Sohn (6) nach Einschulung erschossen, Ex-Frau wieder schwanger: Was geht jetzt im Kopf des Dreifach-Killers vor?

BILD im Gespräch mit Deutschlands bekanntestem Profiler Axel Petermann

Villingendorf (Baden-Württemberg) – Er tötete drei Menschen, darunter seinen eigenen Sohn (6) direkt nach der Einschulung. Die Bluttat von Villingendorf schockiert Deutschland – und Drazen Dakic (40) ist noch immer auf der Flucht! BILD fragte Deutschlands bekanntesten Profiler: Was geht im Kopf des Killers vor?

Vermutlicher Auslöser der Tat: „Angst vor Kontrollverlust“

Erst vor wenigen Monaten war Dakic’ Ex-Frau Maria (Name geändert) nach der Scheidung ins beschauliche Villingendorf (rund 3000 Einwohner) gezogen. Anscheinend flüchtete sie vor ihrem Ex-Mann, denn dieser sollte von ihrem neuen Wohnort nichts erfahren – sie fühlte sich offenbar schon vorher von ihm bedroht.

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„Männer können Frauen nicht verlieren. Wenn sie sagt, es ist vorbei, ist sie dem größten Risiko einer Tötung ausgesetzt“, erklärt Profiler Axel Petermann das mögliche Motiv des Täters. „Männer sind so gepolt, dass sie Frauen besitzen wollen. Ein Mann will entscheiden, wann eine Beziehung zu Ende ist, nicht umgekehrt.“

Petermann, ehemaliger Leiter der Mordkommission Bremen, weiter: „Da geht es vor allem um Kontrolle, auch um die sexuelle. Es darf kein anderer Mann diese über die Frau ausüben. Der Verlust der Kontrolle ist ausschlaggebend für die spätere Tat.“

Dario (6) war am Donnerstag eingeschult worden, im Anschluss hatten sechs Personen – darunter seine schwangere Mutter und deren neuer Partner – zusammen gefeiert. Bis Dakic in der Terrassentür stand und das Feuer auf die Familie eröffnete. Dabei starb der Freund der Mutter, dessen Cousine und der kleine Dario. Die Mutter konnte sich zu Nachbarn retten.

„Oftmals werden nach der Trennung die Ex-Partner getötet. Die Tötung der Kinder ist ein selteneres Phänomen. Das kommt allerdings immer mal wieder vor, auch, wenn die Frau die Beziehung beendet hat“, sagt der ehemalige Kommissar.

Kinder werden laut Petermann häufiger getötet, wenn die Trennung noch nicht tatsächlich vollzogen ist, Frauen werden getötet, wenn die Ex-Partner getrennt leben.

Dies war bei Dakic und seiner Ex-Frau der Fall. Seit einiger Zeit hatte Maria einen neuen Partner und war sogar schwanger – etwas, das der Täter nicht zu ertragen schien.

Doch warum erschoss Dakic sein eigenes Kind?

Der Profiler, der bereits mehr als 1000 unnatürliche Tode bearbeitet hat, vermutet: „Ziel der Tat war vor allem die Tötung der Mutter. Falls der Vater nun Suizid begeht oder im Gefängnis landet, wäre das Kind allein. Das heißt, er hat das Kind eventuell aufgrund der aus seiner Sicht schlechten Zukunftsaussichten getötet.“

Dakic schien die Tat nicht spontan, sondern geplant verübt zu haben. „Er hat sich sehr umfassend informiert, wusste genau, wo sich die Frau aufhält. Ob die Einschulungsfeier einen Symbolcharakter hat, ist unklar, aber er wusste, dass dort die ganze Familie versammelt ist“, sagt der Kriminalistik-Dozent.

Die Tatwaffe wurde noch nicht gefunden

Seit der Tat am Donnerstagabend ist der Dreifachkiller auf der Flucht. Mehr als 250 Polizisten sind in Deutschland im Einsatz; Grenzgebiete zu Frankreich, Österreich und der Schweiz werden kontrolliert.

Der Aspekt der Planung scheint laut Petermann (aktuelles Buch: „Der Profiler: Ein Spezialist für ungeklärte Morde berichtet“, Heyne, 9,99 Euro) auch hier entscheidend. „Wenn die Tat geplant war, könnte auch die Flucht geplant worden sein. Eventuell ist er ins Ausland, um in seine Heimat zu gelangen, wo er Kontakte haben dürfte.“

Sein Fluchtfahrzeug wurde gefunden, seine Waffe hingegen nicht. Diese könnte er für eine mögliche Konfrontation mit den Polizisten behalten haben. Aber es gibt auch noch andere Möglichkeiten.

„Er ist nicht nur zum Tatort, um den – in seinen Augen – ,neuen Lover‘ zu töten, sondern vor allem, um die Frau umzubringen. Aber: Sie konnte fliehen …“, sagt Petermann.

Könnte der Killer schon längst tot sein?

Petermann hält die Möglichkeit, dass der Täter bereits tot ist oder sich noch selbst tötet, für durchaus wahrscheinlich: „Der Mann hat alles verloren, sieht keine Zukunft mehr. Wenn er nicht nur in der Ehe versagt hat, sondern auch noch im Beruf oder anderen Lebensbereichen … da ist eine Perspektivlosigkeit. Man muss mit der Möglichkeit rechnen, dass er sich umbringt.“

Dies sei relativ typisch: „Die Suizidgefährdung des Täters ist bei Tötungsdelikten dieser Art am höchsten. Recht viele versuchen, sich umzubringen – manche eher halbherzig, andere realisieren es.“

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