Politik

Staatsversagen im Fall Amri Opfer-Anwalt fordert 100 Millionen Euro

Beamte mit Tunnelblick? Der Berliner Innensenator Geisel glaubt, die Anti-Terrorspezialisten fühlten sich nicht dafür zuständig, dem Verdacht von Drogendelikten nachzugehen.

Beamte mit Tunnelblick? Der Berliner Innensenator Geisel glaubt, die Anti-Terrorspezialisten fühlten sich nicht dafür zuständig, dem Verdacht von Drogendelikten nachzugehen.

(Foto: picture alliance / Arne Dedert/d)

Der Berliner Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri hätte wohl zum Zeitpunkt seiner Todesfahrt schon in Haft sein können. Die Polizei ließ ihn aber laufen. Für dieses Versagen müsse der Staat haften, argumentiert ein Anwalt.

Nach dem Bekanntwerden von Manipulationen im Fall Anis Amri beim Berliner Landeskriminalamt (LKA) fordert ein Opfervertreter eine Entschädigung in Höhe von 100 Millionen Euro. "Wir haben es hier wohl mit einem glasklaren Fall von Amtshaftung zu tun", zitiert das Magazin "Focus" den Rechtsanwalt Andreas Schulz. Mit der Forderung reagiert Schulz auf die vom Berliner Innensenator Andreas Geisel bekannt gemachten Vertuschungen.

LKA-Beamte hatten laut Geisel nach dem Anschlag vom 19. Dezember mit zwölf Toten Ermittlungsakten manipuliert, womöglich um die verpasste Gelegenheit einer Festnahme des Attentäters Amri mehrere Wochen vor dem Anschlag zu kaschieren.

Schulz beruft sich bei seiner Forderung auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Diensts des Bundestags. Demnach entsteht ein Amtshaftungsanspruch, wenn Staatsdiener einen Schaden verursachen. Der Anwalt erwägt deshalb auch, die beschuldigten Beamten wegen fahrlässiger Tötung anzuzeigen. "Hätte man Amri im November verhaftet, so wäre es wohl nie zu diesem fürchterlichen Anschlag gekommen", sagte Schulz dem "Focus".

Täterbild "stimmt so nicht mehr"

Am Mittwoch hatte Innensenator Geisel bekannt gemacht, dass im LKA Ermittlungsakten manipuliert worden seien, um die versäumte Gelegenheit einer Festnahme Wochen vor dem Anschlag zu vertuschen. Demnach hatte es ausreichend Erkenntnisse gegeben, um einen Haftbefehl gegen Amri wegen gewerbsmäßigen und bandenmäßigen Drogenhandels zu erwirken. Für die betreffenden Beamten könnte der Fall noch straf- und disziplinarrechtliche Folgen haben.

Geisel vermutete, dass sich die mit Amris Überwachung befassten Terrorfahnder zum damaligen Zeitpunkt für Drogendelikte nicht zuständig gefühlt haben könnten. Die Polizei habe inzwischen gemerkt, "dass unser Täterbild nicht mehr so stimmt", sagte Kandt. "Vielleicht müssen wir da noch offener werden und aufpassen, um nicht einen Tunnelblick zu bekommen."

Quelle: ntv.de, mbo/AFP

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