PKK-Anschlag in der Türkei: Autobombe tötet 11 Menschen – 78 Verletzte

Premierminister macht PKK verantwortlich, droht mit „Vergeltung“ für Terrorangriff 

Neue Schreckensnachrichten aus der Türkei: Während Präsident Erdogan seine Bodenoffensive gegen die Kurden in Syrien fortsetzt, wurde im Südosten des Landes ein schwerer Terroranschlag verübt.

Bei einer Explosion vor der Zentrale der Bereitschaftspolizei in der Stadt Cizre sind nach Informationen des Nachrichtensenders N-TV elf Menschen ums Leben gekommen. 78 wurden verletzt. Drei der Opfer waren Zivilisten.

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► Am Freitagmorgen war etwa 50 Meter von dem Polizeipräsidium entfernt, am Stadtrand von Cizre ein mit Sprengstoff beladener Lastwagen explodiert.

Auf TV-Bildern war eine hohe Rauchsäule über der Explosionsstelle zu sehen. Krankenwagen eilten zu der Polizeistation.

Das dreistöckige Polizeigebäude glich nach der Detonation einer Ruine, wie Fernsehbilder zeigten. Ein Materiallager stand in Flammen. 

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Wer steckt dahinter?

Am Freitagnachmittag bekannte sich die PKK zu dem Anschlag.

Premierminister Binali Yıldırım hatte bereits am Morgen betont, es gebe keinen Zweifel daran, dass die PKK hinter dem Anschlag stünde, und kündigte „Vergeltung“ an.

In der mehrheitlich von Kurden bewohnten Stadt Cizre an der türkisch-syrischen Grenze hatten sich Soldaten und Polizisten Anfang des Jahres wochenlange Häuserkämpfe mit PKK-Anhängern geliefert, bei denen ganze Straßenzüge zerstört wurden.

Die Gefechte in Cizre und anderen Städten im Südosten des Landes waren entflammt, nachdem die PKK in einigen Städten einseitig Autonomiegebiete ausgerufen und diese mit Straßengräben und Barrikaden gegen die Sicherheitskräfte verteidigt hatte.

Der Waffenstillstand zwischen der PKK und der türkischen Regierung war im Juli 2015 nach zweieinhalb Jahren zerbrochen. Seitdem wurden hunderte Sicherheitskräfte bei Angriffen der PKK getötet. Die türkische Armee geht mit aller Härte gegen die PKK im Südosten des Landes vor, um die Kämpfer aus den Städten zu vertreiben.

Terror in der Türkei

► Erst am Donnerstag war im Nordosten des Landes der Konvoi eines Spitzenpolitikers der Opposition angegriffen worden. Dabei wurden drei Soldaten verletzt, einer von ihnen tödlich. Der Politiker Kemal Kilicdaroglu, Vorsitzender der Mitte-Links-Partei CHP, blieb bei dem Anschlag in der Nordostprovinz Artvin unversehrt.

► Der neue Anschlag auf die Polizei in Cizre reiht sich ein in eine Terrorwelle, die das Land derzeit erschüttert.

► Vor einer Woche hatte sich ein Selbstmordattentäter mit einem Auto vor dem Polizeipräsidium der Stadt Elazig in die Luft gesprengt und drei Polizisten mit in den Tod gerissen, Dutzende Menschen wurden verletzt.

► Beim schlimmsten Terroranschlag der vergangenen Tage waren in Gaziantep im Südosten der Türkei mehr als 50 Teilnehmer einer kurdischen Hochzeitsfeier getötet worden. Für diese Attacke machte die Türkei die Terrormiliz ISIS verantwortlich. 

Türkei bombardiert Kurden-Kämpfer

Als Reaktion auf die Anschläge hatte die Türkei am Mittwoch eine Bodenoffensive im türkisch-syrischen Grenzgebiet gestartet, um die Terrormiliz ISIS und die Kurdenmiliz YPG in der Region zurückzudrängen.

