BMW M 760 Li im Test: Der kann nicht nur Luxus – sondern auch Sport!

Zum 40. Jubiläum der 7er-Baureihe bringt BMW ein M-Modell, das mit Ausstattung und Luxus die S-Klasse übertrifft

BMW M760 LI

Edler Sportler: Auch wenn man es könnte – auf die Rennstrecke wird sicher kaum jemand mit dem BMW M 760 Li gehen

Foto: BMW
Von: Von STEFAN GRUNDHOFF

Jahrzehntelang schien es so, als sei die übermächtige Mercedes S-Klasse nicht vom Thron der Luxusklasse zu stoßen. Sie hatte eine grandiose Historie, den Stern auf der Haube und nicht zuletzt die Gunst des Erstgeborenen. Doch mit dem neuen M 760 Li xDrive setzt sich BMW zum 40. Geburtstag der 7er-Baureihe erstmals an die Spitze des Supersegments – also erstmals vor die S-Klasse.

Spektakulären Luxus, zahllose Assistenzsysteme, Hightech-Komponenten und eine nicht enden wollende Ausstattungsliste bieten beide – doch das neue Topmodell aus München zeigt den Stuttgartern mit seinem neuen 6,6-Liter-Zwölfzylinder inklusive 800 Nm Drehmoment (ab 1550 U/min) und stimmungsvoll brabbelnden 448 kW / 610 PS, wo der Hammer hängt.

Den entscheidenden Unterschied zur S-Klasse macht dabei die Kombination aus weniger Gewicht, einem spektakulären V12-Triebwerk und einer Allradlenkung, die dem Koloss Flügel zu verleihen scheint.

In 3,7 Sekunden durchbricht der 2,2 Tonnen schwere M 760 Li xDrive aus dem Stand die 100-km/h-Marke

In 3,7 Sekunden durchbricht der 2,2 Tonnen schwere M 760 Li xDrive aus dem Stand die 100-km/h-Marke

Foto: BMW

Wer sich hinten rechts in den luxuriösen Captain’s Chair setzt, ist der Umwelt trotz alltäglichem Verkehrschaos in Shanghai, Los Angeles oder München eh längst entrückt. Doch am meisten Laune macht der sportlichste 7er aller Zeiten vorn links hinter dem griffigen Sportlenkrad. Mit dem linken Fuß auf die Bremse, das Gas voll durchgetreten und dann einfach den linken Fuß kurz lupfen.

In sensationellen 3,7 Sekunden durchbricht der 2,2 Tonnen schwere BMW M 760 Li xDrive aus dem Stand die 100-km/h-Marke. Damit ist der neueste 7er exakt doppelt so schnell wie sein Ahne im Jahr 1987. Der damals 300 PS starke BMW 750 iL hatte als erster deutscher Zwölfzylinder nach dem Zweiten Weltkrieg der erlauchten Konkurrenz aus Stuttgart schmerzhaft vor das Schienbein getreten.

Wer jetzt beim neuen, ersten M-Modell der 7er-Reihe nach dem Imagespurt auf dem Gas bleibt, sieht die Digitalziffern im animierten Cockpit nur so vorbeifliegen. Abgeriegelt wird erst bei 305 km/h – der Wagen könnte locker 320 oder noch mehr.

Luxuriöser Arbeitsplatz: Redakteur Stefan Grundhoff im Cockpit des sportlichen 7ers. Feine Materialien und neueste Technik erwarten den Fahrer

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Foto: BMW

Schnell können auch andere wie die direkte Konkurrenz von Mercedes-AMG S 63 / S 65, Audi A8 W 12 / S8 Plus oder Porsche Panamera Turbo S mit jeweils um die 600 PS. So lässig, so schnell, komfortabel und so spielerisch fährt sich in der Liga der Allerbesten derzeit kein anderer.

