbergen, heißt es in einer in Straßburg vorgestellten Mitteilung Barrots. Der Innenkommissar schlägt ein "EU-weites Umsiedlungsprogramm" vor, mit dem Flüchtlinge aus Drittstaaten innerhalb Europas verteilt werden sollten.

Die Idee dürfte unter den EU-Innenministern für Kontroversen sorgen. Zwar hatte sich kürzlich auch Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble dafür ausgesprochen, irakische Flüchtlinge aus den überlasteten Nachbarstaaten Syrien und Jordanien nach Europa umzusiedeln. Schäuble wollte diese Initiative aber auf eine bestimmte Flüchtlingsgruppe beschränken, nämlich Christen und Angehörige anderer religiöser Minderheiten.

Einschränkung für Mitgliedsländer

Mit einem allgemeinen Umsiedlungs-Programm, wie es Barrot vorschlägt, wäre eine solche selektive Strategie schwerlich zu vereinbaren. Zwar nehmen heute schon einzelne EU-Länder auf Bitten des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR Vertriebene aus Lagern in Drittstaaten auf. Eine europaweite Regelung könnte aber die Freiheit der nationalen Regierungen einschränken, über Anzahl und Herkunft dieser Flüchtlinge zu entscheiden.

Kommissar Barrot sagte, jährlich kämen schätzungsweise 1,5 bis 2 Millionen Einwanderer in die EU-Staaten. Europa brauche diese Menschen, weil die eigene Bevölkerung schrumpfe. Die Wege zur legalen Einwanderung müssten deshalb erweitert werden, sagte Barrot. Der Franzose verwies dabei auf den Vorschlag für eine sogenannte Bluecard, die qualifizierten Arbeitnehmern aus Drittländern die Niederlassung in Europa erleichtern soll.

Zugleich schlug die Kommission eine weitere Angleichung der Asylstandards innerhalb der EU vor. Die bislang dazu beschlossenen Richtlinien reichten nicht aus, ein EU-weit einheitliches Schutzniveau zu garantieren. Die Angleichung soll auch sicherstellen, dass Flüchtlinge nach der Ablehnung eines Asylgesuchs in einem EU-Staat nicht länger im nächsten ihr Glück versuchen.

2007 so viele Flüchtlinge wie noch nie

Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR stellte unterdessen die Flüchtlingsstatistik für das vergangene Jahr vor. Danach treiben politische Konflikte und Naturkatastrophen immer mehr Menschen auf der Welt in die Flucht. Die Zahl der Vertriebenen stieg 2007 auf mehr als 35 Millionen stark an und erhöhte sich damit im zweiten Jahr in Folge. Ende vergangenen Jahres zählte das UN-Flüchtlingshilfswerk 11,4 Millionen Flüchtlinge außerhalb ihrer Heimatländer und 26 Millionen Menschen, die im eigenen Land vertrieben wurden. Im Jahr zuvor waren es 9,9 Millionen und 24,4 Millionen. Auch die Zahl der Asylsuchenden nahm im vergangenen Jahr zu.

Erstmals wieder mehr Asylanträge

In einer anlässlich des Weltflüchtlingstages am 20. Juni herausgegebenen Erhebung des UNHCR heißt es, dass die meisten Flüchtlinge mit jeweils drei Millionen und zwei Millionen aus Afghanistan und dem Irak kommen. Es folgen 552.000 Flüchtlinge aus Kolumbien, 523.000 aus dem Sudan und 457.000 aus Somalia. Die meisten Flüchtlinge nahmen im vergangenen Jahr Pakistan, Syrien, Iran und Deutschland auf.

Erstmals seit vier Jahren stellten 2007 auch wieder mehr Menschen Asylanträge. Nach UNHCR-Angaben erhöhte sich ihre Zahl weltweit um fünf Prozent auf fast 650.000. Grund für den Anstieg seien die Unruhen im Irak. Von den gestellten Anträgen wurden im vergangenen Jahr 209.000 angenommen und 259.500 abgelehnt.

Quelle: ntv.de

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