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Langzeitarbeitslose haben im Alter oft kaum noch was im Geldbeutel.

© dpa

Langzeitarbeitslose: Regierung schränkt Zwangsverrentung ein

Bisher werden Hartz-IV-Empfänger auch dann mit 63 in die Rente gezwungen, wenn sie dadurch in die Grundsicherung rutschen. Das soll sich nun ändern.

Ältere Hartz-IV-Bezieher werden künftig nicht mehr zwangsverrentet, wenn sie dadurch auf Grundsicherung angewiesen sind. Das sieht eine Verordnung des Arbeitsministeriums vor, die am Mittwoch das Bundeskabinett passierte.

Künftig muss die Rente wenigstens "bedarfsdeckend" sein

Bisher wurden Langzeitarbeitslose vom Jobcenter im Regelfall verpflichtet, schon mit 63 in Rente zu gehen, auch wenn dies zu lebenslangen finanziellen Einbußen führt. Künftig müsse eine Altersrente nur noch vorzeitig beantragt werden, wenn sie "trotz dieser vorzeitigen Inanspruchnahme und der damit verbundenen Abschläge bedarfsdeckend" sei, teilte das Ministerium mit.

Die entsprechende Verordnung gilt ab Januar 2017, der Bundesrat muss nicht zustimmen.

Der Linkspartei geht die Änderung nicht weit genug

Der Linkspartei geht die Änderung nicht weit genug, sie fordert "eine komplette Abschaffung der Zwangsverrentung ohne Wenn und Aber". Schließlich, so argumentiert ihr rentenpolitischer Sprecher Matthias Birkwald, blieben auch künftig nur Menschen von diesem Zwang unbehelligt, denen der Grundsicherungsbezug droht. "Liegt die Rente fünf Euro über dem Schwellenwert, wird weiter in eine Altersrente mit Abschlägen abgeschoben."

Eine Komplettabschaffung der Zwangsverrentung von Langzeitarbeitslosen mit 63 forderte auch der Sozialverband Volkssolidarität und der Deutsche Gewerkschaftsbund. Die Regierung müsse aufhören, ältere Erwerbslose vorzeitig in die Rente zu zwingen, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach.

Abzüge von 0,3 Prozentpunkten für jeden vorgezogenen Monat

Bei einem vorzeitigen Rentenbezug, werden erworbenen Rentenansprüche dauerhaft abgesenkt. Für jeden vorgezogenen Monat betragen die entsprechenden Abschläge 0,3 Prozentpunkte. Bei einem Renteneintritt mit 63 bedeutet das momentan eine lebenslange Kürzung der Altersrente um 8,7 Prozent.

Die vorzeitige Zwangsverrentung werde "von den Betroffenen, die als Ältere kaum Jobangebote erhalten, als massive Entrechtung und Demütigung wahrgenommen.", sagte Birkwald. "Jede und jeder muss das Recht haben, selbst zu entscheiden, wann er oder sie in Rente geht."

Seit Einführung der Zwangsverrentung vor acht Jahren habe sich die Zahl der aus dem Hartz-IV-Bezug ausscheidenden 63-Jährigen mehr als vervierfacht, rechnete der Linkenpolitiker vor - von 9576 im Jahr 2008 auf 38.671 Personen im Jahr 2015. Obwohl sich die Bundesregierung weigere, dies zu statistisch zu erfassen, sei zu vermuten, dass ein großer Teil davon durch die Jobcenter zwangsverrentet wurde.

Mehr als die Hälfte der 63-Jährigen erhält kein Jobangebot mehr

Von den insgesamt 91.209 Hartz-IV-Beziehenden im Alter von 63 Jahren und darüber hätten knapp 50.000 kein Angebot vom Jobcenter mehr erhalten, so Birkwald. Derartige Offerten kämen "immer mehr einem Lottogewinn gleich". Und der Anteil derer, die aufgrund fehlender Arbeitsplätze für Ältere oder der Inaktivität der Jobcenter aus der Statistik getilgt würden, steige Jahr für Jahr an.

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