Die präzise Lenkung wirkt nicht nur auf die breiten 245er-20-Zöller an der Vorderachse sein, sondern bearbeitet eben auch die Hinterachse mit ihren 275er Walzen. So fährt sich das 5,24 Meter lange Luxusmodell aus Dingolfing selbst im Grenzbereich so wendig, als wäre man ein oder gar zwei Klassen kompakter unterwegs. Erstmals wird die üppige Motorleistung des aufgeladenen 6,6-Liter-V12 sinnvollerweise auf beide Achsen übertragen.

Getrennter Luxus: Zwei bequeme Sessel laden im Fond zum Arbeiten oder Entspannen ein

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Foto: BMW

Frank van Meel, Chef der Garchinger M GmbH, die die heißesten Eisen der Bayern entwickelt, weiß, dass kaum ein Kunde mit seinem 7er auf die Rennstrecke geht. „Wir zeigen aber, dass sie es jederzeit könnten.“

Rückblick: Der 7er als Kraftprotz

Der mindestens 166 900 Euro teure M 760Li ist zwar der stärkste, nicht aber der zylinderreichste 7er BMW aller Zeiten.

► Vom 7er BMW der zweiten Generation E32 gab es 1987 ein ungewöhnliches Einzelstück mit einem 16-Zylinder, der 408 PS und 625 Nm maximales Drehmoment leistete. Interne Bezeichnung: „Goldfisch“. Weil das lange Triebwerk allen nur erdenklichen Platz im Vorderwagen beanspruchte, wanderte die Kühlung in den Kofferraum und die Lüftungseinlässe befanden sich wenig elegant in den hinteren Kotflügeln. „Als wir den Wagen dem Vorstand zur Probefahrt vorgestellt haben, stand ein Kollege vor dem hinteren Lufteinlass um diesen zu verdecken“, sagt Dr. Karlheinz Lange, damals Leiter der Motorenentwicklung. „Auch ein Blick unter die Motorhaube vor der Probefahrt war tabu. Der Vorstand sollte den Wagen erfahren, bevor wir danach die Einzelheiten erläuterten.“

Historie: die vergangenen vier Generationen der Luxuslimousine

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Foto: BMW

Überhaupt gab es in 40 Jahren 7er BMW einige besonders spektakuläre Modelle.

► Noch bevor Mercedes die Submarke Maybach Anfang der 2000er-Jahre wenig erfolgreich mit dem Doppel 57 / 62 auferstehen ließ, gab es bei den Bayern mit dem L7 der Baureihe E38 eine Sonderserie von 899 Fahrzeugen, die den 326 PS starken V12 des BMW 750 iL mit einer 5,37 Meter langen Repräsentationslimousine krönten. Neupreis damals: 246 000 D-Mark.

► Der bayrische Ministerpräsident Franz Josef Strauß, privat bevorzugt Mercedes-Fahrer, konnte es 1977 kaum erwarten, dass BMW einen ernsthaften Konkurrenten zur Mercedes S-Klasse der Modellreihe W 116 auf den Markt brachte.

So stieg er von seinen gepanzerten Mercedes 350 SEL / 450 SEL auf zwei eigens angefertigte BMW 733i um, die dem polarisierenden Ministerpräsidenten fortan Schutz vor der „Roten Armee Fraktion“ und anderen politischen Widersachern geben sollten.

Ehemalige Personenschützer berichten, dass das Fahrverhalten der nachträglich gepanzerten 7er-Versionen nicht nur im Grenzbereich alles andere als einfach war und die Fugen im schnellen Galopp so groß wurden, dass es im Winter zog.

► Bis heute ist der für Karl Lagerfeld individualisierte BMW 750 iL einer der ungewöhnlichsten 7er der letzten vier Jahrzehnte. Der Modeschöpfer war einer der ersten Kunden, der sich von BMW Individual im Frühjahr 1992 ein Fahrzeug nach Maß schneidern ließ. Lagerfeld nutzte dieses Automobil selbst, wobei er meist mit Chauffeur fuhr, jedoch stets vorn saß. So befindet sich im Handschuhfach ein Faxgerät, in der Beifahrertür ist Platz für seinen Terminkalender, eine Kleenex-Box und seine Kamera.

  

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