► Zur Erklärung: Die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (kurz: YPG) sind die Armee der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD) und eng mit der PKK verbunden.

Nach Berichten von Staatsmedien bombardierten die türkischen Streitkräfte im Nachbarland Stellungen der YPG, weil diese sich nicht wie erwartet zurückgezogen hätten.

Die Angriffe würden so lange andauern, bis die Kurden ihren Vormarsch stoppten, zitierte Anadolu einen Sicherheitsvertreter.

Ziel ist, Kurden zurückzudrängen

Die Türkei verlangt, dass sich die kurdischen Kämpfer hinter das östliche Ufer des Euphrat zurückziehen.

US-Vizepräsident Joe Biden hatte der türkischen Regierung bei seinem Besuch am Mittwoch zugesichert, dass die USA bei den Kurden mit Nachdruck auf eben dies hinwirkten. Andernfalls setzten die Kurden die Unterstützung der USA aufs Spiel, hatte Biden gesagt.

Die türkische Armee begründete ihre Angriffe nun damit, dass die PYD die Erwartung nicht erfüllt habe und weiter westlich des Euphrat aktiv sei. Dies könne durch Erkenntnisse des türkischen Geheimdienstes belegt werden.

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► Verteidigungsminister Fikri Isik sagte dem Sender NTV, es gebe keinen Beweis für einen Rückzug. Anadolu zitierte Sicherheitskreise, wonach die YPG-Kräfte seit Mittwoch sieben Dörfer eingenommen hätten.

Ein Sprecher der US-geführten Militärallianz gegen die Dschihadistenmiliz ISIS teilte mit, der „Hauptteil“ der kurdischen Kämpfer bewege sich bereits Richtung Osten; einige seien aber für Aufräumarbeiten zurückgeblieben.

Nach Informationen der Zeitung „Hürriyet“ identifizierte eine türkische Drohne YPG-Kämpfer zehn Kilometer nördlich der syrischen Stadt Manbidsch. Die Türkei habe sie beschossen und „eliminiert“, berichtete das Blatt ohne nähere Angaben. Nach Informationen der Zeitung setzte die türkische Armee am ersten Tag der Offensive 450 Soldaten ein; diese Zahl könne bis auf 15 000 gesteigert werden.

ISIS-Terroristen erfolgreich verdrängt

Die Türkei hatte am Mittwoch eine Großoffensive in Syrien gegen die Terrormiliz ISIS gestartet.

Die türkischen Streitkräfte setzten in der Umgebung des Grenzortes Dscharablus Kampfjets, Panzer und Artillerie ein. Die an der Seite der Türkei kämpfenden syrischen Rebellen nahmen die Stadt am Westufer des Euphrats in nur 14 Stunden ein, was im starken Kontrast zu Kämpfen um andere ISIS-kontrollierte Städte in Syrien und im Irak steht.

Der Einsatz richtet sich nach Angaben der türkischen Regierung nicht nur gegen ISIS, sondern explizit auch gegen die Kurdenmiliz. Ankara will die Ausweitung der kurdischen Einflussgebiete in Syrien und somit die Entstehung eines eigenständigen kurdischen Autonomiegebietes verhindern.

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Kerry und Lawrow treffen sich in Genf

US-Außenminister John Kerry und sein russische Kollege Sergej Lawrow wollen sich am Freitag in Genf zu Gesprächen treffen, bei denen es vor allem um Syrien gehen dürfte.

Die USA und Russland unterstützen im Syrien-Krieg gegnerische Konfliktparteien.

Während Moskau die syrische Führung von Präsident Baschar al-Assad unterstützt, steht Washington an der Seite einiger Oppositionsgruppen. Beide Länder bekämpfen zudem ISIS.

In dem seit mehr als fünf Jahren andauernden Krieg in Syrien starben bereits etwa 280 000 Menschen. Mehrere internationale Anläufe zu einer Beendigung der Gewalt scheiterten bislang.

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